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Lebenswelt Internet – Digital Streetwork als aufsuchende Sozialarbeit im Netz

Philine Janus

/ 10 Minuten zu lesen

Ob auf Social-Media- oder Gaming-Plattformen: Digital Streetwork setzt dort an, wo sich ein Großteil der Lebenswelt Jugendlicher und junger Erwachsener abspielt – im Netz.

Viele Jugendliche unterscheiden nicht zwischen digitalen und analogen Räumen – daher verlagert sich auch die Streetwork zum Teil ins Digitale. (bpb, Mel Wilken) Lizenz: cc by-sa/4.0/deed.de

Chatten, zocken, scrollen – Fotos, Videos, Likes: Für Jugendliche und junge Erwachsene sind digitale Räume, insbesondere Social-Media- und Gaming-Plattformen, elementare Bestandteile ihrer Lebenswelt. Laut der Externer Link: JIM-Studie 2022 verbringen junge Menschen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren in ihrer Freizeit durchschnittlich mehr als dreieinhalb Stunden täglich im Internet.

Digitale Räume sind somit Orte der Sozialisation, der Identitätsbildung und der Information. Alles, was Jugendliche beschäftigt, interessiert oder beunruhigt, wird neben dem analogen, auch im digitalen Raum verhandelt.

An dieser Lebenswirklichkeit setzt das Konzept der Digital Streetwork an und folgt dem Prinzip der aufsuchenden Sozialarbeit. Aufsuchend deshalb, weil ihr Angebot nicht an einem festen Ort stattfindet, sondern junge Menschen dort aufsucht und ihnen soziale Hilfen anbietet, wo sie sich in ihrer Freizeit aufhalten. Die Digital Streetwork ist eine Weiterentwicklung bzw. Ergänzung der bisher bekannten Streetwork (zu Deutsch Straßensozialarbeit). Während "klassische" Streetworkerinnen und Streetworker ihre Klientinnen und Klienten auf der Straße, in Skateparks oder auf Bahnhofsvorplätzen aufsuchen, treten Digital Streetworker online mit jungen Menschen in den Kontakt.

Digital Streetwork richtet sich an Jugendliche, die (nur) im Netz erreichbar sind

Das Konzept der Streetwork oder Straßensozialarbeit wurde in den 1970er Jahren entwickelt, um gegen den zunehmenden Drogenkonsum und später der Ausbreitung von Aids entgegenzuwirken. Erste Ansätze der Digital Streetwork wurden schon in den frühen 2000er Jahren formuliert. Damals ging man davon aus, dass sich die Lebenswelten von Jugendlichen durch die Verbreitung des Internets drastisch verändern würden und es daher notwendig sei, digitale Welten in die Jugendsozialarbeit einzubeziehen.

Christina Dinar ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der katholischen Fachhochschule Berlin und am Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg. Sie hat den Begriff Digital Streetwork durch ein Projekt im Jahr 2015, das sie gemeinsam mit Cornelia Heyken und der Amadeu Antonio Stiftung durchgeführt hat, als Pionierin mitgeprägt. Heute schreibt sie ihre Dissertation über die Funktionsweisen von Digital Streetwork. Die Schnittmenge der digitalen und der "klassischen" Streetwork sieht Christina Dinar in der schwierigen Erreichbarkeit der Zielgruppe. Denn beide Ansätze eint, dass sie genau jene jungen Menschen erreichen wollen, die gewissermaßen "durchs System fallen", weil sie von offenen Angeboten wie Jugendzentren und Co. nicht angesprochen werden.

"Immer wieder die Frage: Wo finde ich einen Therapieplatz?" – psychische Gesundheit als eines der Hauptthemen der Fallarbeit

Joana Baumgarten ist Sozialarbeiterin und arbeitet seit 2021 als Digital Streetworkerin für das Projekt "Digital Streetwork" des Bayerischen Jugendrings, das vom Sozialministerium des Landes gefördert wird.

Die Zielgruppe des Projektes sind Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 27 Jahren. Das Hauptziel besteht darin, Jugendlichen in ihrem Alltag zu helfen, sei es bei Problemen in der Schule oder in der Familie, bei Fragen der Gesundheit oder bei Liebeskummer. Arbeitsort sind alle Plattformen, die in dieser Altersgruppe genutzt werden: von Instagram, TikTok und Twitch, über Discord und Reddit bis hin zu Jodel. Auf all diesen Plattformen sind die Digital Streetworker des Bayerischen Jugendrings präsent, lesen Diskussionen mit, gehen öffentlich auf Kommentare ein und bieten Einzelberatungen in Chats an.

Zum Beispiel auf der Plattform Jodel: Hier werden laut Baumgarten alle erdenklichen Themen besprochen. So komme es immer wieder vor, dass Jugendliche schreiben: "Hey, mir geht es gerade schlecht, ich brauche Hilfe!" oder "Ich habe Probleme mit meiner Ausbildung". Auch die Frage "Wie finde ich am schnellsten einen Therapieplatz?" komme immer wieder auf.

Auf solche Anfragen geht Joana Baumgarten in ihrer täglichen Arbeit ein. Transparenz und Freiwilligkeit sind dabei die Grundprinzipien. Bereits in der Kommentarspalte erklärt Joana Baumgarten, wer sie ist, was ihr Projekt der Digital Streetwork bietet und wie die Jugendlichen sie erreichen können: "Unsere Hilfestellungen sind immer nur Angebote. Ob die angesprochenen Personen darauf reagieren oder nicht, entscheiden sie selbst."

Den größten Bedarf an Austausch und Unterstützung sieht Joana Baumgarten beim Thema psychische Gesundheit. Insbesondere die Themen Depression und Einsamkeit würden derzeit auf allen Plattformen gleichermaßen besprochen. Einen Grund dafür vermutet Baumgarten in den Auswirkungen der Corona-Lockdowns: "Die Jugendlichen waren so viel allein zu Hause. Jetzt muss man erst mal wieder auf die Straße gehen, Leute kennenlernen. Da werde ich oft gefragt: Wie spreche ich überhaupt Leute an? Wo treffe ich neue Leute? Wie finde ich Freunde?" Mit ihrer Arbeit ermögliche sie hier einen Raum für Austausch: In den öffentlichen Kommentarspalten bietet sie zum Beispiel Hilfe bei der Suche nach Therapieplätzen an und erklärt mögliche Vorgehensweisen, bietet aber auch die Möglichkeit des direkten, privaten Chats. Joana Baumgarten hört zu, berät und ermutigt nicht selten auch dazu, analoge Beratungsstellen aufzusuchen. Oft bekomme sie auch die Rückmeldung, dass sich die Jugendlichen im digitalen Gespräch zum ersten Mal trauen, über ihre Probleme zu sprechen. Daher sei es so wichtig, dass in diesen Räumen ausgebildete Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bei Fragen und Problemen aller Art unterstützend zur Seite stehen. Für den Erfolg ihrer Arbeit sei es weniger relevant, dass sie hauptsächlich digital stattfinde, so Baumgarten. Sie sagt: "Jugendliche heutzutage unterscheiden nicht mehr zwischen Beziehungen vor Ort und Beziehungen online. Für sie ist beides gleich wertvoll." Nur in wenigen Momenten wünsche sie sich bei ihren Beratungen den analogen Raum zurück – zum Beispiel in Gesprächen über Trauer. Das sei ein so sensibles Thema, dass ihr der Einsatz von Gestik und Mimik geholfen hätte, ihre Zugewandtheit zu versichern, statt "nur" mit der betroffenen Person zu chatten.

Welche Rolle spielen die Plattformen bei der Digital Streetwork?

Damit die Jugendlichen Vertrauen aufbauen und Angebote der Digital Streetwork sich etablieren können, sind Kooperationen mit den Plattformen hilfreich, so etwa die der Plattform "Jodel" mit dem Digital Streetwork Projekt des Bayerischen Jugendrings. Ein Vorteil dieser Kooperation sei es, dass das Projektteam mit einem Patch auf ihren Profilen als Digital Streetworker gekennzeichnet ist: "Dadurch wissen die Leute, dass wir verifiziert sind", erklärt Baumgarten. Die Zusammenarbeit von Digital-Streetwork-Angeboten mit Plattformen ist ein Thema, das auch Christina Dinar beschäftigt. Drei der wichtigsten Handlungsprinzipien von Digital Streetwork seien Vertraulichkeit, Anonymität und Freiwilligkeit. Allerdings könnten Vertraulichkeit und Anonymität im Digitalen derzeit nicht gewährleistet werden: "Digital Streetwork produziert oft ganz viele auch private Daten in den Chats. Es ist schwierig abzusehen, was große Plattformen mit diesen Daten machen", so Dinar.

Ihre Forderung an die Plattformen lautet daher, die Sicherheit und den Datenschutz für die Arbeit der Digital Streetwork zu gewährleisten, zum Beispiel indem auf Streetwork-Profilen und -Accounts keine Werbung geschaltet wird.

Diese Art des Sonderstatus für verifizierte Digital-Streetwork-Angebote bietet momentan aber keine der großen Plattformen an. Christina Dinar plädiert daher immer wieder für hybride Konzepte und eine Zusammenarbeit von Digital Streetwork mit Präsenzangeboten. Dies biete die Möglichkeit, sensible Informationen und Beratungen zu Themen wie Schulden oder Strafverfolgung nicht im Chat zu verhandeln, sondern auf ein analoges Gespräch auszuweichen.

Der Gerüchteküche auf TikTok entgegenwirken: Das Projekt pre:bunk

Das von der bpb geförderte Projekt pre:bunk der Amadeu Antonio Stiftung unterscheidet sich vom Ansatz des Digital Streetwork Projekts des Bayerischen Jugendrings. Während bei letzterem der Tätigkeitsschwerpunkt auf der Beratungs- und Beziehungsarbeit liegt, arbeitet das Projekt pre:bunk vornehmlich "content based" (zu Deutsch "basierend auf Inhalt"). Konkret werden im Rahmen von pre:bunk Videos produziert und auf die Plattform TikTok hochgeladen.

Der Fokus dieser Videos liegt auf der Auseinandersetzung mit Desinformation. Durch die informativen TikTok-Videos sollen junge Menschen dazu in die Lage versetzt werden, Falschinformationen frühzeitig zu erkennen, um "medienkompetent durch die For-You-Page ihres TikTok-Accounts zu scrollen", heißt es auf der Webseite des Projektes.

Theresa Lehmann leitet das vierköpfige pre:bunk-Team. In ihrer Wahrnehmung würden viele Menschen TikTok noch immer als eine Plattform abtun, auf der nur alberne Tanzvideos geteilt werden. Dabei werde übersehen, dass dort wichtige Debatten und Meinungsbildungsprozesse stattfinden. "Es hilft niemandem, TikTok nicht ernst zu nehmen, denn es gibt dort immer mehr offen demokratiefeindliche und menschenverachtende Inhalte", so Lehmann.

Sie ordnet "Prebunking" als einen präventiven Ansatz ein, der sich von Angeboten des "Debunking" unterscheidet. Während es beim "Debunking" darum geht, Desinformationen im Nachhinein, beispielsweise durch Faktencheks zu entlarven, ist es Ziel des "Prebunking" junge Menschen dabei zu unterstützen, Desinformationen frühzeitig zu erkennen. Dabei konzentriert sich das Projekt pre:bunk auf den audiovisuellen Medienkonsum auf TikTok. "Die Wahrscheinlichkeit, dass junge Menschen auf TikTok auf Desinformation treffen, ist sehr hoch", so Lehmann. "Die Gerüchteküche brodelt auf dieser Plattform." Jugendliche stünden dieser Informationsflut oft allein gegenüber und hätten Schwierigkeiten, die Inhalte richtig einzuordnen.

Vor diesem Hintergrund erklärt pre:bunk beispielsweise, wie Quellen transparent gemacht werden sollten oder gibt Tipps, wie eine Bilder- oder Videorückwärtssuche funktioniert. Auch erläutern Lehmann und ihr Team in ihren Videos Begriffe wie "Whataboutism" oder "Parasoziale Beziehungen" und verraten, was gegen "Doomscrolling" helfen kann. Darin sieht Theresa Lehmann einen Unterschied zu klassischen Erklärvideo-Formaten. Bei pre:bunk gehe es nicht nur darum, das "Informationschaos" auf TikTok zu reflektieren, sondern auch um das "Gefühlschaos", das die Plattform bei vielen auslöse: "Wir stellen die Frage: Wie geht es uns eigentlich mit diesem Medienkonsum? Was macht das mit uns, wenn wir nur kurz bei TikTok reinschauen wollten und plötzlich sind drei Stunden vergangen? Oder: Wie geht es mir, wenn ich verstörende Inhalte sehe?"

Ihre Digital-Streetwork-Arbeit auf TikTok sei herausfordernd, so Lehmann: "Wir müssen immer bedenken, dass TikTok durch den Algorithmus, der die For-You-Pages kuratiert, jedem eine andere Vorstellung davon gibt, was gerade in der Welt passiert." Dementsprechend müssten sie im Team immer wieder abschätzen, worauf sie als nächstes eingehen. Aktuell befindet sich das pre:bunk-Projekt in einer Testphase, bei der es vornehmlich darum geht, eine Community aufzubauen. Ziel ist es, in einer zweiten Phase von der "One-to-many-Ansprache" zu mehr Einzelfallberatung über Live-Sprechstunden und Chats überzugehen.

Inspiration für die Schulsozialarbeit?

Christina Dinar ist überzeugt, dass auch die schulische Praxis von den Ansätzen der Digital Streetwork lernen kann. Zum Beispiel für die große pädagogische Herausforderung, die Klassen- und Schulchats darstellen. "Schulchats sind sozusagen ausgelagerte Schulhöfe, deren Aktivitäten auch nach Schulschluss weitergehen", sagt Dinar. In den Chats würden Mobbing oder problematische Inhalte ungefiltert und unmoderiert kursieren.

Das Angebot eines moderierten Schulchats von Seiten der Schule wäre eine Möglichkeit, digitale Sozialarbeit in den Schulalltag zu integrieren. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter könnten gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern moderieren, Regeln oder Netiquetten aufstellen, an die sich alle halten müssen. So könnten Schülerinnen und Schüler online Fragen stellen und ihre Interessen teilen, ohne mit Hass, Hetze und Abwertung rechnen zu müssen.

Dinar sieht darin eine Möglichkeit, Modellprojekte digitaler Orte mit gutem Kommunikationsklima und klaren Regeln zu schaffen, die "die Möglichkeit bieten, das Thema Chatten und Kommunikation in digitalen Räumen pädagogisch zu bearbeiten."

Digital Streetwork - in Zukunft überregional und hybrid?

Der Bedarf an seriösen Digital-Streetwork-Angeboten wächst stetig. Gleichzeitig besteht die große Herausforderung, dass die Förderungen vieler Online-Projekte lokal gebunden sind. So auch das Projekt des Bayerischen Jugendrings. Joana Baumgarten und ihre Kollegen und Kolleginnen sind daher dazu angehalten, beispielweise über die Umkreissuche mit Jugendlichen in der Region zu arbeiten. Das gelänge auf den unterschiedlichen Plattformen unterschiedlich gut.

Christina Dinar sieht darin einen Widerspruch. Es würde immer noch versucht, soziale Probleme vor allem auf lokaler Ebene zu lösen. Mit dem digitalen Raum eröffne sich jedoch ein Wirkungsfeld, das komplexer sei und an das sich der Wohlfahrtsstaat erst anpassen müsse. Obwohl durch die Corona Pandemie ein gewisser Innovationsdruck entstanden sei, Angebote auch digital und hybrid zu ermöglichen, gebe es außerdem noch viele Widerstände, digitale Sozialarbeit in die Hochschulausbildung der Sozialen Arbeit zu integrieren.

Hintergrund könnte die Befürchtung sein, dass die digitale Sozialarbeit das Feld der "klassischen" Sozialarbeit verdrängen könnte. Alle drei Interviewpartner widersprechen dieser Sorge. Vielmehr sehen sie die Notwendigkeit, bestehende Strukturen der Jugendarbeit mit Angeboten der Digital Streetwork in den digitalen Raum zu verlängern und mit hybriden Projekten Brücken zu bauen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wegweisend war hier beispielsweise der Beitrag von Tilmann Pritzens "Webwork als nützliche Ergänzung zur mobilen Jugendarbeit/Streetwork." Erschienen in "Merz. Zeitschrift für Medienpädagogik", Heft 2011/03: Jugendarbeit und social networks.

  2. Christina Dinars Dissertation trägt den Titel: "Unsere Straße ist das Netz – Aufsuchende Soziale Arbeit in Sozialen Medien. Funktionsweisen von Digital Streetwork und ihre Herausforderungen an die Internet Plattform Governance".

  3. Die App ermöglicht ihren Nutzerinnenn und Nutzern, anonymisiert Beiträge (Jodel) zu veröffentlichen. Ein Beitrag kann entweder ein Text, ein aufgenommenes Foto mit kurzem Kommentar oder ein Video sein. Schreiben Nutzer und Nutzerinnen einen Beitrag erhalten sie den Titel "original Jodler". Auf diesen Beitrag können Andere kommentieren, denen in der Reihenfolge ihrer Kommentare Nummern zugewiesen werden, sodass keine Namen veröffentlicht werden und die Diskussion anonym ist.

  4. Mit dem englischen Begriff Whataboutism wird das rhetorische Stilmittel beschrieben, auf Kritik oder eine schwierige Frage mit einer ähnlichen Kritik oder einer anderen verwandten Frage zu reagieren. Konstruktive bzw. lösungsorientierte Diskussionen werden so ausgebremst, weil vom ursprünglichen Thema abgelenkt oder dieses relativiert wird.

  5. Als Parasoziale Beziehungen wird das Phänomen beschrieben, bei denen Konsumentinnen und Konsumenten Beziehungen mit Prominenten oder fiktiven Charakteren aufbauen. Durch den regelmäßigen, vermeintlich privaten Content beispielsweise auf Sozial Media Plattformen wie Instagram oder TikTok, bekommen Konsumentinnen und Konsumenten dieser Inhalte das Gefühl, die Personen persönliche zu kennen. Das Image der Person, wird mit der Person an sich gleichgesetzt. Dabei ist das Besondere, dass lediglich eine Illusion von Intimität entsteht: Fans haben das Gefühl, die Menschen wirklich zu kennen – ohne ihnen je persönlich begegnet zu sein.

  6. Doomscrolling, oder auch "negatives Scrolling" genannt, bezeichnet das Scrollen auf digitalen Geräten, bei dem man potentiell pausenlos mit schlechten Nachrichten konfrontiert wird. "Doom" steht dabei für Unheil, Verhängnis, Untergang und "scrolling" für Blättern und nach unten Wischen auf dem Smartphone oder am Computer.

  7. Das "One to Many" Prinzip ist eine Methode der Gegenrede, bei der in eine Öffentlichkeit mit vielen Empfängern hineingesprochen wird. Ziel dabei ist es Positionen sichtbar zu machen, die eine Art pädagogisches Gegenangebot darstellen. Demgegenüber steht das "One-to-one" Prinzip, bei dem in Gespräch mit einzelnen "eins zu eins" gearbeitet wird.

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Philine Janus ist seit August 2022 Redakteurin für werkstatt.bpb.de. Sie studierte Literaturwissenschaft und Soziokulturelle Studien in Berlin und Frankfurt Oder. Nach 2013 arbeitete sie für verschiedene Bildungsträger an Schulen in ganz Berlin, in der Dramaturgie des Berliner Maxim Gorki Theaters und als freie Redakteurin unter anderem für das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG).