1. Wie sind Sie zum Systemadministrator geworden, für welche Tätigkeitsfelder sind Sie zuständig und welche Aufgaben übernehmen Sie?
Michael Abend: Ich betreue als schulischer Administrator die Online-Lernplattform unserer Schule. Schon vor den Schulschließungen im März 2020 hatten wir damit begonnen, einige Oberstufenkurse durch eine Schulcloud und Lernplattform digital zu unterstützen. Die Schule hat sich nun für die schulweite Einführung der Schulcloud entschieden, in der alle Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler, Klassen und Oberstufenkurse organisiert sind. Für die Administration der digitalen schulischen Infrastruktur (Server, Clients, WLAN, Software) waren bereits ein Kollege und ein externer Administrator zuständig. Ich übernehme nun die Administration der Lernplattform und der dienstlichen Email-Adressen und bin auch der Datenschutzbeauftragte der Schule.
Ich bin auch Teil eines kleinen Teams aus Kolleginnen und Kollegen sowie der Schulleitung, das in regelmäßigen Abständen über die digitale Weiterentwicklung der Schule berät und schulinterne Fortbildungsmaßnahmen, wie z.B. ein Studientag "Digitale Bildung", vorbereitet und durchführt. Im Rahmen des Digitalpaktes habe ich an der Erstellung des schulischen Medienkonzepts mitgewirkt und die Einrichtung von Tabletklassen mit vorangetrieben. Und seit drei Jahren moderiere ich eine Arbeitsgruppe zum Thema "Digitale Bildung" unter der Beteiligung von Eltern, Lehrenden sowie Schülerinnen und Schülern.
Thomas Seidel: Ich arbeite als Lehrer an einer Grundschule mit 500 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 1 bis 6. Unsere Schule ist fast "kreidefrei". Bei einer Ausstattung mit 30 PC-Arbeitsplätzen in einem Computerraum und 20 SMART-Boards in den Klassen- und Fachräumen kommt da einiges an Administrationsarbeit zusammen. Das betrifft auch die Anschaffung der digitalen Ausstattung, inklusive der Vorbereitungen zur Klärung der Finanzierungsfragen für die Schulleitung und Gremien der Schule.
Administrationstätigkeit findet vor allem an der Schnittstelle zwischen der Technik und den Nutzerinnen und Nutzern statt. Man sitzt zwar auch mal allein am Server und konfiguriert etwas im Netzwerk, aber letztendlich geht es darum, die Technik in Absprache mit Lehrkräften für den Unterricht nutzbar zu machen. So hat es auch bei mir angefangen, als wir in den Neunzigerjahren die ersten Computer bekamen. Ich habe den Arbeitsbereich aus Interesse übernommen und an unserer Schule überhaupt erst entwickelt. Die leitende Frage für mich lautete: Wie muss man das einrichten, damit Lehrende und Lernende die Geräte gut bedienen können? Nur dann werden sie sie auch benutzen.
Zentrale Arbeitsbereiche sind natürlich das Passwortmanagement für Server und Lernplattform, die Zusammenarbeit mit externen IT-Fachkräften und natürlich Überlegungen und Konzepte zum Lernen mit und über Medien, denn die Technik soll ja die Pädagogik unterstützen. Gerade in der letzten Zeit geht es immer mehr darum, die vielen Aufgaben mit Kolleginnen und Kollegen zu teilen (Schul-Website, Computerraum-Management etc.) und gleichzeitig einen "roten Faden" für die Medienbildung im Blick zu behalten und gemeinsam zu gestalten.
Steffen Bahlinger: Ich arbeite schon seit längerer Zeit als Dozent für Datenschutz und Internet. Seit letztem Jahr bin ich als EDV-Systemadministrator des VHS-Verbandes Baden-Württemberg tätig. Zu meinen Aufgaben gehört der technische Support, die Wartung und Weiterentwicklung der Hard- und Software und die Betreuung von Lernplattformen und Konferenzsystemen sowie die Administration von Content Management Systemen und Multimedia- Anwendungen. Auch für Fragen zum Einsatz von Headsets sowie der Webcam-Nutzung bin ich zuständig.
Für die Lernenden bin ich nicht verantwortlich, denn an unseren Volkshochschulen werden Seminare für die Kursleitenden durchgeführt. Hier vermittele ich den Leiterinnen und Leitern wie digitale Tools für den Unterricht genutzt werden können, ohne dass es zu kostspielig wird. Mein Arbeitsgebiet umfasst auch die Beratung von Volkshochschulen, an denen bisher keine digitale Infrastruktur vorhanden ist. Hier übernehme ich neben der Einrichtung des WLANs auch die Bestellung notwendiger Endgeräte. Die technische und methodische Beratung der etwa 170 Volkshochschulen in Baden-Württemberg ist eine echte Herausforderung, die den Job aber auch interessant macht.
2. Was sind die größten technischen und strukturellen Herausforderungen in Ihrem Alltag?
Michael Abend:Während wir bei der Ausstattung der Schule mit Hard- und Software auf möglichst einheitliche Hardware und lizenzfreie Software geachtet haben, kam in der Zeit der Heimbeschulung hauptsächlich die private digitale Infrastruktur der Lehrenden und Lernenden zum Einsatz. Daraus ergaben sich täglich Anfragen und Probleme, die zum Teil nur schwer zu lösen waren. Um den hohen Beratungsaufwand zu reduzieren, habe ich versucht, häufig auftretende Probleme durch Rundmails oder kurze Anleitungen beziehungsweise Hinweise auf der Lernplattform zu lösen. Zur Einführung in die Nutzung des Videokonferenztools "BigBlueButton" habe ich während der Schulschließungen wiederholt kurze Online-Schulungen für das Kollegium angeboten. Zudem haben wir auch ein digitales Schulhandbuch in Form eines Wikis im internen und passwortgeschützten Bereich der Schulhomepage eingeführt. Dort erfahren Lehrende zum Beispiel auch, wie sie ihre privaten Geräte nach dem BYOD-Konzept (Bring-Your-Own-Device) in der Schule nutzen können. Große Unsicherheit herrscht im Kollegium vor allem im Bereich des Datenschutzes bei der Nutzung von Online-Tools, trotz bereits früher durchgeführter Informationsveranstaltungen.
Beim Ausbau der digitalen Infrastruktur in der Schule sehe ich die behördlichen Bearbeitungswege als entscheidendes Hemmnis für eine schnelle und effiziente Nutzung des Digitalpaktes. Zum Teil werden auf der Seite der Schulträger Entscheidungen getroffen, die an den Wünschen und Anforderungen der Schule vorbeigehen. Grund dafür ist zumeist, dass technische Zusammenhänge nicht verstanden werden. Zum Teil verhindern auch Vergaberegelungen bei größeren Ausschreibungen gute und schnelle Lösungen. Die Entwicklung wird auch durch die unzureichende Kommunikation zwischen Schule und Behörde in Fragen der digitalen Weiterentwicklung gehemmt.
Thomas Seidel (© privat)
Thomas Seidel (© privat)
Thomas Seidel: In der alltäglichen Arbeit muss vielfach doppelt und dreifach gearbeitet werden. Es ist leider (noch) nicht so, dass aus dem Schulbüro die Schülerdaten digital so aufbereitet kommen, dass man die Schülerinnen und Schüler damit fließend am Schulserver oder der Lernplattform registrieren kann. Das passt alles nicht zusammen und digitale Listen müssen immer wieder einzeln neu erstellt werden. Auch für die verschiedenen Unterrichtsstrukturen und -angebote (Klassenlisten, Listen für AGs etc.) wären digitale Strukturen hilfreich: Eine Datenbank im Schulbüro, die alle Daten zu den Schülerinnen und Schülern bündelt fehlt seit langem und würde vieles einfacher machen.
Generell erfordert das Ziel, digitale Strukturen an der Schule zu ergänzen und sinnvoll auszubauen, ein mittel- bis langfristiges Denken und Planen. Nicht nur bei der Finanzierung der IT-Struktur ist das äußerst schwierig, sondern auch hinsichtlich der Anpassung bestehender Strukturen in der eigenen Verwaltung. Zudem ist digitale Technik äußerst schnelllebig. In der Schule bedeutet das z. B., dass wir zu den Laptops (z. B. mit Stiftbedienung für Grundschülerinnen und -schüler), die wir in diesem Jahr kaufen, schon in ein bis zwei Jahren keine gleichen Geräte mehr dazu kaufen können, weil die Geräte nicht mehr verfügbar sein werden. Digitale Boards für die Klassenräume werden in der Bedienung immer komplexer und teurer und die Vielzahl unterschiedlicher digitaler Geräte in den Räumen der Schule erschwert die interne Fortbildung der Lehrkräfte.
Steffen Bahlinger: Die Systemsicherheit und den Datenschutz sicherzustellen, ohne den Zugang für die Anwenderinnen und Anwender zu erschweren, ist für mich die größte Herausforderung im Alltag. Gewährleistet werden muss auch, dass die von den Kursleitungen mitgebrachten Endgeräte wie Notebooks, Tablets oder Handys nicht die eigene Infrastruktur durch Schadsoftware in Gefahr bringen.
Außerdem haben nicht alle Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer die gleichen Kompetenzen, was die Nutzung digitaler Geräte betrifft. Und auch die technischen Voraussetzungen zu Hause sind sehr unterschiedlich. Hier führt die Heterogenität der Lernenden an den Volkshochschulen dazu, dass man sich auf unterschiedlichste Umgebungen einstellen muss. Und das gilt nicht nur für die Lehrenden, sondern auch für die Ausstattung der Volkshochschulen selbst. Es gibt eine enorm große Bandbreite: von nicht verfügbarem WLAN bis hin zur Ausstattung mit digitalen Tafeln. Hier muss geschaut werden, dass schlussendlich alle betreut werden können.