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Aus der Praxis: MOOCs in Schulen – eine gute Idee?! | MOOCs und E-Learning 2.0 | bpb.de

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Aus der Praxis: MOOCs in Schulen – eine gute Idee?! MOOCs weiterentwickelt

André J. Spang

/ 5 Minuten zu lesen

In unserem Themenschwerpunkt "MOOCs und E-Learning 2.0" ging es bisher vor allem um MOOCs in der Hochschulbildung. Doch wie sieht es mit MOOCs an Schulen aus? Welche Möglichkeiten und Herausforderungen sehen Lehrende, Schüler und Schülerinnen? Einblicke von Lehrer André J. Spang.

Vom Teilnehmenden zum Teilgebenden - MOOCs können Schülerinnen und Schülern auch selbst durchführen. (James/ Flickr/ bearbeitet ) Lizenz: cc by/2.0/de

MOOC – das klingt geheimnisvoll, vielversprechend und soll – so sagen manche – die Lösung aller Probleme des heutigen Bildungssystems sein: Viele interessierte Menschen lernen freiwillig, aus eigenem Interesse im Massive Open Online Course über mehrere Wochen zusammen, bereichern sich gegenseitig und bringen ihr eigenes Wissen und ihre Kompetenzen ein. Zusätzlich ist das Ganze dann meist auch noch kostenlos. Und gelernt wird im eigenen Tempo, immer online, mobil, lebenslang und überall. Wenn man etwas verpasst hat – kein Problem, denn Videos und Materialien sind alle online und auch nach Jahren noch einsehbar. Eine solche Umgebung scheint das lebenslange Lernen möglich zu machen. Oder etwa nicht?

Ich will das wissen – meine eigene MOOC-Vergangenheit

(IntitiativeD21 (Ludwig)/ bearbeitet ) Lizenz: cc by/2.0/de

Ich selbst fand die Idee der MOOCs zunächst einmal großartig. Als Lehrer weiß ich, dass in der digitalen Gesellschaft die sogenannten Externer Link: 21st Century Skills (Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken) von großer, wenn nicht essentieller Bedeutung sind. Auf den ersten Blick scheint all dies im MOOC möglich zu sein. Die Teilnehmenden werden zu Teilgebenden und können sich mit ihren Stärken einbringen, individuell und im eigenen Tempo lernen. Das klassische "One-to-Many"-Sendungsbewusstsein von E-Learning-Kursen wird aufgebrochen. Über Blogs, Social Media und Kommentarfunktionen kommt man ins Gespräch. Ich musste also dieses MOOC-Feeling kennenlernen! Vor allem wollte ich wissen, ob das MOOC-Konzept auch für schulische Lernszenarien nutzbar ist.

Im Mai 2011 war es so weit und ich meldete mich zum Externer Link: #OPCO11: OpenCourse 2011 – Zukunft des Lernens an. Meine Frage nach der schulischen Nutzungsmöglichkeit konnte der Kurs nicht beantworten, denn damals wie heute wird der Großteil der MOOCs im universitären Bereich und in der Erwachsenenbildung durchgeführt.

In den Jahren 2013 und 2014 hatte ich dann die Gelegenheit, beim internationalen Externer Link: eBookEVO MOOC „Crafting the ePerfect Textbook for Teachers“ der Electronic Village Online als Experte und Moderator mitzuwirken. Diese Externer Link: MOOC-Community überschritt die magische Grenze von 200 Teilnehmenden bei weitem und erreichte fast 1000 Mitglieder in der Google+ Gruppe. Dementsprechend war die Beteiligung sehr rege und es kamen viele Gedanken, Tipps, Diskussionen und letztendlich auch Produkte zustande. In unserem Falle kleine eBooks oder Unterrichtsmaterialien für den schulischen Einsatz. Die Teilnehmenden dieses MOOCs waren fast ausschließlich Lehrende aus allen Teilen der Welt und ihr Fokus lag klar auf der Nutzung der Ergebnisse im Unterricht.

MOOCs in Schulen? – Was Lernende wollen

MOOCs zur Vertiefung des Unterrichts oder für den privaten Interessensbereich

Meine Erfahrungen als Teilgeber bei verschiedenen MOOCs brachten mich dazu, über die Möglichkeit eines MOOCs für Schüler und Schülerinnen nachzudenken. Diese Idee diskutierte ich zunächst mit einigen Kollegen in meinem Wiki. Dann suchte ich das Gespräch mit meinen eigenen Lernenden: vor allem Schüler und Schülerinnen eines Kölner Gymnasiums. Eines der Ergebnisse aus Diskussionen und einer anonymen Onlineumfrage: Die Lernenden wünschten sich eine klare Themenvorgabe für den MOOC. Entweder zur Vertiefung von schulischen Themen, zur Vorbereitung auf Klassenarbeiten und Prüfungen oder auch ein Thema, das im "normalen" Schulunterricht nicht vorkommt wie Prävention, Webliteracy, Games, Coding, Musik, Gesellschaftspolitik und verschiedene Hobbies.

Überraschend war, dass die Schüler und Schülerinnen durchaus bereit waren, an einem MOOC teilzunehmen oder selbst einen MOOC zu veranstalten, dessen Kernzeit in den Ferien lag. Sie begründeten dies vor allem mit den dann größeren und flexibleren Zeitressourcen.

Teilnahme zum Wissensgewinn und zur Weitergabe von Wissen

Die Bereitschaft an einem Kurs teilzunehmen, war für die Schüler und Schülerinnen nicht an den Erhalt eines Zeugnisses oder sogenannte "Badges" geknüpft. Es ging ihnen vor allem um "Wissensgewinn, eigenes Wissen anderen mitzuteilen und etwas Neues kennenzulernen".

Das Internet als neue Lernumgebung

Die Kursdauer sollte, da waren sich die Jugendlichen wieder relativ einig, recht knapp sein und zwischen zwei bis drei Wochen liegen. Sie konnten sich auch gut vorstellen, Kursmaterialien selbst zu erstellen und mit anderen Teilnehmenden zu teilen. Wichtig war ihnen auch, dass Kursmaterialien selbst verändert und angepasst werden können. Die Frage nach der Art der bereitgestellten Medien ergab eine breite Streuung bei den Antworten, wobei die Tendenz zu Bildern und vor allem Videos klar zu erkennen war. Dies wurde von den Lernenden damit begründet, dass sie "viele Dinge schon heute bei YouTube ansehen und Antworten auf Fragen dort finden oder auch damit für die Schule oder Hobbies lernen".

Visuelles Lernen bevorzugt

Die meisten Schüler und Schülerinnen waren sich auch darüber einig, dass sie neue Themen besser behalten, wenn sie diese selbst erarbeitet haben. Ambivalent waren die Antworten jedoch bei der Frage, ob man besser lernt, wenn alles genau vorgegeben ist, oder man eher selbstgesteuert für sein Lernen verantwortlich ist.

Mangelnde Lernkompetenzen und technische Hindernisse

Hier genau liegt auch ein Knackpunkt der MOOCs, denn freies, selbstgesteuertes Lernen und Partizipation ist eine Lernkultur, die im schulischen Bildungskontext nicht forciert wird. Um in einem MOOC aber erfolgreich zu partizipieren und nicht einer der vielen sogenannten "Lurker" zu sein, die eher still mitlesen und konsumieren, müssen selbstgesteuerte Lernkompetenzen, Kommunikationsbereitschaft, Kreativität aber auch kritisches Hinterfragen gefordert und gefördert werden.

Die Frage, ob es denn technische Schwierigkeiten gäbe, bei einem MOOC mitzumachen – sei es in Bezug auf Ausstattung, Internetzugang oder auch technisches Know-how – verneinten die Jugendlichen. Hier könnte man sich ja zusammen tun oder auch gegenseitig helfen. Bei MOOCs, an denen ich selbst als Experte teilgenommen habe, machte ich zwar andere Erfahrungen, aber das kann ja am viel zitierten "Digital Gap" liegen.

Mitstreiter gesucht – MOOCs für und von Schüler(n) und Schülerinnen

Die Aussagen meiner Schüler und Schülerinnen, die bereits aus dem Jahr 2013 stammen, machen mir auch heute immer noch Mut, einen MOOC für Schulen in Angriff zu nehmen. Vielleicht finden sich Mitstreiter und Mitstreiterinnen, um die Idee zu kultivieren und einen Versuch zu starten?

Viel spannender finde ich jedoch die Idee, dass Schüler und Schülerinnen selbst einen MOOC veranstalten, sozusagen als Unterrichtsprojekt mit einem oder besser mehreren Lehrenden als Mentoren – gerne auch vernetzt über das Internet an unterschiedlichen Schulen. Hier ist es auch sekundär, welche Schulformen beteiligt sind, denn die Experten und Expertinnen des jeweiligen Themas bringen ihre eigenen Stärken ein und diese sind nicht an Schulformen gebunden. Ein solches Lernsetting fördert die oben erwähnten 21st Century Skills, komplexes Denken, macht Lernende zu Koproduzenten von Lernprozessen und schafft authentische Lernszenarien und Lebensweltbezug.

Kritiker werden sagen, dass die Technik nicht funktioniert, Lernende so etwas nicht leisten können und ohnehin schon "den ganzen Tag über diesen Dingern (PC, Smartphones) hängen", doch wer sich nicht aus der Komfortzone heraus bewegt, nicht neue Wege erkundet, wird keine Fehler machen und nicht daraus lernen können. Fest steht, dass sich Schule und die Art, wie wir in Zukunft lernen, ändern werden. MOOCs können dazu vielleicht ein wenig beitragen.

Die Umfrage

Die in diesem Text erwähnte Onlineumfrage wurde 2013 von André J. Spang an einem Kölner Gymnasium unter Schülern und Schülerinnen der Klassen 5 bis 12 durchgeführt. Die Resultate basieren auf den Antworten von 157 Lernenden. Weitere Ergebnisse finden Sie Externer Link: hier.

André J. Spang arbeitet seit 2001 als Oberstudienrat an der Kaiserin Augusta Schule in Köln. Er hat Lehraufträge am IMB (Institut für Medien und Bildungstechnologie) der Universität Augsburg und an der FH Köln (#mLearning) inne und ist Gründer des wöchentlichen Twitter-Formats #EDchatDE.