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Mein MOOC-Versuch I | MOOCs und E-Learning 2.0 | bpb.de

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Mein MOOC-Versuch I Ein Praxistest

Lydia Meyer

/ 4 Minuten zu lesen

Mitstudierende auf der ganzen Welt, innovative Aufbereitung der Lehr- und Lernmaterialien und eine große Bereicherung des eigenen Wissens, das alles versprechen Massive Open Online Courses (MOOCs). Doch wie sieht die Realität aus? Unsere Autorin Lydia Meyer hat es getestet.

(danisabella/ Flickr/ bearbeitet ) Lizenz: cc by/2.0/de

So ein MOOC muss der perfekte Lernraum für mich sein, denke ich, als ich zum ersten Mal von den Online-Kursen höre: Ohne anstrengende Kommilitonen Inhalte vermittelt bekommen, die mich wirklich interessieren und für die ich keine Leistungspunkte sammeln muss. Noch dazu in meinem eigenen Tempo und an den Orten, an denen ich am besten lernen kann. Nicht im überfüllten Hörsaal, sondern in der Bibliothek, im Café, auf dem Sofa, im Bett.

Thema spannend, Dozierende gut, Motivation hoch

Ich schreibe mich also ein, in den ersten kostenlosen MOOC, der auf der Online-Plattform Externer Link: iversity.org angeboten wird: The Future Of Storytelling. Konzipiert und realisiert von der Fachhochschule Potsdam. Die Voraussetzungen für mein erfolgreiches Abschließen stehen gut: Das Thema interessiert mich brennend, es passt inhaltlich zu meinem eigentlichen Studium, der MOOC ist ansprechend gestaltet und interdisziplinär, die Themen scheinen gut aufbereitet und mich erwarten spannende Dozierende. Vom MOOC erhoffe ich mir eigenständigen und unabhängigen Kompetenzerwerb mit Anreizen, Inspirationen und kleinen Hilfestellungen von außen – sozusagen autodidaktisch und dennoch begleitet. Zertifikate sind mir egal, ich möchte lernen – und zwar wann und wie ich will.

"Do you want to analyze, understand, contextualize, create stories on an academic level?", fragt meine Dozentin Christina Maria Schollerer im Einführungsvideo. Klar, denke ich. Das ist genau das, was mir in meinem Real-Life-Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation fehlt: Mit Geschichten arbeiten. Und vor allem: Selbst welche gestalten! Denn kreativ arbeiten fällt mir zu Hause leichter als in Bildungsinstitutionen. Das, was ich für die Uni tue, mache ich eher für die Uni als für mich selbst und meist auch nur dann, wenn es mich wirklich interessiert.

Alles Zwang? Nichts muss.

Als es losgeht bin ich motiviert und bringe die ersten beiden Lerneinheiten mit Freude neben Studium und Nebenjob hinter mich. Doch bereits nach zwei Einheiten vergesse ich mein neues Hobby. Die Mails, die mich an meine Teilnahme erinnern sollen, nehme ich nicht als hilfreiche Erinnerung, sondern als nervigen Spam wahr. Meist gehen sie sowieso in der alltäglichen E-Mail-Welle aus Uni-Mails, Newslettern und Werbung unter und wenn ich sie doch mal entdecke, ermutigen sie mich nicht, weiterzumachen, sondern setzen mich unter Druck, nehmen mir die Lust am Lernen. Ich beginne, meine Teilnahme am MOOC als Muss zu begreifen, schiebe die Lerneinheiten vor mir her und fühle mich ähnlich schlecht wie bei analogen Vorlesungen, die ich ausfallen lasse, weil Wichtigeres ansteht. Irgendwann habe ich dann das Gefühl, nicht mehr aufschließen zu können und ein befreiendes Gefühl des Scheiterns macht sich breit. Nach nur zwei Lerneinheiten und viel Gehader mit mir selbst und der Gestaltung meiner Freizeit breche ich den MOOC ab. Und das liegt nicht am MOOC, sondern an mir selbst und meiner Art zu lernen: Anders als erwartet fühle ich mich auch Zuhause am Rechner – wie sehr oft in der analogen Uni – wie eine reine Konsumentin. Mir wird bewusst, dass ich selbst produzieren und mit anderen diskutieren muss, um Inhalte aufzunehmen und mir neue Fähigkeiten anzueignen.

Mit Design 101 belege ich dennoch einen weiteren Online-Kurs, den ich fast genauso schnell aus dem Fokus verliere wie den ersten. Und das obwohl, die Verknüpfung von Online- und Offline-Realitäten hier sehr wichtig zu sein scheint – für mich äußert sich das aber erneut vor allem in einer E-Mail-Flut, die ich als Werbung wahrnehme. Zumindest erfahre ich so, dass meine virtuellen Mitstudierenden sich auch offline vernetzt haben. Mir ist das egal.

Die Idee ist gut, doch ich bin noch nicht bereit dafür.

Das Konzept des MOOC gefällt mir theoretisch sehr, nur mangelt es mir dann doch an der Disziplin, dem Ehrgeiz und der Freizeit, mich neben einem regulären Studium auch noch virtuell weiterzubilden – trotz innovativer didaktischer Aufbereitung, die u.a. (manchmal auch interaktive) Videos, Audios und Texte einschliesst. Auch die Unabhängigkeit von Ort und Zeit des Lernens, die in der Theorie so viel versprechend erscheint, erweist sich in der Praxis als große Herausforderung. Das Fehlen eines tatsächlichen gemeinsamen Raumes, gepaart mit einer gewissen Unpersönlichkeit und Unverbindlichkeit erschwert ein kontinuierliches Lernen. Mit einem MOOC ist es wie mit einer Vorlesung. So gut die Veranstaltung auch gemacht ist, Hingehen bzw. Hinhören muss man selbst. Und vor allem fehlt es mir an Menschen, die mir einen Grund geben, mehr als bloß Konsumentin zu sein. Vielleicht sollte ich einen MOOC-Circle gründen – einen Lesekreis für MOOCs, in dem Freunde und Freundinnen die Lerneinheiten gemeinsam absolvieren – ohne institutionellen Rahmen und trotzdem nicht allein.

Lydias MOOCs

The Future of Storytelling: Lydias erster Kurs, in dem es um die Erforschung der Zukunft des fiktionalen Storytellings ging, lief vom 25. Oktober bis 20. Dezember 2013 auf der Online-Plattform iversity, 93.000 Studierende schrieben sich ein. Der MOOC, der von einem Externer Link: Team der Fachhochschule Potsdam entwickelt wurde, war einer von zehn Gewinnern des Externer Link: MOOC Production Fellowship des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und iversity. Neben dem Preisgeld von 25.000 Euro wurden die Macher öffentlich ausgezeichnet und erhielten Unterstützung bei der technischen Vorbereitung und Umsetzung des MOOCS, der hauptsächlich aus einer Mischung von Video-Vorlesungen und akademischen Gesprächen bestand. Mehr zu "The Future of Storytelling" Externer Link: hier .

Design 101: Wie schon Lydias erster Kurs, wurde auch der zweite, der vom 28. Oktober 2013 bis zum 5. Oktober 2014 lief, auf der iversity-Plattform angeboten. Und wie ihr erster Kurs war auch der zweite einer der zehn Gewinner des Externer Link: MOOC Production Fellowship des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und iversity, d.h. erhielt die gleiche finanzielle Unterstützung. Anders als beim Storytelling-Kurs wurde "Design 101" jedoch nicht von einer deutschen Hochschule, sondern einer italienischen Kulturinstitution, der Externer Link: Abadir Fine Arts Accadamy entwickelt. Das Team um Prof. Stefano Mirti versteht Design als Sprache. Eine Sprache, die von Designern weltweit geteilt, gesprochen und diskutiert wird. Vor diesem Hintergrund entstanden u.a. animierte Lectures und Quizzes. Mehr zu "Design 101" finden Sie Externer Link: hier

Fussnoten

Lydia Meyer ist Autorin, Redakteurin und studiert(e) Kulturwissenschaften sowie Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. Bei der Kooperative Berlin arbeitet sie für Projekte wie Netzreporter, Zeitmaschine, den Digitalen Salon, Torial oder die Netzdebatte der BPB.