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gather.town – eine virtuelle Arbeitsumgebung für Bildungsveranstaltungen

Phuong Nguyen

/ 7 Minuten zu lesen

Gather.town ist ein Tool für virtuelle Begegnungen, beispielswiese für Veranstaltungen oder Besprechungen. Bei gather.town bewegt man sich auf einer zweidimensionale Fläche, man sieht sich immer von einer Vogelperspektive. Das Besondere an dem Tool ist das Design.

Screenshot von der Veranstaltung #L21camp in Gather.town (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Wie sieht gather.town aus?

Gather.town ist ein Tool für virtuelle Begegnungen, beispielswiese für Veranstaltungen oder Besprechungen. Bei gather.town bewegt man sich auf einer zweidimensionale Fläche, man sieht sich immer von einer Vogelperspektive. Das Besondere an dem Tool ist das Design. Im Gegensatz zu anderen, meist schlichten virtuellen Plattformen bewegt man sich bei gather.town in einem Retrodesign, dass an Videospiele der Achtziger Jahre erinnert. Jede Person wird durch einen Avatar (pixelig anmutende Figur) verkörpert. Dieser Avatar lässt sich mit der Maus oder Pfeiltasten bewegen – wie in einem Videospiel.

Die Umgebung, durch die sich die Avatare bewegen wird "Space" genannt. Es gibt zahlreiche Vorlage für die Räume sowie die Möglichkeit, einen "Space" anzupassen oder selber zu entwerfen (dazu unten mehr). Die Benutzeroberfläche ist zur Zeit nur auf Englisch verfügbar.

Laut Externer Link: eigener Aussage kann gather.town derzeit keine Daten in der EU oder in Deutschland speichern und somit nicht die volle Konformität für GDPR erfüllen. Die Plattform ist jedoch bereit, eine Datenverarbeitungsvereinbarung zu unterzeichnen, in der die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Daten detailliert beschrieben sind und die es ermöglicht Daten im Rahmen von Standardvertragsklauseln konform in die USA zu übertragen.

Vorsichtige Teilnehmende können das Tool anonym nutzen, wenn sie einen Pseudonym nutzen und ihre Kamera ausschalten.

Gather kann auf jedem Computer (Laptop oder Desktop), unter jedem Betriebssystem (Windows, Mac OS, Linux) und mit einem der unterstützten Webbrowser (Google Chrome, Firefox und Safari) verwendet werden. Die Safari-Version befindet sich derzeit in der Beta-Phase (Stand: Juni 2021). Man kann auch auf einem mobilen Gerät mit einem der genannten Browser auf Gather zugreifen, allerdings befindet sich die mobile Anwendung ebenfalls in der Beta-Phase und hat eine extrem eingeschränkte Funktionalität. Das Nutzungserlebnis hängt von der Gesamtzahl der verbundenen Videostreams ab, je mehr Videos verbunden sind, desto langsamer wird die Plattform. Die Anzahl der verbundenen Videostreams hängt von der Anzahl der Teilnehmenden ab, mit denen man aktiv per Video spricht.

Gather.town eignet sich für Nutzer*innen mit durchschnittlicher bis hoher technischer Affinität. Hat man Einsteiger*innen als Zielgruppe, empfiehlt sich eine gemeinsame Erkundungs- und Erklärtour im Vorfeld der Veranstaltung oder des Workshops.

So funktioniert das Tool

Um einen "Space" beizutreten, braucht man einen Einladungslink und (falls vorab festgelegt) ein Passwort. Beim Betreten fragt der Browser nach dem Kamera- und Mikrofonzugriff. Hier hat man auch die Möglichkeit seinen Avatar zu individualisieren.

Willkommen bei gather.town (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Am Start gibt es ein Tutorial indem erklärt wird wie man sich bewegen, stummschalten und mit anderen Objekten interagieren kann. Zum Bewegen kann man einen Doppelklick auf sein Ziel machen oder mit den Pfeiltasten (oder W, A, S, D auf der Tastatur) navigieren.

Tutorial für Neueinsteiger*innen (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Nach dem Tutorial gelangt man in die Umgebung. Es gibt einen Eingangspunkt (sog. "spawn tiles") für alle ankommenden Teilnehmenden. Wo sich dieser Ort im Raum befindet, können die Raumersteller*innen festlegen.

Der Avatar befindet sich beim Eingangspunkt (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Wenn die Teilnehmenden einander näherkommen, öffnet sich ein Panel am oberen Bildschirmrand mit den Videobildern der Personen. Sie können sich nun unterhalten. Laufen sie wieder weiter voneinander weg, werden das Videobild und der Ton abgeschwächt bis sie komplett verschwinden.

Am linken Bildschirmrand findet man eine Funktionsleiste. Hier kann man die Einstellungen öffnen, die Objekte des Raums anpassen (wenn es von Administrator*innen erlaubt wird), kommende Veranstaltungen sehen, das Chatfenster sowie die Teilnehmendenliste öffnen.

Gather Teilnehmer*in (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Teilnehmende haben miteinander verschiedene Interaktionsmöglichkeiten. Dazu klickt man auf den Namen der gewünschten Person. Man kann einer anderen Person ...

  • eine Freundschaftsanfrage schicken.

  • eine private Nachricht schreiben.

  • folgen ("follow"). Dann läuft der eigene Avatar der ausgewählten Person hinterher.

  • oder sich den Standort der Person auf der Karte anzeigen lassen ("locate on map")

Am unteren Bildschirmrand befindet sich ein Panel mit weiteren Funktionen. Beim Klick auf den Avatar kann dieser angepasst werden. Beim Klick auf den eigenen Namen kommt ein Menü mit den Audio- und Videoeinstellungen. Hier kann auch der stille Modus aktiviert werden, bei dem man nur die Menschen in der unmittelbaren Nähe hört. Außerdem gibt es in diesem Menü die Möglichkeit, zurück zum Eingangspunkt zu kehren oder sich auszuloggen. Beim Klick auf das Symbol mit der Landkarte öffnet sich der Grundriss von dem "Space". Beim Klick auf den Monitor wird eine Bildschirmfreigabe gestartet.

Gather Funktionsleiste unten (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Und beim Klick auf den Smiley, können Emojis ausgewählt werden die über den Avatar als Sprechblase auftauchen.

Gather Nutzer*in Video (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Unten rechts im Bildschirm wird das eigene Bild angezeigt. Beim Klick auf dieses Fenster öffnet sich der Videochat im Vollbildschirmmodus.

Die Fläche in gather.town werden oft als Räume dargestellt. Wie in der physischen Welt gibt es in Räumen nicht nur Menschen, sondern auch Möbel, Dekorationen und andere Objekte. Ein Objekt kann rein dekorativ sein oder mit einer Interaktion verbunden werden. Wenn ein Objekt interaktiv ist, leuchtet es auf,

Gather interaktives Objekt (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

wenn man ihm nahekommt. Um die Interaktion auszulösen, muss man auf die Taste "x" drücken. Als Raumersteller*in kann man hier grundsätzlich alles Mögliche einbinden, unter anderem eine Webseite, ein kollaboratives Dokument, ein Video, ein digitales Whiteboard, ein Online-Spiel oder auch einen Einladungslink zum Meeting auf einer anderen Plattform.

Wie bei wonder.me oder SpatialChat gibt es bei gather.town auch ein räumliches Klangerlebnis, das heißt eine Person wird lauter, je näher man bei ihr steht und umgekehrt.

Gather private space (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Es kann auch Bereiche im Raum geben, in denen sich die Teilnehmenden unabhängig von der Entfernung sehen und hören können. Diese Bereiche sind "Private Spaces" sowie "Private Areas". Nur die Teilnehmenden im selben privaten Bereich können einander sehen oder hören. Diese Bereiche eignen sich als Einzelgespräche, Workshops oder Messestand. Wenn man sich in einem privaten Bereich befindet, wird der Rest des Raums verdunkelt.

In einem "Space" kann es Kacheln für Durchsage geben (sog. "spotlight square"). Wenn man auf einer solchen Kachel steht, wird man für andere Menschen im Raum seh- und hörbar. Die Spotlight-Funktion ist auf die ersten 100 Teilnehmenden in einem Raum beschränkt. Für Präsentationen mit mehr als 100 Zuschauer*innen empfiehlt gather.town, einen Live-Stream zu erstellen und den Live-Stream in ein Videoobjekt einzubetten.

Ein Preismodell für jedes Budget

Gather.town bietet ein flexibles Preismodell an. Die Preise werden abhängig von der Kapazität des Spaces, der Dauer der Nutzung und der Anzahl der Objekte berechnet. Die Kapazität eines Raums ist die Grenze für die Anzahl der gleichzeitigen Teilnehmer, die zu einem bestimmten Zeitpunkt online sind.

Der kostenlose Plan ist auf 25 Teilnehmende begrenzt. Wenn man mehr als 25 Teilnehmer erwartet oder spontan mehr Teilnehmende hinzuzufügen möchte, muss man einen kostenpflichtiges Plan wählen. Wenn die Veranstaltung bereits begonnen hat und man einen "Free Space" auf einen "Premium Space" upgradet, werden die Gäste möglicherweise auf verschiedene Server geschickt und können nicht miteinander interagieren. Nach der Veranstaltung oder dem Ende eines Abonnements wird der Space zurück auf dem "Free Server" verschoben.

Ein ausführlicher Vergleich zwischen den Preisstufen kann man Externer Link: auf der Website von gather.town finden.

Einsatzmöglichkeiten

Da gather.town gewöhnungsbedürftig ist und die Benutzeroberfläche nur auf Englisch ist, sollen sich Organisatoren*innen gut überlegen, ob es für ihre Nutzung passend wäre. Für ein Publikum mit vorwiegend Neueinsteiger*innen könnte es vor der Veranstaltung eine gemeinsame Erkundungstour geben.

Gather.town bietet 71 Vorlagen für Besprechungsräume, Bibliotheke, Parks, Aula, Klassenräume, Schulen sowie Konferenzräume aller Größe an. Mit dem "Mapmaker" kann man einen eigenen Grundriss entwerfen und sogar einem realen Ort nachbauen, z. B. die eigene Schule oder das eigene Büro. Allerdings ist die Erstellung eines Raums ohne Vorlage etwas anspruchsvoll.

Gather.town eignet sich gut für Workshops und Seminare oder als Treffpunkt für Besprechungen. Es lassen sich damit auch komplette Veranstaltungen durchführen. Entweder als geschlossene Umgebung oder mit Erweiterungen wie zum Beispiel mit einem Übergang zu einem anderen Videokonferenz-Tool. Dank der Einbettungs-Möglichkeit erlaubt es den Teilnehmenden, viele Aktivitäten oder Aufgaben gemeinsam durchzuführen. Es kann Bereiche geben, wo sich die Teilnehmenden zum Austausch treffen, zur Gruppenarbeit, zum Onlinespielen oder um an kollaborativen Dokumenten wie Etherpads oder Google Docs zu arbeiten ohne dass sie gather.town verlassen müssen.

Für Orientierung und Struktur, kann der Boden mit Hinweisen beschriftet werden und auch der Einsatz von Infoposten sind hilfreich.

Gather Bodenbeschriftung (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Hier werden die Eingänge zu den Klassenräumen beschriftet. Sobald der Avatar durch eine Tür geht, wird er zu einem anderen virtuellen Raum geschickt.

Gather Beispiel Whiteboard (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Beispiel von einem eingebetteten digitalen Whiteboard

Gather Beispiel Klassenraum (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Beispiel von einem Klassenraum. Die Arbeitsgruppen werden von 1-6 nummeriert und als "Private Space" angelegt, damit nur die Menschen in derselben Gruppe einander sehen und hören können. Die Lehrer*innen können entweder durch die Gegend laufen, oder auf der entsprechenden nummerierten Kachel neben ihrem Arbeitstisch stehen, um an dem Gespräch teilzunehmen.

Gather Beispiel Plenum (Jula Henke für J&K – Jöran und Konsorten) Lizenz: cc by/4.0/deed.de

Beispiel für ein Plenum. Alle Teilnehmenden können sich einen Platz aussuchen und die Folien sehen, in dem sie mit dem gelb beleuchtenden Objekt interagieren (auf "x" drücken). Die vortragende Person steht oben rechts auf der Spotlight-Kachel und ist für alle seh- und hörbar.

Fussnoten

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY 4.0 - Namensnennung 4.0 International" veröffentlicht. Urheberin dieses Materials: "Phuong Nguyen / Agentur J&K – Jöran und Konsorten unterstützt durch Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)" | https://selbstlernen.net | Lizenz zu diesem Material: CC BY 4.0
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