Doch wer kontrolliert die Berichte der Journalisten auf Faktengenauigkeit und Glaubwürdigkeit? Medienwissenschaftler wie Bernhard Pörksen sehen im Internet eine weitere, eine "fünfte Gewalt“, die neben den Journalismus getreten sei – die Gewalt der "vernetzen Vielen“. Was damit gemeint ist: Wenn Euch etwas an einem journalistischen Produkt auffällt, könnt Ihr heute das Medium oder den Journalisten direkt übers Internet ansprechen und öffentlich auf Fehler aufmerksam machen.
Von überall auf der Welt berichten – und am besten sofort
Manche würden das Verhältnis zwischen Journalisten und ihren Kritikern als angespannt bezeichnen; Medienschaffende geben Fehler nicht immer gerne zu, die Kritik des Publikums ist besonders online auch schon mal unsachlich und nicht ganz fair. Dabei sind einige Kritikpunkte auch auf Missverständnisse und Unwissen in Bezug auf die Arbeit der Journalisten zurückzuführen. So denken Menschen beispielsweise oft, dass Medien alle dasselbe berichten und voneinander abschreiben, weil sie überall ähnliche Texte lesen. Das hat aber oft einfach damit zu tun, dass verschiedene Medien mit demselben Auslandsreporter zusammenarbeiten, um Kosten zu sparen.
Ein Beispiel für professionelle Journalismus-Kritik ist die Seite Externer Link: Bildblog.de. Die Macher von Externer Link: Bildblog.de sind selbst Journalisten und haben sich zur Aufgabe gemacht, "sachliche Fehler, Sinnentstellendes und bewusst Irreführendes in den Berichterstattungen“ aufzudecken.
BILDblog: Spezialisten für Fake News (© bpb)
BILDblog: Spezialisten für Fake News (© bpb)
Wie es der Name schon sagt, trifft es dabei oft die Bild-Zeitung – nach dem Terrorakt von Manchester machten die Blogger beispielsweise darauf aufmerksam, dass auf Bild.de Fotos von vermissten und getöteten Jugendlichen veröffentlicht wurden. Sie fragten sich, ob es überhaupt journalistischen Mehrwert habe, die Selfies und Social-Media-Posts der Jugendlichen ins Internet zu stellen. Aber das war nicht alles: Unter den Fotos der angeblich Vermissten waren auch Jugendliche, die zum angegebenen Zeitpunkt gar nicht vor Ort waren. Die Bild-Redakteure hatten offenbar unter dem Druck, schnell etwas zu veröffentlichen, eine Foto-Collage von einem privaten Twitter-Account kopiert – doof nur: Der Urheber der Collage hatte sich auch bei Portraits aus ganz anderen Zusammenhängen bedient – so verbreitete Bild.de beispielsweise das Foto eines Youtubers aus den USA. Der musste dann in einem Video richtigstellen: "Hey, ich lebe noch!“
Die Bild-Blog-Autoren haben das so kommentiert: "Im Onlinejournalismus muss es schnell gehen, und bei dem Tempo fehlt häufig die Zeit für eine saubere Recherche. In Breaking-News-Situationen, wie aktuell wegen des Anschlags in Manchester nach einem Popkonzert, muss es meistens noch schneller gehen. Und dann passieren Fehler…“
Ohne guten Journalismus geht’s nicht
Klar, Journalismus ist nicht fehlerfrei. Und es sind Probleme, wie es sie in vielen Jobs gibt, die am Ende zu diesen Fehlern führen können: zum Beispiel mangelnde Sorgfalt oder Abhängigkeiten von Arbeitsabläufen und Organisationsstrukturen, von Sparzwängen in Redaktionen und manchmal auch einfach die Abhängigkeit von der Tagesform.
Doch auf wenn man auf diese Weise einige Fehler erklären kann, heißt das nicht, dass man Journalisten nicht kritisieren sollte. Kritik ist immer dann berechtigt, wenn sich Journalisten nicht um eigene Themensetzung und eigene Texte bemühen oder wenn sie nur eine Seite eines Problems darstellen und andere Perspektiven außen vorlassen. Natürlich ist Kritik auch dann berechtigt, wenn Falsches berichtet wird oder Rechte von Personen beschnitten werden.
Entscheidend ist, dass professionell arbeitende Journalisten wahrheitsgemäß berichten, nichts beschönigen und nichts dazu dichten, um ihrer Funktion als unabhängige Kritiker gerecht zu werden. Guter Journalismus erfüllt hier eine wichtige Funktion in der Gesellschaft. Aber auch jeder von uns sollte weiterhin kritisch mit Informationen umgehen, Quellen recherchieren und Argumente prüfen. Die besten Tipps und Tools findet ihr gleich hier.
Filter-Tipps:
Journalistische Medien gelten als "vierte Gewalt“ im Staat – das heißt, dass sie neben den drei klassischen Staatsgewalten als staatsferne Macht eine Kritik- und Kontrollfunktion übernehmen.
Das Internet ermöglicht es Journalisten, mit ihren Lesern in Kontakt zu treten. Diese Interaktion hat das Potenzial, Journalismus besser zu machen. Dafür braucht es jedoch Kritikfähigkeit – auf beiden Seiten.
Viele der Vorurteile gegenüber Journalisten basieren auf Unkenntnis ihrer Arbeitsweisen.
Quellen
Youtuber: Externer Link: https://www.youtube.com/watch?v=0s70gbdf4AY
Bild-Blog:
Externer Link: http://www.bildblog.de/89720/bild-de-verbreitet-falsche-vermisstenfotos-aus-manchester/
Externer Link: http://www.bildblog.de/89913/geld-verdienen-mit-dem-tod-junger-menschen/
Bernhard Pörksen auf der re:publica 2015: Externer Link: https://www.youtube.com/watch?v=EnM8TmIFTVc
Alle Links wurden zuletzt abgerufen am 27.6.2017.
Alle personenbezogenen Bezeichnungen meinen beide Geschlechter.