Strategie 1: Ich sag' Dir, was Du siehst
Foto Framing (© bpb)
Foto Framing (© bpb)
Eine beliebte Strategie bei Fake News ist es beispielsweise, ein Foto aus einem ganz anderen Zusammenhang zu reißen und mit einer neuen Bildunterschrift zu versehen. So verbreiteten sich zum Beispiel nach dem Amoklauf von München Fotos in den sozialen Netzwerken, die laut Bildunterschrift den angeblichen Attentäter zeigen sollten – aber in Wirklichkeit von anderen Ereignissen stammten.
Tipp: Fragt Euch daher insbesondere bei Fotos aus den sozialen Medien: Ist irgendwo eine Quelle zum Foto angegeben? Wurde das Foto schon einmal veröffentlicht?
Strategie 2: Die Farbpalette des Fotografen
Sei es ein neues Selfie oder ein Urlaubsbild für Instagram – Fotos mit dem Handy machen und miteinander teilen ist so alltäglich, dass man meist gar nicht mehr merkt, wie viele Entscheidungen dafür nötig sind: Wo stelle ich mich hin, welchen Ausschnitt wähle ich, in welchem Moment drücke ich auf den Auslöser? Ganz zu schweigen von der Nachbearbeitung: Mit welchem Filter sieht das Bild am besten aus, welche Effekte machen es interessanter?
Alle diese Möglichkeiten führen dazu, dass aus ein und demselben Moment ganz verschiedene Fotos entstehen können – je nachdem, was der Fotograf damit ausdrücken will. Der Fotograf unterscheidet sich in diesem Punkt nicht allzu sehr von einer Malerin. Trotzdem betrachten wir Gemälde ganz anders als Fotos: Bei einem Landschaftsbild ist uns sofort klar, dass es sich um eine sehr spezielle Deutung der Wirklichkeit handelt – eine Wirklichkeit, wie die Malerin sie darstellen wollte. Bei einem Foto ist das anders: Es wirkt "echter“ als ein Gemälde und daher vergisst man häufig, dass es sich auch hier um eine spezielle Deutung des Machers handelt.
Fotoausschnitt (© bpb)
Fotoausschnitt (© bpb)
Dabei hat der Fotograf fast genauso viele Möglichkeiten wie die Malerin, sein Bild zu gestalten. Jedes Ereignis lässt sich beispielsweise in tausende Foto-Momente teilen, die Unterschiedliches aussagen: Der grimmige Blick zum Kontrahenten deutet auf Konkurrenz, das gemeinsame Lachen auf Harmonie, der entschlossene Blick bedeutet Souveränität, die Grimasse mit halbgeschlossenen Augen lässt jemanden unsicher und inkompetent wirken. Der Fotograf entscheidet, welche Geschichte sein Foto erzählen soll. Alles eine Frage des "richtigen“ Moments. Geschulte Fotografen können Menschen auch ohne Probleme mächtig und groß erscheinen lassen oder klein und unbedeutend. Alles eine Frage der "richtigen“ Perspektive.
Tipp: Wenn Ihr Fotos im Zusammenhang mit Nachrichten seht, könnt Ihr Euch immer fragen: Entsteht die Aussage des Bildes vielleicht nur durch die Perspektive oder den Moment der Aufnahme? Erzählen andere Aufnahmen vom selben Geschehen vielleicht eine andere Geschichte?
Strategie 3: Sag "Cheese!“
Die einfachste Art der Manipulation ist zugleich die, die am schwersten nachzuweisen ist; denn sie passiert noch bevor der Auslöser betätigt wird. Fotos erwecken den Eindruck, dass das Abgebildete auch so passiert wäre, wäre die Fotografin nicht vor Ort gewesen – sie sollen authentisch wirken. Aber oft sind die Fotos Produkte einer Inszenierung – manchmal greifen die Fotografen selbst ins Geschehen ein, um ein besonders perfektes Bild machen zu können. Auch werden sie mit Inszenierungen anderer konfrontiert.
Inszenierung eines Fotos (© bpb)
Inszenierung eines Fotos (© bpb)
Nach den Terroranschlägen auf die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo“ im Januar 2015 versammelten sich in Paris über eine Million Menschen, um der Opfer zu gedenken. Unter ihnen, als Anführer des Trauermarschs: zahlreiche Staats- und Regierungschefs. Zumindest sah es auf den ersten Pressefotos so aus, als wären die Politiker Teil einer sehr großen Menschenmenge. Später wurde durch Luftaufnahmen klar, dass die Politiker abseits der eigentlichen Demonstration eigens für die Aufnahmen zusammengekommen waren – in einer ruhigen Nebenstraße. Eine Teilnahme an der Hauptdemo, so kurz nach einem Terroranschlag, war aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Trotzdem gab es Menschen, die sich über die Fotos empörten – schließlich waren sie gestellt, worauf die meisten Medien ihre Leserinnen nicht aufmerksam machten. Andererseits sind inszenierte Fotos alltäglich für Politiker und die Fotografen, die sie begleiten: Händeschütteln für die Kamera, der Spatenstich für den Neubau, das Gespräch mit der Bürgerin in der Fußgängerzone – die symbolische Geste gehört dazu. Zu unterscheiden sind solche Fotos von Fakes, die bewusst einen falschen Eindruck vermitteln wollen.
Tipp: Fragt Euch daher immer: Wie könnte das Foto entstanden sein? Möchte die Macherin eine bestimmte Botschaft transportieren und den Betrachter so beeinflussen?
Filter-Tipps:
Jedes Foto stellt einen Ausschnitt aus einem Zusammenhang dar. Schon die Wahl einer bestimmten Perspektive oder eines bestimmten Aufnahmemoments kann die Aussage eines Fotos stark beeinflussen.
Oft ist das Foto gar nicht gefälscht oder "gephotoshopt“, sondern nur die Titel oder Bildunterschriften. Solche "Fälschungen“ lassen sich meist enttarnen, indem man überprüft, ob das Foto schon einmal veröffentlicht wurde.
Oft sind Fotos Produkte von Inszenierungen. Es macht daher Sinn sich zu fragen, in welchem Zusammenhang ein Bild entstanden ist.
Quellen:
Karsten Schmehl, Craig Silverman: These Photos from the Munich Shootings are totally fake. Externer Link: https://www.buzzfeed.com/karstenschmehl/munich-shootings-debunk?utm_term=.ntX2zVXMew#.sgN5kYJdmo
Benjamin Maack: Manipulierte Bilder: Finden Sie die Fehler. Externer Link: http://www.spiegel.de/fotostrecke/manipulierte-bilder-fotostrecke-107186-3.html
Kristin Haug: Fotos von Spitzenpolitikern in abgesperrter Straße aufgenommen. Externer Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/charlie-hebdo-marsch-durch-paris-mit-staatschefs-auf-einsamer-strasse-a-1012649.html
Alle Links wurden zuletzt abgerufen am 27.6.2017.
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