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Folge 2 | Schule in der DDR | bpb.de

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Folge 2

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Mit der Ankunft im Schullandheim bei Leipzig ändert sich einiges: Lehrerin Frau Lehmann übernimmt die Klasse, ein Bild von Erich Honecker hängt in jedem Zimmer und für alle liegt ein Hemd der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) bereit. Was bedeutet es, in der "FDJ" zu sein? Nicht nur auf das Blauhemd reagieren die Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedlich...

Der erste Tag "Schule in der DDR" beginnt mit einigen Überraschungen. Für Musik sorgt im Zimmer der Mädchen lediglich eine Kassette mit dem Titel "Rockhaus ILD", von einem Fernseher fehlt jede Spur und Computer gibt es sowieso nicht. Ihre Smartphones müssen die Mädchen und Jungen auch abgeben. Lieblingsdeos und Duschbäder werden eingesammelt und auf jedem Bett liegt ein FDJ-Hemd bereit.

Weichen stellen für die nächsten Tage

Erste Weichen für das Zusammenleben in den nächsten Tagen werden gestellt. Piyawan und Pia fühlen sich wohl im neuen FDJ-Hemd und werden zu Gruppenratsvorsitzenden ernannt. Ben-Luca dagegen gibt offen zu, dass ihm die neue Uniform ganz und gar nicht gefällt und muss das Blauhemd abgeben. Damit wird er als einziger Junge, der nicht Mitglied in der FDJ ist, zum Außenseiter.

Die Freie Deutsche Jugend - FDJ

Wie sich zeigen wird, ist Frau Lehmann nicht einverstanden mit Ben-Lucas Einstellung und macht daraus keinen Hehl. Schülerinnen und Schüler, die nicht Mitglied in der FDJ waren, wurden in der DDR nicht selten von ihren Lehrerinnen und Lehrern unter Druck gesetzt. Zwar war die Mitgliedschaft laut Statut freiwillig, Nichtmitglieder hatten aber oft nicht nur die Lehrkräfte im Nacken, sondern Nachteile zu befürchten, zum Beispiel bei der Zulassung zu weiterführenden Schulen oder bei der Berufswahl.

1989 waren rund 88 Prozent aller Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren Mitglied in der FDJ. Von Studenten und Lehrern wurde allerdings erwartet, dass sie bis zum 30. Lebensjahr der FDJ angehörten. Die Freie Deutsche Jugend war als einzige zugelassene allgemeine Jugendorganisation demnach eine Massenorganisation. Sie sollte die Jugendarbeit nach sowjetischem Vorbild organisieren und "überparteilichen, demokratischen Charakter" haben.

Einfluss nehmen auf Lebensbereiche der Jugendlichen

Schrittweise wurde die FDJ umgewandelt in die "sozialistische Jugendorganisation der DDR". Sie sollte die "Kampfreserve der Partei der Arbeiterklasse" (SED) sein, denn die "Partei" hatte keine eigene Jugendorganisation. Das politisch-ideologische Ziel der FDJ war, Einfluss auf die Lebensbereiche der Jugendlichen zu nehmen. Sie sollte den Marxismus-Leninismus verbreiten und schon früh dafür sorgen, dass die Jugend sozialistische Verhaltensweisen einübt.

Die FDJ beeinflusste nicht nur die Freizeitgestaltung, sondern wirkte auch in den Schulen mit. Frei war die "Freie Deutsche Jugend" nur dem Namen nach: So war das FDJ-Studienjahr wie anderes auch eine regelmäßige Pflichtveranstaltung für alle Mitgliederinnen und Mitglieder: Neben der Schule erwarb man dort marxistisch-leninistisches Wissen und konnte nach einer Prüfung das "Abzeichen für gutes Wissen" erlangen. Im Studienjahr wurden so neben der Schule die Grundlagen der kommunistischen Weltanschauung und linientreue politische Bewertungen gelehrt.

Von der Musik über die Kleidung bis zur Zeitung – die FDJ bestimmt

Bei fast allem, was junge Leute interessiert, war die FDJ allgegenwärtig: Die "FDJ-Jugendclubs" boten Unterhaltungsmusik mit Tanz. Öffentliche Auftritte waren für Bands ohne staatliche Zulassung fast unmöglich. Für DJs, die damals noch "Schallplattenunterhalter" hießen, galt dabei offiziell die 60/40-Quote: 60 Prozent der gespielten Musik eines Abends musste aus der DDR oder einem anderen sozialistischen Land kommen. Auch auf das Jugendradio DT64 nahm die FDJ Einfluss und mit der "Jungen Welt" gab sie die Zeitung mit der höchsten Auflage in der DDR heraus.

Die FDJlerinnen und FDJler hatten ihre eigene Kleidung: das "Blauhemd". Auf dem linken Ärmel befand sich das Emblem der FDJ, der Schriftzug mit einer aufgehenden Sonne. Das Blauhemd wurde zu offiziellen Anlässen getragen, beispielsweise beim Fahnenappell oder am Tag der Republik, dem 7. Oktober.

Der Gruß der FDJ lautete "Freundschaft". So grüßten die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter zu Beginn einer FDJ-Versammlung oder eines Fahnenappells mit "Ich begrüße euch mit dem Gruß der Freien Deutschen Jugend: Freundschaft!", woraufhin die Gruppe mit "Freundschaft" antwortete.

Vom Ernteeinsatz bis zum Sicherheitsdienst

Die FDJ organisierte zudem Ernteeinsätze, Poetenseminare, Jugendbrigaden und sogenannte Jugendobjekte, die oft von der SED initiiert waren. Neben der Festigung der Ideologie hatten sie vor allem das Ziel, Jugendliche zur Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes heranzuziehen. Die Jugendlichen übernahmen dabei verschiedenste Aufgaben: Sie forsteten Wälder wieder auf, halfen beim Bau von Talsperren oder entwässerten Ländereien. Mit den "Ordnungsgruppen der FDJ" hatte die FDJ eine Art eigenen Sicherheitsdienst, der bei größeren Jugendveranstaltungen Ordnerdienste übernahm. Ein Reisebüro "Jugendtourist" gehörte ebenfalls zur FDJ.

Wie alle Organisationen der DDR war die FDJ zentralistisch aufgebaut. Auf oberster Ebene stand der Zentralrat der FDJ mit dem Ersten Sekretär an der Spitze. Erich Honecker und Egon Krenz hatten dieses Amt lange Jahre inne und stiegen danach bis zum Staatsratsvorsitzenden auf. In der Ebene darunter standen die Bezirksleitungen und die Kreisleitungen. Die Ebene darunter wiederum war die der Schulen, Universitäten und Betriebe. Jede Gruppe (zum Beispiel Schulklassen) hatte eine Gruppenleiterin oder einen Gruppenleiter.

Mit der Wende verlor die FDJ schnell an Bedeutung

Mit der DDR ging auch die FDJ unter. Die 13. Tagung des Zentralrats der FDJ besiegelte am 24./25.11.1989 zunächst das Schicksal der bisherigen, von Eberhard Aurich geleiteten, FDJ-Führung. Nach dem Brandenburger Kongress am 26./27. Januar 1990 wurde der Verband umorganisiert und hieß seitdem nur noch in kleinen Buchstaben "fdj". Der Verband wurde mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 politisch bedeutungslos. 1992 hatte er noch ungefähr 850 Mitglieder.

In Folge 1 der Serie zum Schulalltag jedoch ist die FDJ wieder höchst lebendig und das Blauhemd allgegenwärtig. In der nächsten Folge wird gezeigt, warum es nicht so einfach war, nicht Mitglied in der FDJ zu sein.

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