Ziele
In dieser Unterrichtseinheit wird der Regelbegriff eingeführt.
Die Schüler/-innen erkennen, wie wichtig faire Regeln sind und wie wichtig es ist, dass sich alle an faire Regeln halten.
Die Schüler/-innen erlangen eine erste Erkenntnis darüber, dass die eigenen Rechte nur gewährt sind, wenn auch andere diese Rechte anerkennen und achten.
Die Schüler/-innen verstehen die Bedeutung von Regeln für die Erhaltung von Rechten (Menschen brauchen Regeln, damit alle die Rechte von anderen respektieren und nicht verletzen).
Die Schüler/-innen merken, dass ein Gefühl der Ungerechtigkeit aufkommt, wenn sich andere Menschen nicht an faire Regeln halten. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um Regeln handelt, die die Rechte Einzelner schützen und für Gleichbehandlung sorgen sollen.
Die Schüler/-innen verstehen, dass Regeln auch dazu da sind, die Rechte von Schwächeren zu schützen.
Zeitbedarf
15 bis 30 Minuten
Benötigtes Material
Achtsamkeiten
Bei dem Obstsalatspiel ist darauf zu achten, dass die Schüler/-innen, die die "Regelverstoßer" spielen, nach dem Spiel nicht in ihrer Rolle bleiben, sondern symbolisch entlassen werden.
Achten Sie darauf, dass das Spiel nicht mit hohem körperlichem Einsatz gespielt wird.
Falls Sie Schüler/-innen mit körperlichen Beeinträchtigungen haben, achten Sie darauf, dass diese im Spiel auch ihren Platz finden (z. B. indem sie anstatt ihren Platz zu wechseln, ein Tuch auf einen freien Platz werfen).
Durchführung
1. Spielvariante: Regelverstöße
Schreiben Sie als Vorbereitung folgende Regeln an die Tafel:
Regeln
Regel Nr. 1: Niemand darf sich während des Spiels berühren.
Regel Nr. 2: Jeder und jede muss sich beim Umsetzen mindestens zwei Stühle weitersetzen.
Stellen Sie die Stühle in einen Stuhlkreis, der so weit ausgedehnt ist, dass alle Sitzenden ihre Plätze gleichzeitig wechseln können, ohne sich zu berühren. Sie fragen jetzt willkürlich drei Schüler/-innen, welche Obstsorten sie am liebsten mögen. Angenommen, sie erhalten die Obstsorten "Erdbeere", "Apfel" und "Banane", dann weisen Sie den Schüler/-innen reihum abwechselnd je eine der drei Obstsorten zu, sodass jede/r Schüler/-in eine Obstsorte repräsentiert. Daraufhin suchen Sie eine/n Freiwillige/n, der/die sich in die Mitte des Stuhlkreises stellt, und entfernen einen Stuhl aus dem Stuhlkreis. Dadurch soll gewährleistet werden, dass ein/e Schüler/-in immer in der Mitte steht.
Der/die Schüler/-in in der Mitte sagt nun entweder eine Obstsorte an (z. B. "Apfel"). Alle Schüler/-innen, denen die Frucht "Apfel" zugeordnet wurde, müssen daraufhin ihre Plätze tauschen.
Oder aber der/die in der Mitte stehende Schüler/-in sagt "Obstsalat", woraufhin alle ihre Plätze tauschen müssen.
Während die Schüler/-innen die Plätze tauschen, versucht der/die Schüler/-n in der Mitte, einen Platz zu ergattern. Es wird also wieder eine/n Schüler/-in geben, der/die keinen Platz finden konnte und den Platz in der Mitte einnehmen muss. Diese/r Schüler/-in nennt nun ihrer-/seinerseits wieder entweder eine der zugeteilten Früchte oder sagt "Obstsalat".
Weisen Sie die Schüler/-innen noch einmal extra auf die Regeln auf der Tafel hin.
Um zu überprüfen, ob die Schüler/-innen die Spielregeln verstanden haben, lassen Sie die Schüler/-innen das Spiel zunächst mehrere Runden spielen.
Per geheimen Losentscheid werden anschließend drei Schüler/-innen bestimmt, die "Rechtsverstöße" begehen dürfen. Diese drei Schüler/-innen erhalten jeweils eine Karte mit einem Hinweis auf den erlaubten Regelverstoß. Geheim meint also in diesem Fall, dass nur die drei Schüler/-innen um ihre Rolle als "Regelverstoßer" wissen. [Interner Link: PDF UE 3.3 AB 1 Rollenkarten Obstsalatspiel]
Spielen Sie das Spiel solange, bis die Regelverstöße den Schüler/-innen auffallen und einzelne Klagen geäußert werden. Lassen Sie die Klagen erst einmal ungehört.
Hören Sie mit dem Spiel auf, wenn die Beschwerden über die Regelverstöße zunehmen und das Spiel sehr unruhig wird.
Gehen Sie auf die Meldungen der Schüler/-innen nicht ein und machen Sie weiter mit der zweiten Spielvariante, als sei nichts Ungewöhnliches geschehen.
2. Spielvariante: Unfaire Regeln
Weisen Sie daraufhin, dass das Spiel gleich noch einmal gespielt wird, Sie diesmal aber die Regeln ändern. Schreiben Sie auch diese Regeln an die Tafel.
Regeln
Regel Nr. 1: Der-/diejenige, der/die in der Mitte ist, darf eine/n beliebige/n anderen Mitspieler/-in seiner/ihrer Wahl mit einem Tuch um das Bein an den Stuhl (leicht) festbinden, sodass diese/r nicht sofort aufspringen und den Platz wechseln kann.
Regel Nr. 2: Alle Mädchen dürfen ihre Obstsorte beliebig wechseln und dadurch selbst entscheiden, wann sie den Platz verlassen wollen (außer bei "Obstsalat").
Alternative: Sie können auch eine andere Kategorie nehmen (z. B. alle, die blaue Hosen anhaben, oder alle, die eine Brille tragen usw.).
Spielen Sie das Spiel mit den neuen Regeln einige Male. Gehen Sie auch hier nicht auf die Beschwerden der Schüler/-innen ein und sagen Sie, dass das die Regeln sind und die Schüler/-innen erst einmal weiter spielen müssen.
Versuchen Sie trotz Unruhe und Beschwerden das Spiel einige Male durchzuspielen.
Reflexion
Hat euch das Spiel so Spaß gemacht?
Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Wenn die Schüler/-innen die Regeln unfair finden: Warum fandet ihr die Regeln unfair? Was war daran unfair?
Wie fandet ihr die Regeln in der zweiten Spielvariante? Wieso/weshalb?
Was habt ihr empfunden, als sich einige nicht an die Regeln gehalten haben? Warum habt ihr das als unfair empfunden?
Was ist daran schlimm, wenn sich Menschen nicht an die Regeln halten? Wieso ist das ungerecht?
Warum ist es schlimm, wenn Regeln unfair oder ungerecht sind?
Frage an die Jungen: Wie habt ihr euch gefühlt, als die Mädchen ihre Obstsorte selber aussuchen durften und ihr nicht?
Frage an die Festgebundenen: Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr festgebunden wurdet und nicht so schnell mitspielen konntet wie die anderen?
Abschließende Bemerkungen zum Thema Regeln
Runden Sie die Diskussion über die Regeln mit einigen abschließenden Bemerkungen ab:
Wir haben gesehen, dass zwei Dinge wichtig sind:
Wir finden es nicht gut, wenn sich Mitmenschen nicht an Regeln halten, die für alle gelten.
Wir empfinden Regeln, die von vornherein nicht alle Menschen gleich behandeln, als ungerecht und unfair.
Wir können also daraus schließen, dass wir andere Menschen in ihrem Gerechtigkeitsempfinden kränken: Viele von euch haben sich beklagt, weil sich die Schüler/-innen X oder Y (Namen der jeweiligen Regelverstoßerinnen und Regelverstoßer im Spiel) nicht an die Regeln gehalten haben, die für alle gelten. Es ist aber ebenso wichtig, dass die gemeinsamen Regeln fair sind und alle gleich behandeln. Sonst weigern wir uns, uns an diese Regeln zu halten.
Nun gab und gibt es sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart immer wieder Menschen, die sich nicht an faire Regeln halten oder unfaire Regeln aufstellen (nennen Sie die Beispiele der Menschenrechtsaktivisten Nelson Mandela, Mahatma Gandhi oder der Menschenrechtsaktivistin Olympe de Gouges), die sich gegen Ungleichbehandlung und unfaire Regeln (gegen Frauen oder gegen dunkelhäutige Menschen) aufgelehnt haben. Dabei hatten diese Menschen genau dieselben Wünsche und Bedürfnisse wie alle anderen auch und wollten diese ebenfalls als Rechte für sich garantiert haben.
Um friedlich leben zu können, brauchen wir also faire Regeln, d. h. Regeln, die alle gleich behandeln. Und wir brauchen Institutionen oder Einrichtungen, die faire Regeln formulieren und die dafür sorgen, dass sich auch wirklich alle an diese Regeln halten bzw. dass diejenigen ermahnt oder bestraft werden, die sich nicht daran halten.
In den nächsten Stunden werden wir uns damit befassen, was Menschen dafür tun können und dafür getan haben, dass die Wünsche, Bedürfnisse und Rechte von allen Menschen gesichert werden können.