Einführung: Die Suche nach dem "ICH"
In diesem Baustein sollen sich die Schüler/innen durch "philosophische Einheiten" reflexiv mit sich selbst auseinandersetzen und dadurch Selbstvertrauen gewinnen. Das Nachdenken über das eigene "Ich" soll dazu dienen, sich mit Fragen des Menschseins zu beschäftigen, unabhängig von den konkreten Eigenschaften einer Person. Es dient aber auch dazu, das Gefühl des eigenen "Ichs" zu stärken, es in Relation zu seinen Mitmenschen zu setzen. Insofern lässt sich dieser Baustein als komplementäre Einheit zum Interner Link: Modul 5 Menschenrechtsbildung verstehen.
Wichtig ist, dass sich die Schüler/innen von den alltäglich vermittelten "Zuschreibungen" (Stigmatisierungen) durch Andere lösen (z. B. "Förderschüler/innen haben keine komplexen Gedanken") und durch diesen reflexiven Prozess ihre eigenen Stärken und die ihrer Mitschüler/innen hervorheben.
Die Lehrkraft sollte darauf achten, aufkommende Gefühle wie z. B. Selbstzweifel oder Selbstablehnung je nach Situation entweder zu thematisieren oder situationssensibel damit umgehen. Eine Würdigung aller durch die Schüler/innen geäußerten Gedanken ist dabei besonders wichtig.
Ziele
Lust am Philosophieren wecken und fördern,
Verständnis anderer wecken
die eigene Meinung äußern und nachvollziehbar begründen,
allgemeine Aussagen von eigenen Erfahrungen unterscheiden,
eine Sachlage auf eine andere Situation übertragen,
eigenständiges Suchen nach Antworten und kreativen Lösungen für ein logisches oder moralisches Problem,
eigene Gefühle und Gedanken sprachlich ausdrücken,
aktiv zuhören,
aufeinander Bezug nehmen,
Fragestellungen von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachten (Perspektivwechsel, ideale Rollenübernahme)
Benötigtes Material
Auch zu diesem Baustein wurde ein Film produziert, der den Lehrkräften als Orientierung dienen soll. "Freundschaft" zeigt beispielhafte Ausschnitte aus dem Unterricht und liefert eine Vorstellung, wie die Übung ablaufen kann.
Allgemeines Schema zum Ablauf und zur Durchführung der philosophischen Einheiten
Die Konfrontation von benachteiligten Schüler/innen mit philosophischen Fragestellungen und Methoden ist eine große Herausforderung. Es benötigt auf Seiten der Lehrkraft viel Geduld, Einfühlungsvermögen und die permanente Berücksichtigung der in der Schule seltenen Regel, dass es keine falschen Antworten gibt.
Damit die Schüler/innen einen möglichst einfachen Zugang zu den philosophischen Unterrichtseinheiten bekommen, wird die Methode konstant gehalten, also nicht verändert.
Im besten Fall entsteht bei den philosophischen Übungen durch Ritualisierungen im Unterricht ein hoher Wiedererkennungswert und die Schüler/innen werden nicht durch neue Methoden irritiert.
Es ist für die Schüler/innen eine große Erleichterung, wenn sie bei den philosophischen Übungen standardisierte Abläufe entwickeln können, damit sie sich auf ihre eigenen Gedanken konzentrieren können. Möglichkeiten, wie standardisierte Abläufe erreicht werden können, werden im Folgenden detailliert beschrieben.
Durchführung
a) Arbeit mit Gedankenkarten (Mind-Maps) als inhaltlicher Einstieg:
Teilen Sie vor jeder Übung die zugehörigen leeren Gedankenkarten aus und bitten Sie die Schüler/innen, diese assoziativ (also durch die Verknüpfung von Vorstellungen entstehend) auszufüllen.
Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern darum, dass die Schüler/innen erste eigene Gedanken in Stichworten zum Thema aufschreiben.
benötigte Zeit: 5 bis 10 Minuten
b) Arbeiten mit Arbeitsblättern:
Variante 1: Bildung von Kleingruppen (2 bis 4 Personen) und gemeinsame Bearbeitung der Texte sowie der Arbeitsblätter der jeweiligen Übungen (Übung 1 und 2).
Variante 2: Die Arbeitsblätter werden individuell gelesen und anschließend gemeinsam diskutiert (Übung 3 und 4).
benötigte Zeit: 20 bis 30 Minuten (stark abhängig von den Lesekompetenzen in der Klasse)
c) Rahmenbedingungen für Gruppendiskussionen:
d) Durchführung des Gruppengesprächs:
Übergang in die Großgruppe (geschlossener Stuhlkreis)
Die Lehrkraft beginnt das Gespräch mit dem "Gesprächswuschel" und einer ersten Frage (z. B.: Wer ist Sophie?).
Der Gesprächswuschel ist in den gesamten Übungen zu verwenden und kann ein beliebiger Gegenstand sein (z. B. Tennisball, Stofftier).
Nur wer den Gesprächswuschel in den Händen hält, darf sprechen. Alle anderen hören zu – das gilt auch für die Lehrkraft.
sinnvolle Dauer der Gruppengespräche: 20 bis 40 Minuten.
e) Nochmalige Auseinandersetzung mit der ausgefüllten Gedankenkarte:
In dieser Phase sollen sich die Schüler/innen nochmals in individueller Stillarbeit mit ihrer am Anfang der Stunde ausgefüllten Gedankenkarte beschäftigen.
Auf Grundlage der Diskussionen können Ergänzungen oder Änderungen vorgenommen werden.
Die Gedankenkarten verbleiben bei den Schüler/innen und können in das "Ich-Buch" aus dem Interner Link: Modul "Die Basiskompetenzen des sozialen Lernens" integriert werden.
benötigte Zeit: 10 bis 15 Minuten
f) Bewertung der Übungen durch die Schüler/innen.
InfokastenHintergrundliteratur:
Bei den Ausführungen zu Gesprächsführung und zur Methode des Philosophierens beziehen wir uns auf den Ansatz der Akademie Externer Link: Kinder philosophieren in München und deren Ansatz.
Akademie Kinder philosophieren (Hrsg.): Praxisleitfaden Kinder philosophieren. München 2007.
Hidalgo, Oliver; Rude, Christophe; Wiesheu, Roswitha (Hrsg.) (2011): Gedanken teilen. Philosophieren in Schulen und Kindertagesstätten: Interdisziplinäre Voraussetzungen – Methodische Praxis – Implementation und Effekte, Berlin: LIT Verlag.