In den ersten Unterrichtsstunden liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau einer guten, vertrauensvollen Beziehung innerhalb der Klassengemeinschaft selbst und zwischen den Schülern bzw. Schülerinnen und der Lehrkraft. Dies ist die grundlegende Arbeit an den Beziehungen zwischen den Menschen. Daneben stellen das Einführen von Regeln und die Achtsamkeit gegenüber vorgegebenen, notwendigen Grenzen einen wesentlichen Basisbaustein im Bereich des sozialen Lernens dar.
Diese grundlegende Arbeit mit Kindern und Jugendlichen war schon immer anspruchsvoll und wird heute eher noch anspruchsvoller. Das Ausloten von Grenzen zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ist für die Schüler/innen zunächst eine wesentliche Herausforderung. Dies allein schon mit dem Ziel, sich selbst zu finden und dabei in eine konstruktive Beziehung mit vorgegebenen Grenzen zu treten. Dabei nimmt heute das Grundinventar an vorgegebenen Werten und gemeinschaftsorientiertem Bewusstsein in der Gesamtmenge zunehmend ab. Anstöße aus dem Bereich der Familie werden für eine günstige Entwicklung in diesem Bereich weniger.
Das Feld der anregenden Impulse wird hingegen in gigantischem Ausmaß durch die moderne Unterhaltungstechnik und die Medien besetzt. Diese sprechen die Kinder und Jugendlichen stärker ich-zentriert und orientiert auf das Individuum an. Sie versuchen sie somit partiell in einer eigenen Welt, die nunmehr von den Medien vorgegeben ist, quasi zu isolieren. In dieser neuen Welt geht es nicht um die Erziehung und Vermittlung von Menschlichkeit, sondern letztlich in vielen Bereichen um die Manipulation zu einem guten Konsumenten. Die Entwicklung von Wertebewusstsein, Achtsamkeit und Einfühlungsvermögen oder die Sorge um die Gesundheit und das Gemeinwohl bleiben eher auf der Strecke.
In der Folge häufen sich heute Formen und Arten von Verhaltensauffälligkeiten und Verhaltensproblemen – gegenüber Mitschülern bzw. Mitschülerinnen, aber auch gegenüber Lehrkräften. In dieser Intensität sind diese für viele Lehrkräfte neuartig und sie fühlen sich darauf auch nicht vorbereitet.
Mit der Einführung von Regeln in der Klasse und dem Modell des Klassenrates werden hier zwei Wege angeboten. Sie vermitteln auch in dieser veränderten Situation den Schülern und Schülerinnen Möglichkeiten, eine gute Grundlage für eine faire und effektive Zusammenarbeit ebenso wie für ein gutes und vertrauensvolles Zusammensein zu entwickeln.
Vorbemerkung
Es besteht im Bereich wissenschaftlicher Forschung weitgehend Einigkeit darüber, dass es bezüglich der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen auch innerhalb der schulischen Lernumwelt zwei Bereiche gibt. Sie sind beide zu berücksichtigen, auch wenn sie zunächst gegensinnig erscheinen:
Bereich der Freiheit, der Selbstbestimmung und der Entfaltung der Schüler/innen:
selbstverantwortliches Handeln ermöglichen
an Entscheidungen beteiligen
Möglichkeiten zur Identifikation mit der eigenen Gruppe und der eigenen Schule geben
Bereich der Grenzen und der Einhaltung von Grenzen innerhalb der Gemeinschaft und das Achten auf das Gemeinwohl:
klare Verhaltenserwartungen vorgeben
eindeutiges und transparentes Regelsystem setzen
auf konsequentes Anwenden von Regeln achte
Konsequenzen für Regelverletzungen entwickeln und einsetzen
Es gilt für den eigenen Wirkungsbereich eine angemessene Synthese zwischen diesen beiden Polen zu finden. Anders ausgedrückt: Weg vom Schwarz-Weiß-Denken hin zu den Grautönen, die auf die jeweilige Situation passen und in denen situationsspezifisch reagiert werden kann.
So gilt zum einen die gesetzte Schulordnung oder auch das persönliche Ermessen der Lehrkraft, die Grenzen setzt und auf Einhaltung achtet. Es ist jedoch wichtig, auch Freiräume zu schaffen. In diesen können sich die Schüler/innen selbstbestimmt und frei in eigener Initiative entwickeln und zudem in eigener Art und Weise auf das Eintreten von Nachhaltigkeit achten.
Die Schüler/innen benötigen zu ihrer Orientierung und inneren Sicherheit deutliche und klare Grenzen, Strukturen und Halt. Das Aufstellen der Regeln innerhalb der Gruppe ist in diesem Zusammenhang richtungsweisend.
Den Schülern und Schülerinnen, die grundsätzlich Schwierigkeiten haben, ihr Verhalten zu steuern, werden damit Verhaltensmuster vorgegeben. Sie erhalten die Möglichkeit zu lernen und ihr Verhalten in der Klassengemeinschaft selbst zu reflektieren. Ein besonderer Wert ergibt sich in der Schutzfunktion von Regeln für Schwächere und für etwaige Risikosituationen.
Zielgruppe – Ziele – notwendiger Zeitaufwand
Gruppen in Anfangssituationen, in denen bereits Grundlagen bezüglich des Gemeinschaftsbewusstseins und des Vertrauens untereinander vermittelt worden sind
Sinn und Bedeutung von Regeln erfahrbar und bewusst machen
Methode einsetzen, mit Hilfe derer die Schüler/innen selbst Regeln entwickeln
Feinheiten der Gruppenarbeit erfahren und Verantwortung übernehmen
das Formulieren von Regeln lernen und üben
veranschaulichen, was mit den Regeln gemeint ist
einüben von Regeln in unterschiedlichen fachlichen Zusammenhängen
reflektieren und auswerten von Regeln im Prozess selbst
Konsequenzen für Regelverletzungen entwickeln und anwenden
Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Kollegen und Eltern erarbeiten
Zeitaufwand für das Entwickeln der Regeln ca. 2 bis 3 Stunden; Arbeit an der Nachhaltigkeit und Überarbeitung: jeweils 1ne Stunde
Material und Vorbereitung dieses Bausteins
Flipchartpapier, Filzstift
Tesakrepp, Zeitungspapier, Heizungsisolationen
Tageslichtschreiberfolien
Folienstifte
braunes Packpapier
Arbeitsblatt (AB 5): Interner Link: "Platzdeckchen-Methode"