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Im Praxistest: Themenblätter im Unterricht (Nr. 122/2020): Klimaschutz und gesellschaftlicher Wandel | bpb.de

Im Praxistest: Themenblätter im Unterricht (Nr. 122/2020): Klimaschutz und gesellschaftlicher Wandel

Heiko Drummond Nauck

/ 6 Minuten zu lesen

Die Klimakrise betrifft uns alle. Ursachen und Auswirkungen treten global auf, aber jedes Individuum genauso wie jeder Staat kann nicht darauf warten, bis alle anderen entschieden gegen den Klimawandel vorgehen. Die Überwindung der Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Herausforderung für die Politik ist, dass sie nicht nur das wissenschaftliche Notwendige tun muss – sondern, dass dies allumfassende Veränderungen erfordert, einer grundsätzlichen Transformation der bisherigen Wirtschaftsweise, die die Gesellschaft am Ende mittragen muss. Um den Zusammenhang zwischen diesem erforderlichen gesellschaftlichen Wandel und der politischen Herausforderung durch die Klimakrise geht es in diesem Unterrichtsmaterial.

Sachgegenstand und didaktische Motivation

Zu den Kriterien guten Politikunterrichts gehören zum Beispiel die Aktualität, der Lebensweltbezug und die Relevanz des Sachgegenstands. Beides ist im Themenfeld der Klimakrise eindeutig gegeben. Die Aktualität liegt in der Beschaffenheit der Klimakrise als gegenwärtige und Jahre andauernde Ausnahmesituation. Ein hoher Lebensweltbezug ist nicht nur dadurch gegeben, dass sich immer mehr Heranwachsende selbst mit diesen Themen auseinandersetzen – nicht zuletzt bei Demonstrati-on wie den „Globalen Klimastreiks“, sondern auch durch die Erfahrung der Klimakrise im Alltag: 2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen mit teilweise auch in Mitteleuropa eini-gen Tagen, die gesundheitsgefährdend heiß waren. Die Relevanz zeigt sich dann schon allein dadurch, dass das Themenfeld Einzug in alle Rahmenlehrpläne der Bundesländer genommen hat.

Diese Ausgabe der Themenblätter im Unterricht ist ein Materialvorschlag, um sich mit dem Themenfeld im Unterricht auseinanderzusetzen.

Ziel und Aufbau des Materials

Das Themenblatt zielt darauf ab, die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Wandels im Kontext erfolgreichen Klimaschutzes aufzuzeigen und zu beleuchten, wie dieser Wandel sozial gerecht ablaufen kann. Schülerinnen und Schüler setzen sich dabei mit dem Ansatz der Reduktion von Konsum auseinander im Sinne des „Degrowth“ aus der Postwachstums-Ökonomie. Zusätzlich analysieren sie die psychologischen und sozialen Hindernisse, die Menschen am Einsatz für den Klimaschutz hindern könnten, und hinterfragen auch persönliche Widersprüche zwischen Überzeugungen und Hand-lungen und werden angeregt diese zum Beispiel beim Thema Fernreisen kritisch zu überdenken. Dabei soll auch grundlegendes Wissen über die Klimakrise, die Ursachen des Klimawandels o.Ä. vermittelt werden.

Diese Ziele werden auf fünf Arbeitsblättern umgesetzt. Dabei sind die Arbeitsblätter so aufgebaut und strukturiert, dass zu Beginn fachliche Grundlagen vermittelt werden, welche dann zunehmend auf gesellschaftlicher und individueller Ebene übertragen werden.

Wie mittlerweile bei allen Themenblättern, sind die Arbeitsblätter in vier Nutzungsvarianten erhältlich: Als veränderbare ODT-Dateien, sodass man die Arbeitsblätter auch individuell anpassen kann.

  1. Als PDF-Datei zum Ausdrucken und Austeilen.

  2. Als ausfüllbare PDF-Dateien (beispielsweise für Schülerinnen und Schüler zum Nacharbeiten außerhalb des Unterrichts oder für den Einsatz in „Laptop-Klassen“ o.Ä.).

  3. Als bestellbarer Klassensatz von 31 doppelseitigen (identischen) Arbeitsblättern im Abreißblock

Zusätzlich zu den fünf Arbeitsblättern enthält das Heft für Lehrkräfte eine ausführliche Einführung ins Thema sowie methodische Hinweise zum Einsatz der Arbeitsblätter im Unterricht. Weiterführende Hinweise zum Thema und zu aktuellen Publikationen der bpb runden die Themenblätter Nr. 122 ab.

Eignung und Anregungen für den Einsatz im Unterricht

Das erste Arbeitsblatt „Kopiervorlage K01“ liefert die Grundlagen: Es erläutert den Treibhauseffekt und seine Ursachen, zeigt die Folgen der Erderwärmung auf und gibt eine Prognose zur Entwicklung der Emissionen. Anders als bei den anderen Arbeitsblättern, ist keine Aufgabenstellung auf dem Arbeitsblatt vermerkt. Man könnte die Schülerinnen und Schüler aus diesem Arbeitsblatt herausarbeiten und verschriftlichen und/oder präsentieren lassen, wie der Klimawandel entsteht und was die größten Probleme sind. Eine sinnvolle Zwischenaufgabe hierfür könnte sein, die Grafiken in eigenen Worten erklären zu lassen. Das nächste Arbeitsblatt initiiert ein Rollenspiel zu einer Verfassungsklage sowie eine Diskussion hierüber. Dieser problemorientierte Ansatz und die Urteilsfrage erscheinen sehr sinnvoll gewählt, wenngleich hier erstmals auffällt, dass die Texte relativ voraussetzungsreich sind, z.B. wegen vieler Fachbegriffe. Im Anschluss wird der Fokus auf das Individuum gelegt und sein eigenes Konsumverhalten. Dabei werden in einem Auszug von einem Artikel aus der ZEIT u.a. sogenannte „Klima-Ausreden“ präsentiert, die einen womöglich am individuellen Kampf gegen Klimawandel hindern. Positiv hervorzuheben ist, dass hierbei der Fokus auf der Handlungsorientierung liegt – eine Kompetenz, die insbesondere früher weniger im Fokus der politischen Bildung stand. Dieser Bezug zum individuellen Verhalten wird besonders im „Arbeitsblatt B“ aufgegriffen. Hier wird eine sehr spannende Auseinandersetzung mit dem individuellen Flugverhalten angeregt. Das „Arbeitsblatt A“ geht schließlich vor allem auf die gesellschaftliche Ebene und die erforderlichen Anpas-sungen an den Klimawandel ein.

Die Arbeitsblätter enthalten viele Fachbegriffe und sind teilweise voraussetzungsreich. Es ist zwar davon auszugehen, dass ein gewisses Vorwissen besteht. Dies liegt nicht zuletzt darin, dass viele weitere schulische Fächer den Klimawandel aufgreifen – vom Fremdsprachenunterricht bis hin zu Biologie – und daran, dass das Thema gegenwärtig so präsent ist. Es kann jedoch je nach Altersstufe und Niveau der Lerngruppe sinnvoll sein, die Arbeitsblätter sprachlich nach unten zu differenzieren: So könnte ein gemeinsames Glossar angelegt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre es, an manche Stellen Begriffe oder Textpassagen zu vereinfachen. Hier könnte ein sinnvoller Einsatz von Künstlicher Intelligenz liegen, der das sprachliche Vereinfachen der Texte spürbar beschleunigen kann. Dies soll am Beispiel der „Kopiervorlage K02“ und dem Einleitungstext zum „Rollenspiel: Verfassungsklage“ verdeutlicht werden. Der ursprüngliche Text lautet:

Zitat

Eine Null-Emission fossiler Brennstoffe erfordert auch strengere Gesetze, z.B. eine staatliche Mengensteuerung, die Kohle, Gas und Öl auf EU-Ebene schrittweise aus dem Markt nimmt, voraussichtlich in maximal zwei Jahrzehnten. Bundestag und Bundesregierung wollen sich mindestens ein Jahrzehnt mehr Zeit nehmen und haben selbst dafür bislang (unstreitig) keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen. Eine entschlossene Klimapolitik würde die – grundrechtlich garantierte – Freiheit von Konsumenten und Unternehmen beeinträchtigen. Umgekehrt beeinträchtigt unterlassener Klimaschutz den ebenfalls grundrechtlich garantierten Schutz der elementaren Freiheitsvoraussetzungen Leben, Gesundheit und Existenzminimum. Die Abwägung zwischen den verschiedenen Freiheitssphären ist primär die Aufgabe des Gesetzgebers, also kurz gesagt der Parlamente. Jedoch müssen bestimmte Verfahrens- und Abwägungsregeln eingehalten werden. Das kann von Verfassungsgerichten kontrolliert werden.

Mit dem Befehl, diesen Text in einfache Sprache umzuschreiben, kommt eine gängige chatbasierte KI auf folgenden Text, der nur an wenigen Stellen durch den Autor überarbeitet wurde und vor ihrem Einsatz überprüft und als KI-generierter Text markiert werden sollte.

Zitat

Um keine schädlichen Emissionen mehr aus fossilen Brennstoffen zu haben, brauchen wir strengere Gesetze. Zum Beispiel könnte der Staat festlegen, wie viel Kohle, Gas und Öl auf EU-Ebene erlaubt ist. Diese Menge müsste er schrittweise in maximal zwanzig Jahren auf Null reduzieren. Die Bundesregierung und der Bundestag denken jedoch daran, sich mindestens zehn Jahre mehr Zeit zu lassen und haben sogar für dieses Ziel bisher nicht genug getan. Eine starke Klimapolitik könnte die Freiheit von Verbrauchern und Unternehmen beeinträchtigen, die aber im Grundgesetz festgelegt ist. Andererseits gefährdet mangelnder Klimaschutz das ebenfalls im Grundgesetz garantierte Recht auf Leben, Gesundheit und Existenzminimum. Die Entscheidung darüber, wie man diese verschiedenen Freiheiten abwägt, liegt hauptsächlich beim Gesetzgeber, also den Parlamenten. Es gibt jedoch bestimmte Regeln, die bei dieser Abwägung befolgt werden müssen, und Verfassungsgerichte können das überprüfen.

Abgesehen von manchen sprachlichen Formulierungen und manchem politischen Vorwissen (vor allem bei Arbeitsblatt zum Thema Verfassungsklagen), scheint das Material sehr gut geeignet für die Mittelstufe ab Klasse 7.

Eine Differenzierung nach oben ist durch die Materialien selbst gegeben. Viele Aufgaben sind so offen gestellt, dass in Diskussionen, Rollenspielen, Argumentationen usw. niemand droht unterfordert zu werden. Die Offenheit der Aufgaben ist eher als Stärke rauszustellen, da sie eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema ermöglicht.

Die Arbeitsblätter können überwiegend 1:1 im Unterricht eingesetzt werden und decken dabei weitestgehend die ganze Planung ab, da sie nicht nur das Material und Aufgaben zum Material enthalten, sondern auch methodisch den Unterricht strukturieren (Einstieg, Gruppenarbeit usw.). Lediglich beim ersten Arbeitsblatt liegt dies nicht vor. Zeitlich ist davon auszugehen, dass ein Arbeitsblatt ungefähr einer Unterrichtseinheit (45 Minuten) entspricht, wobei die Diskussion, die mehrfach angestoßen werden, auch gut länger geführt werden könnten, wenn die Zeit reicht.

Fazit

Die Themenblätter Nr. 122 zum Klimaschutz und gesellschaftlichem Wandel bieten eine umfassende Möglichkeit, sich im Unterricht mit der aktuellen Klimakrise auseinanderzusetzen. Die Arbeitsblätter sind gut strukturiert und ermöglichen eine schrittweise Auseinandersetzung mit dem Thema. Sie berücksichtigen sowohl die gesellschaftliche Ebene als auch individuelles Konsumverhalten und psychologische Hindernisse für den Klimaschutz. In Bezug auf die Sprache könnte eine Differenzierung nach unten in Abhängigkeit von der Altersstufe und dem Niveau der Lerngruppe sinnvoll sein.

Insgesamt bieten die Themenblätter eine umfassende Grundlage für einen informativen und handlungsorientierten Unterricht zur Klimakrise und regen die Schülerinnen und Schüler dazu an, aktiv über ihre Rolle zur Bekämpfung der Klimakrise nachzudenken.

Zugriff

Fussnoten

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