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Im Praxistest: Was geht? Menschenwürde und Co. Das Heft über Grundrechte | bpb.de

Im Praxistest: Was geht? Menschenwürde und Co. Das Heft über Grundrechte

Heiko Drummond Nauck

/ 5 Minuten zu lesen

Als Lehrkraft begegnet man immer wieder Fehlvorstellungen über den eigenen Beruf – eine davon ist, dass man als Lehrkraft neutral sein müsse. Dies ist jedoch missverständlich. Der Beutelsbacher Konsens sagt, dass Kontroversen aus Wissenschaft und Gesellschaft stets auch als Kontroverse dargestellt werden sollen, aber auch, dass wir Lehrkräfte durchaus unsere ei-gene Meinung sagen sollen – solange wir Schülerinnen und Schüler damit nicht überwältigen. Geht es um für unser Land grundlegende Aspekte wie Demokratie und Menschenrechte, müssen Lehrkräfte sich sogar aktiv dafür einsetzen. Daraus folgt zum einen, dass politische Bildung in der Schule zum Ziel hat, demokratische Grundlagen und Menschenrechte den Heranwachsenden zu vermitteln und aufzuklären darüber, was sie beinhalten und bedeuten, wo sie bedroht sind und wie sie geschützt werden. Zum anderen folgt daraus auf allgemeinerer Ebene, dass sich Lehrkräfte gegen die Gruppierungen und Parteien positionieren dürfen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Lehrkräfte sind somit Teil der wehrhaften Demokratie. Eine Demokratie, die sich gegen ihre Feinde verteidigt. Aber was genau macht eigentlich Demokratie aus? Hierzu werden in der einschlägigen Literatur häufig fünf Kriterien genannt: Volkssouveränität, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und die Einhaltung von Menschenrechten. Um Letzteres geht es im vorliegenden Unterrichtsmaterial.

Ziel dieses Materials ist es zu vermitteln, welche Bedeutung das Grundgesetz hat, was die Grundrechte sind und was sie konkret im Leben der Heranwachsenden bedeuten. Dieses Grundwissen ist Teil der Lehrpläne in allen Bundesländern. Die Aktualität und Relevanz des Themas werden dadurch erhöht, dass relativ viele junge Menschen in Umfragen demokratie-skeptische Positionen offenbaren und gleichzeitig Grundrechte durch erstarkende extreme Parteien bedroht werden.

Aufbau und Struktur des Materials

Das vorliegende Material behandelt das Thema Grundrechte auf vielfältige Art und Weise. Zu Beginn findet sich ein Quiz zum Thema, welches in sechs Fragen Grundwissen zum Thema abfragt und am Ende des Heftes aufgelöst wird. An mehreren Stellen finden sich zudem passende Zitate von bei jungen Menschen bekannten Persönlichkeiten und unbekannten Betroffenen, die verschiedene Perspektiven zum Thema zeigen. Eine Fotostory über mehrere Seiten behandelt eine nicht seltene Alltagserfahrung von Rassismus und Diskriminierung (ein Zurückweisen aufgrund eines vermeintlich erkennbaren Migrationshintergrunds), die aufzeigt, wo im Alltag Grundrechte verletzt werden können – in diesem Fall Artikel 3 des Grundgeset-zes. Zum selben Artikel folgt auch eine Story, die an einem positiven Beispiel aus der jüngeren Geschichte (Einführung der Zulassung von Frauen in der Bundeswehr) zeigt, wie erreicht werden kann, dass die Grundrechte tatsächlich auch eingehalten werden. Über das ganze Heft bieten Infoboxen kurze Erläuterungen zu wichtigen Inhalten. Darüber hinaus folgen einige Daten und Fakten, wie eine Übersicht zur Pressefreiheit oder eine Erklär-Grafik zum Bundesverfassungsgericht. Außerdem gibt es Verlinkungen in Form von QR-Codes zu weiterführenden, passenden Inhalten.

Das Heft ist somit eine Materialsammlung, die vollständig oder teilweise im Unterricht eingesetzt werden kann, aber keine konkreten Aufgabenstellungen o.ä. enthält. Wie in der Reihe üblich, gibt es auch ein Begleitheft zum Thema. Dieses enthält sehr konkrete Unterrichtsideen in Form von fünf Übungsvorschlägen, bei denen das Heft (oder andere Angebote der bpb, wie z.B. die Grundgesetz-App) eingesetzt werden kann.

Anregungen für den Einsatz im Unterricht

Das Quiz kann zu Beginn oder als Sicherung ohne Weiteres im Unterricht eingesetzt werden – gemeinsam oder individuell. Die weiteren Materialien erfordern demgegenüber eine unterrichtliche Einbettung. Hierfür ist das Begleitheft sehr hilfreich.

Eine erste Aufgabe ist es, dass sich dem Begriff Menschenwürde durch kreative Methoden, wie z.B. mit einer Pantomime oder mit einem Standbild, angenähert werden soll, die wiederrum eine diskursive Auseinandersetzung mit dem Begriff vorbereiten soll. Hier besteht die Anbindung an das Heft darin, dass Zitate als Inspiration dienen können. Auch wenn explizit gesagt wird, dass keine Definition erlernt werden soll, wäre es überlegenswert eine Definition zu geben, die mit den Vorstellungen der Lernenden verglichen werden kann, da der Begriff doch vielen Schwierigkeiten bereitet. Hier kann z.B. das Interner Link: Politik-Lexikon der bpb in einfacher Sprache genutzt werden:

„Wenn etwas immer einen Wert hat, sagt man: Es hat eine Würde. Jeder Mensch hat eine Würde. Menschenwürde bedeutet, dass jeder Mensch wertvoll ist, weil er ein Mensch ist.“

Dass Schülerinnen und Schüler mögliche Rechte für sich priorisieren sollen, ist ein weiterer Aufgabenvorschlag. Hierfür nennt das Begleitheft 20 Beispiele (z.B. „Jeder muss sich ein Auto leisten können“.) Es könnte auch denkbar sein, hier die tatsächlichen Grundrechte priorisieren zu lassen – z.B. in der Methode des Think-Pair-Share, also allein, danach zusammen mit Wenigen und am Ende als Klasse. In jedem Fall wird so die Urteilskompetenz adressiert und es kann Interesse geweckt werden. Das ergiebigste Material innerhalb des Heftes sind die Fotostorys. Eine naheliegende Aufgabenstellung ist es, dass die Schülerinnen und Schüler diese lesen sollen und z.B. zuordnen sollen, welche Grundrechte betroffen sind. Darüber hinaus bietet es sich an, nach eigenen Erfahrungen zu fragen oder weitere Beispielsituationen überlegen zu lassen, in denen Grundrechte verletzt werden (könnten) – vielleicht auch in Form eigener (kurzer) Foto-Storys.

Weitere sinnvolle Aufgaben widmen sich der Auseinandersetzung mit einem kontroversen Statement im Heft sowie Situationen, in den verschiedene Grundrechte im Konflikt stehen – diese Übungen sind nicht mehr wirklich ans Heft gebunden bzw. erfordern nicht, dass das Heft vorhanden ist. Hier bieten sich viele weitere Optionen an.

Die fachdidaktischen Vorüberlegungen zeigen eine hohe Aktualität des Themas. Dies können die Schülerinnen und Schüler auch selbstständig erarbeiten. Z.B., indem sie selbst recherchieren, welche Grundrechte der Verfassungsschutz im Konflikt mit den von ihr beobachteten Parteien sieht oder inwiefern extremistische Parteien oder Gruppierungen in anderen Ländern die Demokratie bedrohen bzw. Menschenrechte verletzen. Dies kann sowohl als Einstieg ins Thema erfolgen, aber auch in vertiefter Auseinandersetzung, was dann auf der Arbeit mit dem Heft aufbauen würde.

Fazit und Eignung des Materials

Das Material eignet sich aus Sicht des Autors für den Einsatz zwischen der 6. und 8. Klassenstufe. Die vielen offenen Aufgaben (aus dem Begleitheft bzw. die als Ideen vorgestellt wurden) ermöglichen Lösungen auf unterschiedlichen Niveaus, was den Einsatz flexibler macht. Gleichzeitig ist das Quiz als Aufgabe weniger offen und die Fragen sind teilweise sehr leicht (besonders die erste Frage nach Menschenwürde, wo zwei der drei Antwortmöglichkeit „Der Name einer ostasiatischen Schlange“ und „…einer Akrobatikübung“ sind). Ggf. können auch selbst Fragen entwickelt werden durch die Lernenden, z.B. als Abschluss und Sicherung des Themas. Positiv hervorzuheben ist die schülernahe, ansprechende Gestaltung des Materials, welches gleichzeitig viele Informationen und Anknüpfungspunkte zum Thema enthält.

Insgesamt bietet das Heft viele Möglichkeiten für den Einsatz im Unterricht und dafür, ein sehr zentrales Thema für unsere Demokratie in der Schule zu behandeln und gleichzeitig den Heranwachsenden etwas in die Hand zu geben, was zur Auseinandersetzung mit unseren Grundrechten anregt. Insbesondere eine Anbindung zur Erfahrungswelt der Heranwachsenden, zu aktuellen Themen und der Bedrohung durch Extremismus, sollte durch die Lehrkraft dabei initiiert werden.

Zugriff auf das Material

Interner Link: Das Heft und das Interner Link: Begleitheft

Fussnoten