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Im Praxistest: Themenblätter im Unterricht "Antisemitismus" (Nr. 93) | bpb.de

Im Praxistest: Themenblätter im Unterricht "Antisemitismus" (Nr. 93)

Heiko Bohlen

/ 4 Minuten zu lesen

Es spricht viel dafür, bei der Auseinandersetzung mit Antisemitismus in der politischen Bildung nicht ausschließlich den Nationalsozialismus zu behandeln. Neben den historischen Hintergründen, wie der schon vorher weit verbreiteten Judenfeindlichkeit, ist eine Thematisierung des modernen Antisemitismus sehr bedeutsam. Denn antisemitische Einstellungen sind auch heute noch weit verbreitet und antisemitische Vorfälle an Schulen nehmen zu. Hierzu dient das vorliegende Arbeitsblatt.

Aufbau des Materials

Das doppelseitige Arbeitsblatt sollte in mindestens zwei Unterrichtsstunden behandelt werden, kann aber auch ohne Probleme Grundlage für 3 bis 4 Unterrichtsstunden sein. Geeignet ist das Material in erster Linie für die Sekundarstufe. Es sollte zu Beginn der Auseinandersetzung mit Antisemitismus eingesetzt werden. Wie für die Themenblätter üblich, ist das zwei-seitige Arbeitsblatt für die Schülerinnen und Schüler zum Abreißen (bei Bestellung) bzw. Kopieren konzipiert und es sind Hinweise zur Arbeit mit den Materialien enthalten.

Einsatzmöglichkeiten im Unterricht und Reflexion

Über die Lehrerblätter liefert das Material direkt selbst sinnvolle Einstiege in den Unterricht. So kann das Deckblatt als Impuls genutzt werden, um auf Antisemitismus im Alltag in Form von öffentlichen "Schmierereien" hinzuweisen. Hier bietet es sich an nach eigenen Erfahrungen zu fragen - insbesondere, wenn jüdische Schülerinnen oder Schüler anwesend sind. Als weitere Möglichkeit wird vorgeschlagen, dass die Lerngruppe selbstständig in der eigenen Stadt nach antisemitischen Botschaften oder Symbolen sucht. Beispielsweise könnte dies als vorbereitende Hausaufgabe gestellt werden. Als Folge könnte ggf. sogar eine Anzeige hieraus erfolgen oder erste Maßnahmen gegen derartige Vorkommnisse besprochen werden. So verknüpfen die Schülerinnen und Schüler den Inhalt handlungsorientiert mit ihrer Lebenswelt. In diesem Sinne würde es sich auch anbieten auf aktuelle Ereignisse einzugehen, wobei das auch bei der vierten Aufgabe vertieft erfolgen kann.

Die erste von fünf Aufgaben hat als typische Schätz-Aufgabe ebenfalls den Charakter eines Einstiegs. Die Abfrage nach grundlegenden Informationen zum Thema aktiviert z.B. das Vorwissen. Als ergänzende Aufgabe (für Leistungsstarke) könnte man weitere Schätzfragen erarbeiten lassen, die dann ebenfalls von allen bearbeitet werden.

Daraufhin folgte eine klassische Analyse-Aufgabe. Hier ist zu empfehlen, nur eine der beiden Teilaufgaben zu wählen – je nachdem, ob eher eine textbasierte Quellen- oder eine Bildanalyse geübt werden sollte. Ggf. können die Schülerinnen oder Schüler ihre Quelle auch selbst auswählen und die Aufgabe arbeitsteilig bearbeiten.

In der dritten Aufgabe wird wieder geschätzt – und zwar die Verbreitung von antisemitischen Einstellungen. Wichtig hierbei ist, dass die Daten nicht mehr aktuell sind, eine aktuelle Datenlage findet sich auf der Webseite des Innenministeriums.

Die vierte Aufgabe besteht streng genommen aus drei einzelnen Aufgaben. Zunächst gibt ein Lückentext weitere Informationen. Diese sind durch die Wahl der Methode leichter zu sichern und es ist motivierender als der unbearbeitete Text. Danach sollen im Grundgesetz Vorkehrungen recherchiert werden, die explizit zum Schutz vor Antisemitismus hineingeschrieben wurden, wie das Verbot der Holocaustleugnung. Dafür könnten auch kostenlos Grundgesetze bei der bpb bestellt oder die Grundgesetz App der bpb heruntergeladen werden, die nicht nur hier sinnvoll einsetzbar sind. Diese Aufgabe verdeutlicht nicht nur die Relevanz des Themas in Deutschland und zeigt politische Möglichkeiten der Extremismusbekämpfung auf, sondern führt an das Arbeiten mit Gesetzestexten heran. Im Anschluss sollen in einer Gruppenarbeit antisemitische Vorfälle erarbeitet und präsentiert werden. Anstatt die vier angeführten Texte zu nutzen könnte hier besonders gut mit aktuellen (schulnahen) Beispielen gearbeitet werden, die selbst recherchiert werden – z.B. mit einem Smartphone. Zudem sollte folgende Aufgabe ergänzt werden "Erarbeitet und diskutiert mögliche Maßnahmen, die euren Vorfall hätten verhindern können." So wird die Handlungsorientierung der Aufgabe größer.

Die letzte Aufgabe stellt sich als sehr passende abschließende Aufgabe heraus. Indem die Schülerinnen und Schüler diskutieren, ob und inwiefern es sich bei den Aussagen um Antisemitismus handelt, kann die Lehrkraft zunächst einfach erkennen, wie gut das Thema verstanden wurde. Zudem bietet die Orientierung an den fertigen und unterschiedlich schwierig einzuordnenden Aussagen eine relativ zugängliche Möglichkeit des individuellen Urteilens. Nachdem sich alle bei den jeweiligen Aussagen festgelegt haben, könnte noch eine Gruppenphase eingefügt werden, in der die Aussagen diskutiert werden. So kann wahrscheinlich eine höhere Beteiligung in der anschließenden Plenumsphase erzielt werden. Fachdidaktisch noch wertvoller wäre es im Sinne der Urteilskompetenz, wenn zu Beginn der Einheit der Begriff Antisemitismus anhand von Kriterien geklärt werden würde, auf die sich dann hier bezogen werden könnte.

Fazit

Insgesamt erweisen sich alle Aufgaben als sehr funktional und können gut angepasst werden. Dieses Themenblatt kann somit gut zum Einstieg in das Thema genutzt werden.

Eine Schwäche des Materials könnte sich jedoch im Umgang mit Schülerinnen oder Schülern ergeben, die selbst antisemitische Einstellungen innerhalb ihrer Familie oder ihres Umfelds erleben, so zum Beispiel bei einigen Kindern mit arabischem Migrationshintergrund. Dafür ist es wichtig herauszustellen, woher diese Einstellungen kommen. In diesem Kontext sollten dann Aspekte wie der Zionismus entweder vorab oder im Zweifelsfall zumindest anstelle der zweiten Aufgabe angesprochen werden. Hier könnte auch ein mögliches längerfristiges Projekt anknüpfen, in dem z.B. über die Biographien von Schülerinnen oder Schülern mit Migrationshintergrund oder über Interviews erarbeitet wird, wie mit Juden bzw. dem Judentum in der Schule umgegangen wird im Unterschied zur deutschen Schule.

Zugriff

Interner Link: http://www.bpb.de/shop/lernen/themenblaetter/126535/antisemitismus

Fussnoten

Heiko Bohlen, Mathe und Politik, Sophie-Scholl-Oberschule Berlin