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Im Praxistest in der Willkommensklasse: Falter Extra zum Thema "Kinderrechte" | bpb.de

Im Praxistest in der Willkommensklasse: Falter Extra zum Thema "Kinderrechte"

Katharina Waldmann

/ 4 Minuten zu lesen

Das Thema "Kinderrechte" ist zwar für viele geflüchtete Schülerinnen und Schüler noch neu, aber z.B. aufgrund der jeweils selbst durchlebten Fluchtgeschichte mit Sicherheit relevant. Damit eignet sich das Thema "Kinderrechte" auch als erste Annäherung an Inhalt und Bedeutung der Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland überhaupt.

Konzeption des Materials

Auseinander gefaltet bietet das Material im A0-Format auf der Vorderseite eine Auswahl der bedeutendsten Kinderrechte aus der 1989 verabschiedeten Kinderrechtskonvention der UN in kindgerechter Sprache. Auf der Rückseite befindet sich ein Wimmelbild, welches diese Rechte bildlich, durch unterschiedliche Szenen aus dem Leben von Kindern in einer Kleinstadt, aufgreift. Insgesamt ergeben sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten, die im Lehrermaterial beispielhaft ausgeführt werden. Darunter finden sich insbesondere spielerische Umsetzungsideen, wie etwa ein Quiz oder eine Bildersuche. Für die Spielideen enthält das Lehrermaterial noch passendes Zusatzmaterial wie Quizkarten mit Fragen zum Plakat.

Zu dem Falter gibt es außerdem ein Kimemo (Memory-Kartenspiel), das Ausschnitte aus dem Plakat aufgreift und als Set ebenfalls unter Interner Link: http://www.bpb.de/shop/lernen/spiele/201965/kimemo bestellt werden kann.

Einsatzmöglichkeiten im Unterricht

Das Material eignet sich für Schülerinnen und Schüler jeder Altersstufe, da es individuell für verschiedene Unterrichtsvorhaben nutzbar ist. Der Falter kann darüber hinaus für erwachsene Sprachlerner und -lernerinnen eingesetzt werden, die sich als Eltern mit den Rechten ihrer Kinder auseinandersetzen.

Für Anfänger und Anfängerinnen im DaZ-Unterricht eignet sich das Plakat auf der Rückseite des Materials als erster Sprechanlass zum Thema. Da die unterschiedlichen Bereiche der Kinderrechte – wie freie Meinungsäußerung und Information oder Spiel und Freizeit – durch die verschiedenen Szenen des Wimmelbildes bereits thematisch aufgegriffen werden, können die teilweise sprachlich recht komplexen Inhalte mithilfe der Illustrationen vorentlastet werden. Dazu reicht es zunächst aus, die dargestellten Szenen von den Schülerinnen und Schülern beschreiben zu lassen. Hier können dann schon einmal relevante und wichtige Vokabeln gesammelt werden. Auseinandergeschnitten können einzelne Abschnitte des Plakats verwendet werden, um eine Überflutung mit Eindrücken zu vermeiden und sich schrittweise den einzelnen Bereichen der Kinderrechte zu nähern.

In fortgeschrittenen DaZ-Lerngruppen bietet es sich an, die einzelnen Kinderrechte selbstständig in Kleingruppen erarbeiten zu lassen. Hierzu können z.B. Informationsplakate erstellt werden. So kann das inhaltliche Lernen mit dem methodischen Lernen – z.B. der Zusammenstellung eines informativen Plakates – kombiniert werden. Wenn man den Aspekt des digitalen Lernens ebenfalls einbinden möchte, bietet es sich an, eine Internetrecherche zu den unterschiedlichen Kinderrechten durchführen zu lassen, die die Informationen aus den Materialien ergänzen kann. Hier können Beispiele für die Umsetzung der Kinderrechte recherchiert werden. Wenn es sinnvoll erscheint, kann außerdem ein Bericht zum Stand der Umsetzung der Kinderrechte im eigenen Herkunftsland erfolgen. Alternativ zum Plakat können kurze Power-Point-Präsentationen erstellt werden. Da einige Schülerinnen und Schüler in den Willkommensklassen teilweise noch nicht besonders geübt im Umgang mit dem Computer und Programmen wie Word oder Power-Point sind, bietet es sich hier an, dies gezielt zu üben. Die Präsentation der Ergebnisse vor den Mitschülerinnen und Mitschülern schult letztlich auch die Präsentationskompetenz, die später im Regelunterricht benötigt wird.

Vertiefend war es in meiner Klasse besonders interessant, die Relevanz der Kinderrechte im Einzelnen noch einmal zu diskutieren. Hier wurde deutlich, wie wertvoll bestimmte Aspekte für die Schülerinnen und Schüler der Willkommensklasse sind, die für sie bisher eben nicht alltäglich waren. Vor allem das Recht auf Bildung ist hier zu nennen, das z.B. Mädchen aus Afghanistan in einigen Gebieten ihres Herkunftslandes gar nicht eingeräumt wird.

Abschließend empfiehlt es sich, noch einmal zu reflektieren, warum die besprochenen Rechte gerade für Kinder – die eben eines besonderen Schutzes bedürfen – wichtig sind. Wie bei allen Themen, die in der Willkommensklasse behandelt werden, ist es eine zentrale Aufgabe der Lehrkraft, die Themen vorab aus der möglichen Perspektive der Jugendlichen zu betrachten. So ergeben sich häufig andere Schwerpunkte als zunächst angenommen. Einige Schülerinnen und Schüler übernehmen aufgrund ihrer in der Schule erworbenen Sprachkompetenz z.B. als Übersetzer oder Übersetzerin in allen familiären Angelegenheiten besonders viel Verantwortung. Hieran anknüpfend kann das Recht auf Freizeit diskutiert werden. Insgesamt ergaben sich sehr lohnenswerte Diskussionen, die nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrkraft überaus lehrreich waren.

Fazit und Anregungen

Das Material greift ein für alle Schülerinnen und Schüler sehr wichtiges Thema auf, das Vielen wenig bekannt ist – auch Inländern –. Trotzdem oder gerade deshalb sollte dieses Thema unbedingt im Unterricht der Willkommensklasse behandelt werden. Viele Schülerinnen und Schüler mit Fluchterfahrung haben zwar eine ungefähre Ahnung, dass sie in Deutschland mehr Rechte und Freiheiten haben als in ihrem Herkunftsland, ihre expliziten Rechte – v.a. als Minderjährige – kennen sie aber häufig nicht.

Der Text der Kinderrechte ist "kinderfreundlich" formuliert und deshalb in weiten Teilen auch für DaZ-Lerner und -Lernerinnen verständlich. Dennoch sind einige Verständnisschwierigkeiten bei abstrakten Begriffen – wie z.B. Würde oder Respekt – aufgetreten. Ein Hinweis oder eine Idee dazu, wie mit diesen Problemen umgegangen werden kann, wäre wünschenswert gewesen.

Je nach Zusammensetzung der Lerngruppe sollte darauf geachtet werden, welche Kinderrechte ausführlicher behandelt werden können. Sind in der Lerngruppe z.B. unbegleitete Minderjährige, sollte man mit einigen Themen – z.B. dem der elterlichen Fürsorge – sensibel umgehen. Das bedeutet aber meiner Erfahrung nach nicht, dass man diese Themen nicht ansprechen darf, denn sie haben ja gerade eine besondere Relevanz für die Schülerinnen und Schüler.

Vor allem die Spielideen im Lehrermaterial eignen sich in Willkommensklassen mit jüngeren Lernern und Lehrerinnen, da – so zumindest in meiner Klasse – sehr gern gespielt wird und so Inhalte – v.a. für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler oder Anfänger und Anfängerinnen – oft leichter vermittelt werden können.

Beim Bestellen des Materials sollte unbedingt der Hinweis auf der Webseite der bpb beachtet werden, mehrere Exemplare (zum Auseinanderschneiden, Laminieren, Aufhängen) zu bestellen.

Zugriff

Interner Link: www.bpb.de/shop/lernen/falter/194570/kinderrechte

Fussnoten

Katharina Waldmann unterrichtet an einer Kooperativen Gesamtschule in Niedersachsen mehrere Willkommens- bzw. Sprachlernklassen. Momentan betreut sie 24 Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 15 Jahren. Über ihre Erfahrungen in der Praxis spricht sie Interner Link: hier.