Konzeption der Materialien
Das Logbuch wurde gemeinsam mit geflüchteten Jugendlichen erarbeitet. Es widmet sich den aktuellen Interessen und Bedürfnissen der neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler. Das Material besteht aus 57 Aufgabenblättern, die ebenso viele Themen aufgreifen - von der Gestaltung eines eigenen Logos bis zur Planung einer Party. Eine festgelegte Bearbeitungsreihenfolge gibt es nicht. Das Material eröffnet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, ihre jeweils eigenen Eindrücke, Gefühle und Erlebnisse festzuhalten und zu reflektieren – entweder auf Deutsch oder in ihrer Erstsprache. Die Gestaltung der einzelnen Aufgabenblätter liegt also allein in den Händen der Schülerinnen und Schüler. Die Aufgabenformate sprechen dabei unterschiedliche Kompetenzbereiche an, insbesondere Schreiben, Malen oder Zeichnen, Reflektieren und Kommunizieren. Die Aufgabenstellungen sind überwiegend so gestaltet, dass mit Visualisierungen über Symbole gearbeitet wird. Die Schülerinnen und Schüler können daher auch bei weniger ausgeprägten Sprachkenntnissen verstehen, welche Tätigkeit bei der jeweiligen Aufgabe gefordert ist.
Zu den Aufgabenblättern finden sich
Die Lehrermaterialien enthalten Hinweise zu Methodik und Didaktik, zur Lebenswelt von Menschen mit Fluchterfahrung und zur Verwendung des Aufgabenmaterials im Bereich Deutsch als Zweitsprache. Hier wird auch jeweils erläutert, welchen Impuls die jeweilige Aufgabe an den Schüler oder die Schülerin richten soll. Teilweise finden sich auch Hinweise zur Psychoedukation und Traumapädagogik, die gerade für Lehrkräfte, die mit diesen Themen noch nicht vertraut sind, sehr hilfreich sein können.
Einsatzmöglichkeiten im Unterricht
Es bietet sich an, für jeden Schüler und jede Schülerin eine Mappe auszugeben, in der diese die bearbeiteten Aufgabenblätter des Logbuchs abheften können. Alternativ kann das Logbuch vollständig ausgeteilt werden, um dann einzelne Abschnitte gezielt zu bearbeiten. Auch in diesem Fall wird die Arbeit mit dem Logbuch zu etwas Besonderem, wenn man es separat von den übrigen Unterrichtsmaterialien aufbewahren lässt. Nicht alle Aufgaben des Logbuchs eignen sich jedoch für alle Sprach- und Leistungsniveaus in der Willkommensklasse. Es ist deshalb sinnvoll, den Schülerinnen und Schülern auch deutlich zu machen, dass sie nicht alles verstehen müssen. So entstehen weniger Frusterlebnisse, was gerade in der Arbeit mit dem Logbuch sehr schade wäre. Zudem sollten die Schülerinnen und Schüler selbst entscheiden, welche Ergebnisse sie im Plenum teilen oder sogar diskutieren möchten und welche nicht. Durch diese Vorgehensweise wird sichergestellt, dass die Schülerinnen und Schüler mit dem Logbuch authentisch umgehen und es nicht als eine Aufgabe ansehen, die sie abarbeiten müssen. So wird es im Übrigen auch von den Autorinnen empfohlen.
Die Aufgaben des Logbuchs lassen sich mit anderen Unterrichtsinhalten verknüpfen – etwa bei der Erarbeitung des grammatikalischen Themas „Adjektive“ in Verknüpfung mit dem inhaltlichen Thema „Gefühle“. Dazu passt z.B. die Bearbeitung der Arbeitsblätter 4 und 5 „Wie geht es mir?“ und der Stimmungskurve auf Arbeitsblatt 3. So wird direkt ein sinnvoller Lebensweltbezug für die Schülerinnen und Schüler geschaffen und eine Vertiefung des gelernten Inhalts herbeigeführt. Das Material bietet noch viele weitere Verknüpfungspunkte von Sprache und Inhalt, die im Lehrermaterial auch verdeutlicht werden. Die Arbeit mit dem Logbuch eignet sich auch für Schülerinnen und Schüler, die im Unterricht der Willkommensklasse schneller arbeiten als andere. So findet sich immer eine sinnvolle Beschäftigung. Dennoch sollte die Arbeit im Logbuch stets freiwillig geschehen, eine erzwungene Bearbeitung der Aufgaben ist nicht zielführend. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass gerade leistungsstarke Schülerinnen und Schüler gern mit dem Logbuch arbeiten und teilweise sogar gespannt sind, welche Aufgaben noch auf sie zukommen.
Es lohnt sich auch, diejenigen Schülerinnen und Schüler, die mit einer Aufgabe vielleicht nicht direkt etwas anfangen können, an diese schrittweise heranzuführen und den Mehrwert zu erklären. Denn viele Schülerinnen und Schüler kennen es aus den Schulen ihrer Heimatländer nicht, dass nach ihren Befindlichkeiten und Meinungen gefragt wird oder dass diese sogar Inhalt des Unterrichts sein könnten.
Fazit und Anregungen
Mit dem Logbuch wurde ein Material geschaffen, dass sich jeder der Schülerinnen und Schüler der Willkommensklasse selbst zu eigen machen kann. Gerade für fortgeschrittene Sprachenlernende und Schülerinnen und Schüler, die bereits seit einiger Zeit in Deutschland sind, bietet das Logbuch eine wunderbare Gelegenheit, auch einmal innezuhalten, über sich selbst und über die Gesellschaft, in der man lebt, nachzudenken. Da viele der Schülerinnen und Schüler - über ihre eigene Integration hinaus – viel für ihre Eltern und jüngeren Geschwister leisten und dabei oft den Blick auf sich vernachlässigen, ist eine Reflektion des eigenen Befindens und der eigenen Vorlieben und Wünsche dringend in den Unterricht der Willkommensklasse zu integrieren – denn hier kann auch ohne Leistungsdruck daran gearbeitet werden.
Obwohl das Logbuch, wie von den Autorinnen selbst ausgesagt, alphasensibel sein soll – ergeben sich für Schülerinnen und Schüler einer Willkommensklasse doch einige sprachliche – aber auch inhaltliche Hürden. In einigen Aufgaben wird mit Begriffen wie Würde oder Respekt gearbeitet (z.B. Arbeitsblatt 14). Da diese Begriffe sehr abstrakt sind, sind sie für viele Schülerinnen und Schüler der Willkommensklasse noch schwer mit Bedeutung zu füllen.
So ist das Logbuch gerade für jüngere Schülerinnen und Schüler (Jahrgang 5-7) nur teilweise geeignet. Auch für die nicht alphabetisierten Schülerinnen und Schüler eignet sich das Logbuch kaum – obwohl es natürlich lohnenswert sein kann, für diese zunächst Sprechanlässe durch die Aufgaben im Logbuch zu schaffen. Die erläuternden Hinweise für Lehrkräfte empfehle ich zur Verwendung des Materials unbedingt, da sie wichtige Hinwiese enthalten – etwa den Umgang mit eventuell traumatischen Erfahrungen, die durch die Arbeit mit dem Material wieder bewusst werden könnten.