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Im Praxistest: Dokumentarfilm "Geheimsache Ghettofilm" – Film und didaktisches Material | bpb.de

Im Praxistest: Dokumentarfilm "Geheimsache Ghettofilm" – Film und didaktisches Material

Catharina Banneck

/ 3 Minuten zu lesen

Die israelische Regisseurin Yael Hersonski demaskiert in ihrer Dokumentation "Geheimsache Ghettofilm" NS-Aufnahmen aus dem Warschauer Ghetto und reflektiert dabei die Rolle des Films für die NS-Propaganda. Zum Film wurde umfangreiches didaktisches OER-Material erarbeitet, dass Lehrkräfte kostenlos nutzen und zudem frei bearbeiten und veröffentlichen können.

Konzeption des Materials

Zum Film: Ein NS-Filmteam drehte im Mai 1942 im Warschauer Ghetto, wenige Wochen bevor dort die Deportationen und der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung einsetze, scheinbar authentische Bilder. Doch die Szenen sind gestellt, die Bilder Propaganda. Der Film selbst wurde nie ganz fertiggestellt; in den 1950er Jahren tauchte eine Rohfassung mit rund 60 Minuten Schwarz-Weiß-Aufnahmen auf. Yael Hersonski machte die Aufnahmen zum Gegenstand ihres Films "Geheimsache Ghettofilm". Sie nutzt das NS-Material, um einerseits von den Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung im Ghetto und der NS-Propaganda zu berichten. Andererseits reflektiert sie die Frage, wie wir heute mit Material, das in Zeiten des Nationalsozialismus entstanden ist, umgehen sollten.

Zum didaktischen Material: Grundsätzlich gilt für die Inhalte der drei Module des didaktischen Materials, dass es Ihnen als freie Bildungsmaterialien zur Verfügung steht. Sie können die Texte der didaktischen Materialien – mit Ausnahme der Quellentexte – bearbeiten, verändern und erneut veröffentlichen bzw. an andere weitergeben dürfen. Im Modul 1 "Propaganda und ihre Wirkungsabsichten– zum Entstehungskontext des Filmmaterials aus dem Warschauer Ghetto" setzen sich die Schülerinnen und Schüler auf Basis des Films und mithilfe von Berichten der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Analysen der Historikerinnen und Historiker mit der Entstehung und den Wirkungsabsichten der NS-Aufnahmen auseinander. Einblicke in die Lebenswirklichkeit der Menschen bietet das Modul 2 "Der Film im Kontext – Leben und Alltag im Warschauer Ghetto". Der didaktisch-methodische Schwerpunkt liegt auch hier wieder auf der kritischen-reflexiven Auseinandersetzung mit Zeitzeugenberichten und Filmausschnitten. Das letzte Modul "Filmethik – über den "richtigen" Umgang mit Archivmaterial" setzt sich mit der schwierigen Frage auseinander, ob und inwiefern historisches Filmmaterial aus der NS-Zeit heute gezeigt werden soll. Ausgehend von Aussagen Filmschaffender zu aktuellen "Nutzungsbedingungen" nationalsozialistischen Filmmaterials diskutieren die Schülerinnen und Schüler arbeitsteilig, ob ein heutiges Aufgreifen propagandistischen Materials überhaupt möglich und ethisch vertretbar ist. Abschließend stellen die Lernenden einen Gegenwartsbezug her, wenn sie ausgehend von Publizistischen Grundsätzen des Deutschen Presserates, die Übertragbarkeit ihrer Diskussionsergebnisse auf aktuelles propagandistisches Material prüfen.

Einsatz im Unterricht

Der Dokumentarfilm "Geheimsache Ghettofilm" ist nach »FSK« zwar ab 12 Jahren freigegeben, sollte aber – aufgrund emotional belastender Aufnahmen aus dem Ghetto – frühestens in der zehnten Klasse im Geschichtsunterricht geschaut werden. Die Module 1 und insbesondere 3 des didaktischen Materials sollten wegen der Anforderungen im Bereich der Urteilskompetenz in der Sekundarstufe II genutzt werden; Modul 2 kann bereits in der zehnten Klasse durchgeführt werden. Alle Module arbeiten kooperativ und regen zur Perspektivübernahme an. Die Ausschnitte aus Primärquellen sind schüleradäquat ausgewählt, Sekundärtexte von Historikerinnen und Historikern sind ebenfalls vom Niveau her angemessen.

Der hohe motivationale Gehalt von filmischen Quellen im Geschichtsunterricht ist bekannt. Hier liegt nun ein weiteres Plus vor, da Yael Hersonski selbst zu einer kritischen Auseinandersetzung – in erster Linie mit dem propagandistischen Filmmaterial aber auch ihrem eigenen Schaffen als Dokumentarfilmerin – anregt: "Archivmaterial lediglich zur Bebilderung, quasi als Illustration zu nutzen, ist für mich eine Art Sünde. Regisseure tragen die Verantwortung dafür, wie sie und mit welchem Material sie Geschichten erzählen. Der Kontext, in dem Archivmaterial entstanden ist, sollte immer auch den Zuschauern vermittelt werden."

Anregungen

Die Durchführung der Module ist – abhängig der curricularen Verortbarkeit – vorbehaltlos zu empfehlen. Durch die Möglichkeit, die Materialien (als Word-Dokumente herunterladbar) zu bearbeiten, ist eine individuelle Anpassung an die eigene Lerngruppe möglich.

Verfügbarkeit

Der Film ist kostenlos verfügbar unter Interner Link: http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/geheimsache-ghettofilm/157498/der-film verfügbar. Das didaktische Material kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: Interner Link: http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/geheimsache-ghettofilm/199331/didaktisches-material

Fussnoten

Dr. Catharina Banneck ist Lehrerin für Politik und Deutsch in einem Berliner Gymnasium.