Die wachsende Attraktivität rechtspopulärer und -extremer Gruppierungen in Europa lässt gemischte Gefühle aufkommen angesichts des gehäuften Auftretens nationaler Symbole bei den regelmäßig wiederkehrenden internationalen Sportturnieren. Insbesondere Jugendliche werden durch Gruppenerlebnisse angesprochen und zum unreflektierten Mitmachen animiert. Insofern ist das Beispiel Fußball besonders geeignet, sie zu sensibilisieren für Selbst- und Fremdwahrnehmung des Nationalgefühls. Durch die im Zweijahresrhythmus stattfindenden Turniere und dazwischen stattfindenden Qualifikationsphasen ist zudem das Thema eigentlich immer aktuell.
Konzeption des Materials
Das Unterrichtsprojekt ist ausgelegt für die 8. Klasse und zeichnet sich aus durch eine hohe Schüleraktivität und lebensnahe Materialien, die den Jugendlichen einerseits Begriffe auf einem ihnen verständlichen Niveau vermitteln, sie andererseits hinleiten zu einem eigenständigen Urteil über die Grenze zwischen Wir-Gefühl und Nationalismus.
Hierzu lernen sie zunächst in Auszügen aus einem Interview mit drei Jugendlichen drei verschiedene Standpunkte zum Thema Nationalstolz kennen, erarbeiten sich sodann aus Lexikonauszügen die Begriffe „Nationale Symbole“ und „Nation“, die dann in einer ausführlichen Gruppenarbeitsphase angewendet werden auf verschiedene Teilnehmer des anstehenden Turniers. Im Anschluss daran werden wiederum Begriffe erarbeitet, diesmal „Nationalismus“ und „Patriotismus“, die kontrastiert werden mit Brechts Kinderhymne und dann auf Zeitungsartikel über Fußball und Patriotismus angewendet werden sollen, um schließlich in eine Pro-Contra-Debatte zu münden.
Einsatzmöglichkeiten im Unterricht und Anregungen
Der vorgesehene Einsatz in der 8. Klasse bietet die Möglichkeit des Anknüpfens an die Entstehung des Konzepts der Nation. Daran sollte erinnert werden bei der Besprechung der drei Varianten des Nationalstolzes im Interview und diese auch zum späteren Wiederaufgreifen gesichert werden. Da die dargestellten Positionen von Gleichaltrigen stammen, dürften sie für die Schülerinnen und Schüler leicht erschließbar und nachvollziehbar sein. Wichtig ist, alle drei Positionen als gleichwertig und akzeptabel zu präsentieren.
Die Lexikonartikel sind im sprachlichen Niveau deutlich anspruchsvoller, sollten aber in Partnerarbeit und mit der gegebenen Lenkung durch die Aufgaben verständlich sein. Die Sicherung im Plenum ist jedoch unbedingt erforderlich.
Die Gruppenarbeit – die arbeitsteilige Erstellung eines Lernplakats zu je einem Teilnehmerland – lässt sich problemlos je nach Gruppengröße und aktuellen Teilnehmern auf weitere Länder ausdehnen. Die verschieden Aufträge bieten zudem Gelegenheit zur Binnendifferenzierung. Nach der Präsentation sollte nun wieder auf die Interviews vom Beginn der Einheit zurückgegriffen werden, um die Frage aufzuwerfen, warum die befragten deutschen Jugendlichen ein distanzierteres Verhältnis zu ihrer Nation und deren Symbolen haben als die Inderin. Hier können die Artikel zu Nationalismus und Patriotismus eingebracht werden. Jedoch ist zu beachten, dass in der 8. Klasse der Nationalsozialismus noch nicht Thema war und auch in den Familien das Thema nicht mehr so präsent ist wie in vorangegangenen Generationen. Die Gleichwertigkeit von Nationen sollte aber trotzdem vermittelbar sein, etwa durch Brechts Kinderhymne, so dass Diskussionen, etwa über die Grenzen des Akzeptablen im Verhalten von Fans, den Umgang mit Symbolen anderer Nationen oder dunkelhäutigen Spielern sinnvoll möglich sind.
Die im Baustein enthaltenen weiteren Artikel sind hingegen für Achtklässler sprachlich und inhaltlich viel zu schwer. Für die Sekundarstufe II wiederum bieten sie inhaltlich zu wenig Anknüpfungspunkte an curricular relevante Themen. Die vorgeschlagene Pro-Contra-Debatte über eine Verpflichtung deutscher Nationalspieler zum Singen der Hymne darf getrost den Stammtischen überlassen bleiben, steht sie doch im klaren Gegensatz zu den Werten des Grundgesetzes, die in dieser Einheit vermittelt wurden.
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