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Kommunal-Café | Planspiele | bpb.de

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Kommunal-Café

/ 8 Minuten zu lesen

Das Kommunal-Café ist eine Möglichkeit, um jugendrelevante kommunalpolitische Ideen zu entwickeln und Partizipationsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Zukunftscafé im Bayerischen Landtag zum Girls' Day 2010. (© Thomas S. Regnet / RED IDEA )

Das Konzept des Kommunal-Cafés ist eine Kombination verschiedener handlungsorientierter und kreativer Methoden und hat vor allem explorativen Charakter. Die Kombination aus Elementen des World-Café, der Zukunftswerkstatt, der Projektarbeit und des Planspiels dient dazu, Jugendliche möglichst realitätsnah und quasi als 'Expert/-innen in eigener Sache' an die Kommunalpolitik heranzuführen. Ziel ist es, kommunalen Handlungsbedarf zu identifizieren, zu diskutieren und Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Kommune aufzuzeigen sowie den kommunalen Entscheidungsfindungsprozess zu simulieren.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine möglichst konkrete Idee entworfen wird, um diese möglicherweise in Form eines Projektes weiterzuverfolgen. Für diese Idee werden die Akteure identifiziert, Szenarien einer möglichen Realisierung untersucht und mithilfe eines Planspiels Strategien überprüft, bevor am Ende ein (Projekt-)Antrag entsteht. Das Kommunalcafé dient dabei als Rahmen, um es den Teilnehmende zu ermöglichen selbständig kommunalpolitische Lösungsansätze für eine von ihnen definierte Problemstellung zu finden.

Zunächst geht es darum kommunalpolitischen Handlungsbedarf aus Sicht der Teilnehmenden zu identifizieren. Durch die Abfolge konstruktive Kritik von Bestehendem, Vision und Aufzeigen des kommunalen und gesellschaftlichen Nutzens einer Idee und der Konkretisierung und Überprüfung der Realisierungsmöglichkeiten einzelner Vorschläge, entstehen mehrere Ideen, die sich zu einem konkreten Vorschlag verdichten sollen. Hinweise und Vorschläge zur Moderation des Kommunalcafés finden Sie im Interner Link: Materialblatt M 2.

Das Planspiel dient anschließend der Simulation von Entscheidungsfindungsprozessen für diesen konkreten Vorschlag und soll die Positionen und Handlungsweisen der Akteure verständlich machen. Zudem hilft es dabei demokratische und auf den gesellschaftlichen Nutzen ausgerichtete Beschlüsse zu fassen, die für das weitere Vorgehen notwendig sind.

Themenfindung

Für die Kleingruppendiskussion sowie die Aufbereitung und Darstellung der Ergebnisse im Rahmen der Themenfindung sollten Sie ca. 90 Minuten einplanen.

Als Inhalte eignen sich alle jugendrelevanten Themen, die auf kommunaler Ebene geregelt werden können. Dazu zählen vor allem der Bereich Jugend-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, die Ausstattung von Schulen und kommunalen Einrichtungen (z.B. Gemeindebücherei), der öffentliche Personennahverkehr, die Schul- und Radwegesituation sowie kommunale Programme zur Gewalt- und Suchtprävention und zur Unterstützung bestimmter Gruppen von Jugendlichen. Je weiter gefasst die anfängliche Fragestellung ist, desto wichtiger ist die Ergebniszusammenführung und die schrittweise Eingrenzung des Themenfeldes. Hilfreich ist dabei das 'Trichterprinzip', bei dem das Sammeln von Ideen und Gedanken vom Allgemeinen zum Konkreten schreitet.

Um in relativ kurzer Zeit Ideen für Themenfelder zu bekommen, die sich für die Bearbeitung eignen, können Diskussionsrunden mithilfe der Methode World-Café durchgeführt werden. Da kein fremder fachlicher Input gegeben wird, ist es sinnvoll, dass bei den Teilnehmenden ein persönlicher Bezug zu dem zu diskutierenden Thema vorhanden ist. Die Diskussion in den Kleingruppen (Café-Tischen) wird durch aktivierende Fragen und den Wechsel der Gruppen lebendig. Informationen zur Moderation des Kommunal-Cafés finden Sie in dem Materialblatt Hinweise Interner Link: Moderation des Kommunal-Cafés.

Während sich nach jeder Runde die Tischgruppen mischen, bleibt eine Person als Gastgeber/-in am Tisch. Aufgabe des Gastgebers oder der Gastgeberin ist es, die neuen Gäste willkommen zu heißen und kurz die wichtigsten Ideen der vorherigen Tischgruppe mitzuteilen. Die neuen Gäste bringen die Ideen und Überlegungen ihrer vorherigen Tischgruppe mit und verbinden diese mit den anderen Gästen zu neuen Ansätzen. Je nach Frage sind 2-4 Runden möglich, bis die Fragestellung erschöpfend behandelt wurde. Die Ideen und Überlegungen zu jeder Fragestellung sollten an den Tischen auf Tischplakaten (z.B. als Mindmap oder Stichwortsammlung) festgehalten werden.

Nachfolgend als Beispiel eine Diskussion zur Attraktivität von Angeboten für Jugendliche in ihrer Gemeinde oder ihrem Stadtteil:

  1. Frage: "Wo kann man bei uns in XY mehr machen als nur abhängen?

  2. Frage: "Wie möchten wir unsere Freizeit sinnvoll verbringen?"

  3. Frage: "Was läuft gut und was muss besser werden? Welche Angebote fehlen uns?"

Nach der zweiten Frage bietet es sich an, die Ergebnisse auf Blätter oder Karten zu schreiben und an einer Pinnwand zu gruppieren. Die Verbesserungsvorschläge und die Ideen für mögliche Angebote sollten so zusammengefasst werden, dass dabei eine überschaubare Auswahl an Handlungsfeldern herauskommt. Als Vorbereitung für die nächste Phase sollten die Teilnehmenden über Möglichkeiten zur Konkretisierung nachdenken.

Inhaltliche Vorbereitung / Thema erarbeiten

Durch die Fragen "Was läuft gut und was muss besser werden? Welche Angebote fehlen uns?" in der Phase der Themenfindung sollen konkrete Handlungsfelder identifiziert werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass diese nicht nur Partikularinteressen dienen, sondern Gemeinschaftsinteressen darstellen.

Danach wird das Handlungsfeld oder das kommunale Projekt näher definiert. Gleichzeitig sollen sich die Teilnehmenden des Kommunal-Cafés überlegen, welche Vor- und Nachteile die Realisierung hätte und inwiefern dadurch ihre Situation verbessert werden könnte.

Durch Abstimmung oder Gewichtung wird das Handlungsfeld ausgewählt, das vom größten Teil der Gruppe befürwortet wird. Dieses ist nun die Basis für die weiteren Phasen.

Sie haben nun folgende Möglichkeiten, das Kommunal-Café fortzuführen:

Sie können gleich mit der Auswertung der gewonnen Ideen fortfahren und ggf. daraus echte Anfragen und Anträge an die Kommunalpolitik formulieren. Oder:

Sie können zunächst mithilfe eines Planspiels die Handlungsoptionen der Akteure, Umsetzungsmöglichkeiten im jeweiligen Handlungsfeld sowie die Wirksamkeit von Argumenten simulieren. Die Vorgehensweise dazu finden Sie in der nachfolgenden Beschreibung.

Akteure und Rollen

In dieser Phase werden die für das vereinbarte Handlungsfeld infrage kommenden Akteure identifiziert und beschrieben. Ein genauer Zeitrahmen kann dafür nicht angegeben werden. Er ist abhängig davon, wie viel Sie vorgeben und wie viel die Teilnehmenden selbst beitragen. Es ist anzuraten nur die grundlegende Beschreibung der Akteursgruppen und deren typische Handlungsmotivation sowie die wesentlichen Konfliktlinien vorzugeben und die Positionen von den Teilnehmenden erarbeiten zu lassen.

Akteure können z.B. lokale Jugendinitiativen, Elternbeiräte, Sportvereine, pädagogische Einrichtungen, Träger der Jugendhilfe, kommunale Entscheidungsgremien, die Kommunalverwaltung, Interessensverbände oder – je nach Anliegen – auch Eigentümer/-innen eines Grundstücks oder eines Gebäudes sein. Entsprechend der Anzahl der Teilnehmenden muss entschieden werden, welche Akteure für eine Entscheidungsfindung erforderlich und in der nachfolgenden Verhandlungssimulation in Rollen umgesetzt werden.

Bitte beachten Sie, dass es im Regelfall nicht günstig ist, wenn einzelne Teilnehmende als Akteur ihre Position alleine vertreten müssen. Auch sollte die Anzahl der Rollen für eine Akteursgruppe deren Bedeutung oder Macht und ggf. auch die Pluralität der Meinungen innerhalb einer Akteursgruppe widerspiegeln. So sollte es z.B. nicht nur eine Vertreterin der Wirtschaft, sondern mehrere geben, da die Interessenslage der Unternehmen unter anderem von der Branche, der Unternehmens- und Eigentümerstruktur und der wirtschaftlichen Lage abhängt. Bedenken Sie auch, dass ein Akteur auch ein Stellvertreter oder Sprachrohr für eine Akteursgruppe sein kann (wie z.B. der Pastor für die Evangelische Gemeinde).

Damit die Rollen für die Simulation der Verhandlungen erstellt werden können, muss die mutmaßliche Interessenslage des jeweiligen Akteurs bzw. der Akteursgruppe herausgefunden werden. Um die Denkweise und Handlungsoptionen der Akteure besser verstehen zu können, ist es wichtig in der Rollenbeschreibung darzustellen, welche Rolle die Akteure in der kommunalen Gemeinschaft spielen und nach welchen Kriterien sie handeln bzw. handeln müssen. Dann sollte anhand der grundlegenden Interessen, der Handlungsoptionen und der Entscheidungslogik der Akteure eine Position formuliert werden. Siehe dazu auch das Kapitel zur Interner Link: Planspiel-Entwicklung sowie das Materialblatt Rollenprofil.

Die wichtigsten Informationen für die Darstellung und Argumentation innerhalb der Rolle sind folgende Punkte:

  • Wer bin ich? Zu welcher Akteurs- oder Interessengruppe gehöre ich und was ist deren Aufgabe? (z.B. Verwaltung)

  • Was sind meine Ziele und Aufgaben innerhalb der Rolle? (z.B.: Verwaltung: Wohl der Einwohner/-innen fördern, Haushaltsmittel sinnvoll einsetzen, kommunale Pflichtaufgaben erfüllen)

  • Wie ist die Entscheidungslogik meiner Rolle? (z.B.: Verwaltung: Gemeinwohlorientierung, kommunale Pflichtaufgaben vor freiwilligen Aufgaben, Gebundenheit an Rechts- und Verwaltungsvorschriften)

Szenario

Bei der Erstellung des Szenarios hängt es von Ihren zeitlichen Möglichkeiten ab, ob Sie es selbst erstellen oder mit den Teilnehmenden gemeinsam entwickeln. Der Lerneffekt ist sicher größer, wenn die Teilnehmenden mit eingebunden sind.

Das Szenario ist die Hintergrundgeschichte oder das Drehbuch für die nachfolgende Verhandlungsphase. Hier müssen der Grund und das Ziel für die nachfolgenden Verhandlungen genannt werden, wichtige bisherige Geschehnisse und Entscheidungen zusammengefasst und beschrieben werden, welches die verhandelnden Akteure und wie die Regeln für die Entscheidungsfindung sind. Beachten Sie aber, dass das Szenario rein beschreibend ist und keinerlei Wertungen enthalten darf, um das Ergebnis der Verhandlungen offen zu lassen.

Verhandlung

Die Verhandlungsphase dient dazu, die möglichen Positionen der einzelnen Akteure bzw. Interessensgruppen zu diskutieren und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dabei können auch mögliche Argumentationslinien und Strategien erprobt werden. Bei der Verhandlung innerhalb eines Planspiels spielt jeder der Teilnehmenden eine Rolle, die vorher erarbeitet wurde. Zur Durchführung eines Planspiels lesen Sie Kapitel Interner Link: Planspiel-Anpassung bzw. Merkblatt Interner Link: Durchführung der Versammlung.

Wie viel Zeit für die Versammlung einzuplanen ist, hängt zum einen von der Anzahl der Rollen und der Akteursgruppen ab, zum anderen vom Prozess der Entscheidungsfindung. Sie sollten davon ausgehen, dass jede Rolle oder Akteursgruppe ca. 3 Minuten braucht, um ihre Position und Stellungnahme darzustellen. Zusätzlich sollten Sie ausreichend Zeit für die Diskussion der Positionen einplanen. Wenn Sie Akteursgruppen haben, die mit einigen Rollen besetzt sind und es gewünscht ist, dass diese bei den Verhandlungen geschlossen auftreten, sollten vor der Konferenz Verhandlungen zur Abstimmung innerhalb der Akteursgruppen durchgeführt werden.

Wichtig ist, dass Zwischen- und Endergebnis sorgfältig dokumentiert werden, um den Entscheidungsfindungsprozess später nachvollziehen zu können.

Beschlussfassung

Am Ende der Verhandlungen steht die Beschlussfassung. Bis zu diesem Punkt ist das Ergebnis der Verhandlungen in der Regel offen. Beschlüsse und Entscheidungen werden nach demokratischen Prinzipien und entsprechend der jeweils gültigen Geschäftsordnung getroffen.

Es ist sehr wichtig, dass der Prozess der Beschlussfassung für alle transparent und nachvollziehbar ist und Regeln, die für das Zustandekommen der (demokratischen) Entscheidung gelten, realitätsnah und allen Beteiligten bekannt sind. Ferner ist es wichtig, den Beschluss und die sich daraus ergebenden Konsequenzen schriftlich festzuhalten.

Auswertung und weitere Handlungsmöglichkeiten

Bevor die Auswertung beginnen kann, verlassen die Teilnehmenden ihre Rollen. Die Auswertung dient der Reflexion der erzielten Ergebnisse, der Umsetzungsmöglichkeiten der gewonnenen Ideen sowie der Bewertung der Lernerfahrungen und Handlungsoptionen.

Mögliche Methoden zur Auswertung finden Sie Interner Link: hier. Wichtige Fragen für die Auswertung sind:

  • Wie ist das Ergebnis zustande gekommen?

  • Welche möglichen Alternativen hätte es gegeben?

  • Wie zufrieden sind die Beteiligten/Akteursgruppen mit dem zustande gekommenen Ergebnis?

  • Was waren die Gründe für das zustande gekommene Ergebnis? Welche Argumente haben sich durchgesetzt?

  • Können Ergebnisse in die Realität übertragen werden?

  • Was soll mit den gewonnenen Erkenntnissen geschehen? Soll eine echte Anfrage oder ein echter Antrag an die entsprechenden Gremien der Kommunen gestellt werden?

  • Welche Lernerfahrungen haben sich für die Teilnehmenden ergeben?

Aus den Erfahrungen des Kommunal-Cafés könnte sich das Bedürfnis der Teilnehmenden ergeben, sich tatsächlich in ihrer Kommune für die dabei entstandenen Ergebnisse einzusetzen. Möglichkeiten dafür können anhand der Auswertungsfragen diskutiert werden. Deren Umsetzung sollte aber ggf. begleitet werden.

Dokumentation

Abschließend sollte eine Prozess- und Ergebnisdokumentation erstellt werden. Dabei sollten vor allem die Abläufe, die verwendeten Fragen, die gesammelten Informationen und die Erkenntnisse aus der Auswertung aufbereitet werden. Szenario und Rollenprofile sind hinsichtlich ihrer Stimmigkeit zu überprüfen. Echte Anfragen und Anträge sind in der Dokumentation festzuhalten.

Fussnoten