Wenn Sie zusammen mit Ihren Schüler/-innen ein Planspiel schreiben wollen, ist es wichtig, dass Sie ein gut dokumentiertes Thema auswählen, bei dem verschiedenen Quellen wie Gemeinde- und Stadtratsbeschlüsse und Medienberichte vorhanden sind, mit denen Ihre Schüler/-innen arbeiten können.
Themenfindung
Ein Thema ist für die Entwicklung eines Planspiels geeignet, wenn es
zielgruppenspezifisch ist.
einen für die Zielgruppe verständlichen Komplexitätsgrad aufweist.
ausreichend Diskussionsstoff bietet.
verschiedene Interessengruppen und Akteure betrifft.
deutliche Konfliktlinien aufweist.
Vorbereitung
Inhaltliche Vorbereitung
Vor der Erstellung eines Planspiel ist es hilfreich, sich die Lernziele und Kompetenzen, die mit dem zu erstellenden Planspiel erreicht werden sollen, bewusst zu machen. Die inhaltliche Vorbereitung ist bei der Planspiel-Entwicklung anspruchsvoller als bei der Planspiel-Anpassung. Damit Sie nichts vergessen, sind die wichtigsten Punkte hier zusammengefasst:
Themenspezifische Informationen sammeln;
Ablaufplan erstellen;
Rollenprofile verfassen;
Szenario schreiben;
Hintergrundinformationen für das Planspiel auswählen;
Arbeitsblätter erstellen;
Evtl. Ereigniskarten formulieren;
Arbeitsmappe zusammenstellen.
Bei einer Planspielentwicklung gemeinsam mit den Teilnehmenden ist es notwendig, dass sich auch die Teilnehmenden intensiv mit der Thematik auseinandersetzen. Dabei sind unter anderem folgende Fragen hilfreich:
Was ist das Problem?
Welche Konfliktlinien gibt es?
Welche kommunalen und welche jugendrelevanten Interessen sind davon berührt?
Was bedeutet das Thema für die Teilnehmenden?
Weitergehende Informationen finden Sie bei den Hinweisen zur Interner Link: Leitung und Moderation von Planspielen.
Zur Erstellung eines Planspiel und der Hintergrundinformationen kommen verschiedenen Quellen in Frage. Sie können dabei auf Zeitungsberichte, kurze Fachaufsätze, (Land-, Stadt-) Karten, Schaubilder, Statistische Auswertungen, Auszüge aus Gesetzestexten, Vorschriften, Bürgerbriefe, Stellungnahmen, Gutachten etc. zurückgreifen.
Die Materialien sollten:
so kurz und prägnant wie möglich sein.
bei politischen Themen ein ausgewogenes Meinungsbild bieten.
möglichst aktuell sein.
für die Zielgruppe angemessen sein.
für die Erfüllung der Rolle ausreichende Informationen bieten.
Organisatorische Vorbereitung
Räumlichkeiten
Zur Durchführung eines Planspiel ist mindestens ein großer Raum notwendig. Die Bestuhlung sollte entsprechend realitätsnah gestaltet werden. Weitere kleinere Räume sollten für die Arbeit in den Spielgruppen vorhanden sein, damit sich die Akteure zu strategischen Gesprächen zurückziehen können. Wenn nur ein Raum zur Verfügung steht, ist es sinnvoll, die einzelnen Gruppen mittels Tischanordnung und ggf. Stellwänden voneinander anzugrenzen.
Die Räume können mit Tür- und Tischschildern, einer Stellwand für wichtige (Presse-)Mitteilungen und anderen Materialien (z.B. Tischglocke) versehen werden.
Ein kommunalpolitisches Planspiel gewinnt an nachhaltigem Erfahrungswert, wenn es an einem Ort außerhalb der Schule durchgeführt wird. Eine Durchführung im kommunalen Rathaus ist für die Teilnehmenden ein besonderes Erlebnis, welches die Dynamiken und das Identifizieren mit den Rollen des Planspiels nochmals vertiefen kann.
Spielmaterialien
Vor Spielbeginn sollten die notwendigen Materialien vorhanden und technische Ressourcen nutzbar sein. Hier finden Sie eine Checkliste, die Ihnen dabei helfen kann, Ihr Planspiel vorzubereiten. Darüber hinaus ist weitere Infrastruktur vor Ort – wie Fotokopierer und PC – hilfreich, aber nicht unerlässlich.
Ablaufplan erstellen
Der zeitliche und inhaltliche Rahmen des Planspieles sollte als Ablaufplan für alle Teilnehmenden sichtbar auf einem Flip-Chart oder der Tafel fixiert werden.
Akteure und Rollen
Jeder der Teilnehmenden übernimmt für die Dauer des Planspiels die Rolle eines Akteures. In der Regel werden in kommunalpolitischen Planspielen die politischen Akteure und Gremien (Stadt- oder Gemeindevertretung und Bürgermeister/-in) und die Arbeit der Medien durch ein Presseteam simuliert. Welche weiteren Rollenprofile erstellt werden, hängt bei der Planspiel-Entwicklung vom gewählten Thema und den kommunalen Akteuren ab.
Rollenprofile verfassen
Das Rollenprofil verdeutlicht den Teilnehmenden ihre Position im Planspiel. Es sollte:
Name, Eigenschaften und wesentliche Charakteristika der Rolle und ggf. des Gremiums/der Gruppe benennen.
Die Position der Interessensgruppe bezüglich des Vorhabens darlegen. Frage: Wie lauten die Ziele und Interessen der jeweiligen Gruppe?
Die damit verbundenen Aufgaben der betroffenen Interessensgruppe darstellen.
Strategische Hinweise für das Ausfüllen der Rolle enthalten.
Handlungsoptionen und Denkanstöße aufzeigen.
Klischees möglichst vermeiden. (Bei manchen Rollenprofilen sind Klischees durchaus passend, aber im Planspiel geht es um das Aufheben allgemein gültiger Vorurteile und Klischees).
Glaubwürdig und realistisch sein.
Ein Beispielrollenprofil finden Sie im Materialblatt zur Erstellung des Rollenprofils.
Mögliche Rollen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Stadtverwaltung
Parteien/Fraktionen
Regierungsvertretung (Landesparlament, Stadtrat, Gemeinderat)
Bürgerinitiativen
Vereine und Verbände
Träger öffentlicher Belange (Energielieferant, Kirchen, Feuerwehr, Jugendamt, Gesundheitsamt, Müllabfuhr)
Kindergärten, Schulen, Altenheime
Investor/-innen/Grundstückseigentümer/-innen
Presse/Medien
Informieren Sie sich bei Ihrer Gemeinde, wie die jeweiligen Interessengruppen in Ihrem Ort heißen!
Wenn die Teilnehmenden die Rollenprofile selbst erarbeiten und diese erarbeitete Rolle dann im Planspiel selbst spielen, entfällt das Einlesen in die Rolle. Um mit den anderen Mitgliedern ihrer Gruppe eine Strategie besprechen zu können, benötigen die Teilnehmenden jedoch das Szenario und ggf. weitere Hintergrundinformationen. Spielen diese nicht die von ihnen erstellte Rolle oder wurden die Rollen durch die Lehrkraft erstellt, muss eine Einteilung in die Gruppen und das Einlesen in die Rollen erfolgen.
InfoEinteilung der Gruppen
Für die Rollenzuweisung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine der Möglichkeiten ist das Losverfahren. Durch dieses wird verhindert, dass sich argumentationsstarke Teilnehmende zusammenschließen und sich die Vorlieben der Teilnehmenden ungleich auf einzelne Gruppen verteilen. Sollten die Leistungsunterschiede bei den Teilnehmenden sehr differieren, können Sie die Rollen auch zuweisen, um mit Sicherheit gleich starke Gruppen zu erreichen.
Einlesen in die Rollen und Strategiefindung
Nach der Einführungsphase lesen sich die Teilnehmenden in ihr Rollenprofil und die Hintergrundinformationen ein. Je nach Anlage des Planspiels erarbeiten die Teilnehmenden in ihrer Gruppe eine gemeinsame Position zur Zielerreichung. Sie überlegen hierfür eine Strategie, Handlungsalternativen und Lösungsmöglichkeiten.
Szenario erstellen
Das Szenario ist die Ausgangslage des Planspiels, sozusagen die Hintergrundgeschichte zur Einführung in die Problemlage. Diese kann fiktiv oder einer realen politischen Begebenheit entnommen sein. Auf Basis des Szenarios finden sich die Teilnehmenden in das Thema, die Situation und die Rahmenbedingungen ein.
Ein Szenario sollte:
Die Ausgangslage schildern und die Interessengruppen vorstellen. Es muss klar werden: Was ist das Problem? Was soll erreicht werden? Wo liegen mögliche Streitpunkte und Schwierigkeiten? Wer sind die Hauptprotagonist/-innen?
Die wesentlichen Konfliktlinien anführen.
Nachvollziehbar sein (logisch, stimmig, zielgruppenspezifisch).
Die Vielschichtigkeit eines jeden Problems sollte deutlich werden.
Wichtig: ein offenes Ende haben und keine Lösungen vorgeben.
Ein Materialblatt zur Szenario-Erstellung finden Sie hier.
Verhandlungsphase
Die verschiedenen Akteure führen je nach Szenario entweder Gespräche in oder zwischen Interessensgruppen bzw. Gremien oder gleich alle gemeinsam in Form einer Versammlung. In den Gesprächen findet der Versuch statt, Lösungen für die vorgegebene Problemsituation zu finden, indem nach Kompromissen gesucht wird, die für alle Beteiligten akzeptabel sind.
Es können Gespräche geführt und Koalitionen gebildet sowie Anfragen, Flugblätter, Pressemitteilungen erstellt werden. Die Gespräche können bei Bedarf durch ausgewählte Interner Link: Ereigniskarten angekurbelt bzw. in eine neue Richtung gelenkt werden. Diese werden durch die Spielleitung erstellt und bei Bedarf ins Geschehen eingebracht.
Danach bilanziert jede Gruppe für sich die bisherigen Gespräche, vor allem im Hinblick auf die Frage, welche Position die jeweilige Gruppe in der anschließenden Versammlung innehat. Bisher erzielte Verhandlungsergebnisse und Problemlösungsvorschläge werden schriftlich festgehalten und zu einer Stellungnahme ausgebaut. Zweck dieser kurzen Stellungnahmen ist es, die Gruppe zu Beginn der Versammlung vorzustellen.
Durchführung der Versammlung
Ziel der Versammlung ist es, sich in einer gemeinsamen Diskussion mit allen vorhandenen Akteuren auf eine gemeinsame Lösung bzw. auf einen Kompromiss zu einigen, mit dem möglichst alle Gruppen einverstanden sind. Hier finden Sie Hinweise zum Ablauf der Interner Link: Versammlung.
Für die Verhandlungen und Beschlussfassung sollte ausreichend Zeit eingeplant werden.
Beschlussfassung
Beschlüsse und Ergebnisse, aus denen hervorgeht, auf welche Lösung sich die Verhandlungsteilnehmer/-innen geeinigt haben, sollten für die Dokumentation schriftlich fixiert werden. Die getroffenen Beschlüsse und erzielten Ergebnisse sind ein wichtiges Element für die nachfolgende Auswertung.
ErweiterungsoptionPressekonferenz
Die Pressegruppe des Planspiels lädt Vertreter aus den verschiedenen Gruppen zu einer Pressekonferenz und/oder Talkshow ein. So kann vor der eigentlichen Auswertung eine spielerische Reflexion vorgenommen werden, in der die Einschätzungen einzelner Interessensgruppen oder Ergebnisse von Verhandlungsphasen besprochen werden. Die Pressekonferenz ersetzt nicht die ausführliche Auswertung durch die Spielleitung.
Auswertung
Bevor die Auswertung beginnen kann, verlassen die Teilnehmenden ihre Rollen.
Bei der Planspiel-Entwicklung sollten im Rahmen der Auswertung die erstellten Spielunterlagen besprochen, Schwierigkeiten und Ungereimtheiten aufgedeckt und Verbesserungsmöglichkeiten festgehalten werden.
Die Auswertung dient der Reflexion, Bewertung und Kritik des Spielverlaufs sowie der Evaluation der Spielunterlagen und sollte mit 45 bis 60 Minuten veranschlagt werden. Sie bezieht sich zum einen auf den Verlauf der Verhandlungen, zum anderen auf die inhaltliche Ebene des Spiels. In ihr werden sowohl der Spielverlauf beleuchtet als auch die Spielerfahrungen und Ergebnisse mit der realen Situation verglichen sowie die Lernziele analysiert.
Im Zuge der Auswertung sollte auf jeden Fall ein Bezug vom Planspiel zur politischen Realität hergestellt werden. Die Teilnehmenden haben die Problematik von Entscheidungsprozessen kennengelernt, die Wirkung von Verfahrensregeln und die schwierige Suche nach Kompromissen erlebt. Sie haben selbst Macht im Planspiel ausgeübt und bemerkt, dass manche Interessen sich durchsetzen konnten und manche nicht. Diese Erfahrungen sollten nun in einen realen Kontext gestellt werden, um einen Transfer der Lernerfahrungen zu ermöglichen. Es ist auch wichtig, den Bezug der gemachten Erfahrungen zur Alltagswelt der Jugendlichen herzustellen.
Mögliche Leitfragen für die Auswertung sind:
Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Wie empfanden Sie den Spielverlauf? Wie haben Sie die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gruppen wahrgenommen?
Konnten Sie die Interessen Ihrer Rollen vertreten? Deckt sich diese mit Ihrer persönlichen Auffassung?
Konnten Sie Ihre Argumente in die Diskussion einbringen?
Welches Bild von Kommunalpolitik ist durch das Planspiel entstanden? Was war realistisch, was nicht?
Wo unterscheiden sich einzelne Ergebnisse im Planspiel von Ergebnissen in der Realität?
Welche Handlungsoptionen hatten die Akteure, die so noch nicht in der Realität aufgetaucht sind?
Wie kamen Sie mit den Spielunterlagen zurecht? Waren die Informationen schlüssig? Sind Ihnen Fehler aufgefallen?
Weitere Methoden zur Auswertung finden Sie Interner Link: hier.
Dokumentation
Nach der ersten Durchführung des selbst entwickelten Planspiels sollte die Spielleitung nochmals alle Spielunterlagen unter Berücksichtigung des Feedbacks der Teilnehmenden auf Fehler und Unstimmigkeiten überprüfen. Waren die Rollenprofile nachvollziehbar, das Szenario gut spielbar, die Hintergrundmaterialien ausreichend und gut recherchiert sowie der Ablauf- und Zeitplan in Ordnung? Ist alles stimmig, sollte das Planspiel als Anleitung zum Nachspielen sorgfältig aufgehoben werden, so dass es bei nächster Gelegenheit ohne viel Aufwand wiederholt werden kann.
Für die Teilnehmenden ist ein Bericht in der Schülerzeitung, eine Wandzeitung oder eine Foto-CD eine schöne Erinnerung. Dies könnte beispielsweise die Pressegruppe gestalten.