Die Methode Planspiel stammt bekanntlich aus Militär und Wirtschaft. Sie arbeitet mit einem fiktiven, aber realistischen Umweltmodell, spielt also in (politischen, wirtschaftlichen, militärischen etc.) Institutionen, um gesellschaftliche Probleme aus der Sicht von Machtträger*innen zu lösen.
Die Spieler*innen übernehmen also in klassischen Planspielen transpersonale, funktionale, repräsentative Rollen als Politiker, Unternehmerinnen, Journalisten, Juristen, Expertinnen und teilweise sogar – wie bei internationalen Planspielen – ganze Staatengruppen. Für das Themenfeld soziale Ungleichheit würde also ein institutionelles Setting bedeuten, z.B. Verhandlungen im Ausschuss für Arbeit und Soziales oder Finanzausschuss des Bundestags bzw. eine entsprechende Lesung im Bundestag nachzuspielen.
Da die Auftraggeberin Bundeszentrale für politische Bildung ein inklusives Planspiel anvisiert, das auch Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren mit Lese- und/ oder Sprachschwierigkeiten sowie jüngere Jugendliche im Alter von 11 bis 14 Jahren – also späte Primär- und frühe Sekundarstufe I erreichen soll – begrüße ich die Grundentscheidung der Planspielentwicklerinnen, statt der institutionellen Funktionsträger*innen biografisch bestimmte soziale Rollen in den Mittelpunkt zu stellen.
Aus didaktischer Sicht handelt es sich dabei jedoch eher um die Methode Rollenspiel, die aus der Psychologie und der Soziologie stammt und im Gegensatz zum Planspiel individuelle Selbstreflexion und interaktive Gruppenprozesse abbilden und bearbeitbar machen will. Auch hier wird zwar ein fiktives, aber realistisches Umweltmodell konzipiert, das aber Alltagssituationen darstellt. Ziel ist dabei ein intrinsisches Verständnis typischer Alltagssituationen mit ihren Intra- und Inter-Rollen-Konflikten, Herstellung von Normen, Ausprobieren tragfähiger Lösungen, die ausschließlich die beteiligten Personen betreffen. Das heißt, sowohl die Probleme als auch die Lösungsbezüge sind konkreter erfassbar und entsprechen stärker der Wahrnehmung und kognitiven Entwicklung jüngerer Jugendlicher.
Nun haben wir im Team (bpb, planpolitik und ich) gemeinsam entschieden, eine Mischform zwischen Rollen- und Planspiel auszuprobieren: Ein „soziologisches Planspiel“, wie ich es dann klassifizierte, das lebensweltliche Rollen mit einem institutionellen Szenario verbindet. Eine gute Simulation, die gesellschaftliche Realität (vereinfacht) abbilden will, schaut immer erst, wo es ein angezieltes Szenario bereits in der gesellschaftlichen Wirklichkeit gibt und so entstand die Idee, die Institution des Bürgerrats als Verhandlungsort zu wählen (vgl. Externer Link: https://demokratie.buergerrat.de/).