Im Rahmen von Simulationen erhalten alle Teilnehmenden eine "Spielmappe". Diese enthält das Szenario, die individuellen Rollenprofile und Hintergrundinformationen sowie begleitendes Material – wie z.B. Vordrucke oder Resolutionsentwürfe –, die sie im Laufe der Simulation zur Kommunikation mit den anderen Akteuren ausfüllen müssen. Auch kann die Spielleitung weitere, bereits vorbereitete und ausgewählte Artikel zu den angeschnittenen Themen als zusätzliche Hintergrundinformation in die Simulation einspielen.
Wie in der politischen Realität sind auch die simulierten Verhandlungen durch einen ambivalenten Wissensstand und mögliche interpersonelle Konflikte der Teilnehmenden geprägt. Die verschiedenen Rollenprofile mit ihren Interessen und Strategien ermöglichen eine unterschiedliche Intensität an Rollenempathie für die Teilnehmenden und verschiedene Handlungen. Die Rollenbeschreibung versucht alle Facetten der mit dem Thema verbundenen kontroversen Diskussion abzudecken, enthält Vorschläge für die Verhandlungsstrategie und listet die wichtigsten Ziele auf. Die spezifischen Anweisungen initiieren sowohl Konfliktlagen als auch Verhandlungsspielräume unter den beteiligten Akteuren. Einige Rollen haben die Funktion, eine sachorientierte Debatte zu ermöglichen bzw. Brücken zwischen divergierenden und konträren Ansichten zu bauen.
Tipp
Es empfiehlt sich, die Rollen so realitätsnah wie möglichen zu "designen".
Tipp
Für eine effektive Spielhandlung ist eine ausreichende Profilbeschreibung mit einem Angebot an strategisch-taktischen Aktionsvarianten notwendig.
Simulationen haben nicht das Ziel, die Teilnehmenden für eine Seite zu instrumentalisieren. Sie sind als Methode der politischen Bildung dem Beutelsbacher Konsens verpflichtet: Was kontrovers in der Politikwissenschaft diskutiert und antizipiert wird, muss ebenfalls in der politischen Bildung kontrovers dargestellt und vermittelt werden. So ist es den Spielenden selbst überlassen, wie sie ihre Rolle "spielen" (Möglichkeit der Rollendistanz) und zu welchem Ergebnis sie letztlich durch das offene Spieldesign erlangen.
Dadurch gewinnt das Spiel an Spannung und nicht vorhersehbaren Kommunikationsprozessen: "Es kann dann im weiteren Verlauf von den Spielteilnehmern frei entschieden werden, ob sie entweder in Konkurrenz zueinander die Interessensgegensätze vertiefen und die Zielkonflikte verschärfen, oder aber, ob sie klugerweise und weitblickend Formen der Koexistenz, der Kooperation und des Interessensausgleiches zu beiderseitigem Vorteil suchen" (Geuting 2000, 17).
Die Rollen werden in der Regel freiwillig übernommen; es wird auch kein Zwang zur Übernahme einer speziellen Rolle ausgeübt. Dennoch kann es vorkommen, dass mögliche ideologische Vorbehalte oder fehlendes Wissen bei der Übernahme einer fremden Rolle überwunden werden müssen.
Die Spielregeln orientieren sich didaktisch reduziert am Ablaufschema des Entscheidungsprozesses der simulierten Akteure. Diese didaktische Reduktion führt jedoch keinesfalls zu einer gravierenden Verzerrung des politischen Entscheidungsprozesses. Denn durch die Anlage des Spielverlaufs, die Berücksichtigung aller wichtigen Akteure und die Vermittlung von normativ-inhaltlichen Aspekten über eine Vielzahl von Rollenprofilen werden die drei Dimensionen des Politikzyklus polity, policy und politics in einem hohen Maße wirklichkeitsgenau abgedeckt.
Spezielle Rolle: Mediengruppe
Eine wichtige Rolle spielt die Presse. Sie beginnt zeitgleich mit den anderen Gruppen und holt sich die ersten Informationen aus den Gruppen, verschafft sich ein Bild über die Problemlagen und führt Interviews durch. Die Journalistinnen und Journalisten schreiben ihre Artikel für die erste Zeitung, die in der Informationsecke erscheint, und veröffentlichen Presseerklärungen auf den dort platzierten Stellwänden. Falls eine Videokamera zur Verfügung steht, beginnt auch das Videoteam mit den ersten Aufnahmen für eine Reportage, die später allen Teilnehmenden gezeigt wird. Die Vertreter/-innen der Medien übernehmen eine wichtige Rolle, da sie während der Verhandlungen anwesend sind und so den Stand der jeweiligen Diskussion publik machen können. Neue Entwicklungen und Erkenntnisse in der Thematik werden über die Medien in das Spielgeschehen eingestreut.
Gruppengröße
Die Anzahl der Teilnehmenden in einer Politiksimulation hängt ab vom gewählten Politikfeld, den durchzuspielenden Strukturen und der Komplexität. Es gibt verständlicherweise keine allgemein verbindliche Teilnehmendenzahl. In der Praxis hat sich eine Mindestanzahl von 15-20 Teilnehmenden dennoch als sinnvoll erwiesen. Politiksimulationen können aber auch mit mehreren hundert Teilnehmenden gespielt werden (Großsimulationen). In der Planspieldatenbank finden sich bei den einzelnen Simulationen daher auch unterschiedliche Teilnehmendenzahlen. Eine Europa-Politiksimulation sollte in jedem Fall die drei wichtigsten Akteure abdecken: Rat, EP und Kommission. Dabei sollte die Gruppe des Ministerrates ungefähr gleich groß sein wie die Vertretung des EP. Die Kommission sollte aus mindestens zwei Personen bestehen. Je nach Größe der Gruppe können Rollen auch doppelt oder dreifach besetzt sein (siehe exemplarisch nachfolgende Tabelle für eine EU-Politiksimulation).