Der durch menschliche Aktivitäten verursachte Klimawandel verstärkt paradoxerweise einen Effekt, durch den das Leben auf der Erde erst möglich wurde. Die so genannten Treibhausgase in der Erdatmosphäre vermindern die Wärmerückstrahlung von der Erdoberfläche in das Weltall und speichern die entsprechende Energie in der Erdatmosphäre. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt, der vor allem durch den in der Atmosphäre vorhandenen Wasserdampf (vor allem Wolken) und Kohlendioxid (aus organischen Kreisläufen) herbeigeführt wird, läge die bodennahe Durchschnittstemperatur der Erde nicht bei etwa 14 °C, sondern ungefähr bei -19 °C.
Neben diesen lebensnotwendigen natürlichen Treibhauseffekt tritt jedoch seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert der menschlich verursachte (anthropogene) Treibhauseffekt. Er ist auf den rapiden Anstieg der Emissionen von Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und anderen synthetischen Gasen zurückzuführen, die sich in der Atmosphäre konzentrieren. So ist die Konzentration von CO2 in der Erdatmosphäre seit dem vorindustriellen Zeitalter von 280 ppmv (parts per million in volume, Millionstel Volumenanteile) auf aktuell 375 angestiegen, bei Methan stieg die Konzentration von 730 ppbv (parts per billion in volume, Milliardstel Volumenanteile) auf 1852 ppbv, bei Lachgas von 270 auf 319 ppbv. Andere Treibhausgase wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW, englisch: HFC) oder perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW, englisch: PFC) und Schwefelhexfluorid (SF6) kommen in der natürlichen Zusammensetzung der Erdatmosphäre nicht vor. Sie sind in ihren Konzentrationen während der letzten Jahre erheblich gestiegen [...]. Eine besondere Brisanz ergibt sich bei den synthetischen Treibhausgasen FCKW, HFKW, FKW und SF6, weil sie teilweise außerordentlich lange in der Atmosphäre verweilen (bei SF6 beispielsweise 3200 Jahre) sowie eine durchgängig sehr hohe Treibhauswirkung haben.
Weitgehend zweifelsfrei nachgewiesen ist inzwischen, dass diese Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen maßgeblich zu der im letzten Jahrhundert beobachteten Erhöhung der globalen bodennahen Durchschnittstemperatur von ca. 0,6 °C ( ± 0,2 °C) beigetragen hat. Nun hat es natürliche Schwankungen bei den Durchschnittstemperaturen innerhalb sehr langer Perioden immer gegeben (Warm- und Kaltzeiten). Besorgnis erregend ist aber nicht nur die Größenordnung des Temperaturanstieges, sondern vor allem dessen Geschwindigkeit. Niemals in den letzten 1000 Jahren ist ein derartig schneller Temperaturanstieg verzeichnet worden. Gleichzeitig ist die Konzentration des wichtigsten Treibhausgases CO2 in den letzten 20 000 Jahren niemals so schnell angestiegen. Sie verzeichnet heute Werte, die in den vergangenen hunderttausend Jahren nicht erreicht wurden.
Projektionen für die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen und Modellrechnungen für die daraus resultierenden Klimaeffekte zeigen, dass die weltweite bodennahe Durchschnittstemperatur gegen Ende des 21. Jahrhunderts im Vergleich zu 1990 um zwischen 1,4 und 5,8 °C ansteigen könnte. Diese Bandbreite der Temperaturprognosen ist nicht nur auf wissenschaftliche Unsicherheiten zurückzuführen, sondern berücksichtigt verschiedene Emissionsverläufe. Setzen sich die heute beobachteten Emissionstrends fort, so ist für das Jahr 2100 mit einer Temperaturerhöhung von circa 3 bis 3,5 °C (bei einer Unsicherheit der Modelle von etwa ±1 °C) zu rechnen. Die Folgen einer solch großen und schnellen Temperaturerhöhung können gravierend sein.
Aus: Felix Christian Matthes: Klimawandel und Klimaschutz, in: Informationen zur politischen Bildung 287/2005, S. 21.
Aufgaben:
Arbeitet anhand der Grafik und des Textes heraus:
1. Der natürliche Treibhauseffekt ist eine wichtige Lebensgrundlage für das Leben auf dem Planeten Erde. Was ist der anthropogene Treibhauseffekt, von dem man heute spricht? Warum geht von ihm eine Gefahr für das Leben auf der Erde aus?
2. Wo liegen die Ursachen für den anthropogenen Treibhauseffekt?
3. Welche Folgen ergeben sich für Ökosysteme und den Menschen?