Der Bericht der Arbeitsgruppe II des IPCC ist der zweite von insgesamt 3 Teilbänden des 4. Sachstandsberichtes (AR4). Er spiegelt den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu den Auswirkungen klimatischer Änderungen auf natürliche, bewirtschaftete und menschliche Systeme, ihrer Anpassungsfähigkeit und Verwundbarkeit wider.
Seit dem 3. Sachstandsbericht des IPCC (TAR) 2001 ist die Zahl der Studien, die beobachtete Trends in der natürlichen Umwelt in ihrer Beziehung zu regionalen Klimaänderungen untersuchten, erheblich gestiegen, ebenso die Qualität der Datenbestände und die Verfahren zur Simulation physikalischer und biologischer Prozesse. Dadurch können die Auswirkungen der beobachteten Klimaänderung umfassender und – insbesondere in regionaler Hinsicht – zuverlässiger als im TAR beurteilt werden. Der IPCC-WG II-Bericht
bestätigt, bekräftigt oder präzisiert zentrale TAR-Aussagen,
gibt den Vertragsstaaten eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe, was als "gefährliche menschliche Eingriffe" in das Klimasystem (Art. 2, Klimarahmenkonvention) anzusehen ist,
verdeutlicht die Dringlichkeit sowohl von Klimaschutz- als auch von Anpassungsmaßnahmen, um schlimmste Auswirkungen und Risiken zu verringern.
1. Klimawandel heute:Beobachtete Folgen und Verwundbarkeiten
Beobachtungsdaten von allen Kontinenten und den meisten Ozeanen zeigen, dass zahlreiche natürliche Systeme bereits auf regionale Klimaänderungen - insbesondere auf die gestiegene Temperatur – reagiert haben:
Physikalische Systeme: Die globale Eisschmelze führt zur Vergrößerung und zu mehr Gletscherseen, weshalb das Risiko für Gletscherwasserausbrüche steigt. Die Böden werden durch das Auftauen von Permafrost instabiler; das Risiko von Felsstürzen in Gebirgen steigt. Der Oberflächenabfluss, in zahlreichen Gletscher- und Schnee-gespeisten Flüssen nimmt zu, das Frühlingshochwasser erfolgt früher. Die Erwärmung von Flüssen und Seen verändert deren thermische Schichtung und die Wasserqualität.
Biologische Systeme: Frühlingsereignisse – wie beispielsweise Blattentfaltung, Vogelzug, Eiablage – treten früher ein. Die Verbreitungsgebiete von Pflanzen- und Tierarten verschieben sich global polwärts und lokal in größere Höhen. Die arktische und antarktische Flora und Fauna ändert sich, was weitreichende Störungen in der Nahrungskette verursacht.
Der anthropogene Anteil an der Erwärmung hat während der letzten 30 Jahre viele physikalische und biologische Systeme bereits spürbar beeinflusst. Mehr als 89% von über 29.000 Datensätzen verschiedener Standorte, die signifikante Änderungen dokumentieren, verändern sich in jene Richtung, die als Auswirkung der Klimaänderung erwartet wird.
Nachfolgende Beispiele gelten als Indizien, dass sich regionale Temperaturerhöhungen bereits auf bewirtschaftete und menschliche Systeme ausgewirkt haben:
Land- und Forstwirtschaft: Geänderte Bewirtschaftungsmaßnahmen in hohen Breiten der Nordhemisphäre, wie frühere Frühjahrsaussaat von Getreide sowie Veränderungen im Störungsregime von Wäldern aufgrund von Feuer und Schädlingen.
Gesundheit: Erhöhte Sterblichkeit in Europa und Asien während länger andauernder Hitzewellen, verändertes Vorkommen und sich änderndes Infektionspotential von Krankheitsüberträgern wie Stechmücken und Zecken in einigen Regionen sowie verstärkte allergene Pollenbelastung in den hohen und mittleren Breiten der Nordhemisphäre.
Menschliche Aktivitäten: In der Arktis hat sich die indigene Lebensweise verändert, wie beispielsweise die Jagd sowie der Verkehr über Schnee und Eis. In den tieferen Lagen alpiner Gebirge ist der Wintersport nachteilig beeinflusst.
2. Klimawandel in Zukunft: Absehbare Folgen und Verwundbarkeiten
Unter der Annahme, dass Klimaänderungen nicht gemildert und die Anpassungsfähigkeit durch engagierte Maßnahmen nicht gefördert werden, erwarten die Wissenschaftler für das 21. Jahrhundert , weitreichende Hauptwirkungen für verschiedene Erdsysteme und Sektoren, die für Mensch und Umwelt relevant sind. Das IPCC bewertete zum ersten Mal Klimafolgen im Zusammenhang mit der künftig erwarteten Temperaturerhöhung. Beispielsweise bewirkt eine weitere mittlere globale Temperaturerhöhung (gegenüber 1980-1999).
unter 1,5°C, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Hitzestress, Unterernährung, Durchfall-, Infektions- und anderen Erkrankungen auftreten, Schäden durch Hochwässer und Stürme sich verstärken und das Phänomen der Korallenbleiche häufiger wird.
ab 1,5 bis 3,5°C, dass in allen Bereichen mehr und mehr gravierende Folgen ausgelöst würden, wie z.B. Millionen Menschen mehr pro Jahr durch Überflutungen von Küsten gefährdet sein könnten, ein weitgehender Verlust biologischer Vielfalt, der Beginn eines unumkehrbaren Abschmelzprozesses der Eisschilde Grönlands und in der westlichen Antarktis mit einem entsprechenden Meeresspiegelanstieg.
ab mehr als 3,5°C, dass alle Systeme – physikalische, biologische und soziale – und insbesondere die menschlichen Gesellschaften überfordert wären, sich an die Wirkungen einer solchen Erwärmung, zumal diese regional wesentlich höher ausfallen würde, anzupassen. Beispielsweise würden Korallen weiträumig sowie etwa 30 % küstennaher Feuchtgebiete absterben.
Einige Systeme werden besonders betroffen sein: Ökosysteme wie Tundra, boreale Wälder, alpine und mediterrane Ökosysteme, Mangroven, Korallenriffe; flache Küstenregionen, Wasserressourcen in ariden (trockenen) Ländern mittlerer bis niedriger Breiten, Landwirtschaft in Regionen niedriger Breiten, menschliche Gesundheit. In einigen Regionen werden Auswirkungen besonders spürbar sein, z.B. in der Arktis, in Afrika - vor allem im südlichen Teil -, auf kleinen Inseln und in ausgedehnten asiatischen Mündungsgebieten wie etwa dem Ganges-Brahmaputra und dem Zhujiang.
Konkret erwarten die Wissenschaftler für einzelne klimasensitive Systeme und Sektoren folgende Auswirkungen durch den Klimawandel:
Wasser: Mit hoher Wahrscheinlichkeit