Die starke Verbreitung rechtsextremen Denkens in Deutschland wirft die Frage auf, welche Faktoren zu diesen Einstellungen beigetragen haben. Grundsätzlich gilt dabei, dass es nicht eine einzelne Erklärung gibt, sondern dass jeweils das Zusammenspiel verschiedener Faktoren zur Herausbildung rechtsextremer Einstellungen führt. Im Rahmen der Studie »Vom Rand zur Mitte« wurden einige besonders bedeutsame Einflussfaktoren ermittelt (Decker, Brähler 2006, S. 85-117). Persönlichkeitsmerkmale und Sozialisationserfahrungen spielen eine wichtige Rolle bei der Herausbildung politischer Einstellungen. Rechtsextreme Einstellungen fanden sich am stärksten bei Menschen, die eher verschlossen und misstrauisch sind und zudem insbesondere seitens des Vaters geringe emotionale Wärme und Anerkennung erfahren haben. Einen ähnlich hohen Einfluss des Erziehungsverhaltens der Mutter ergab die Studie nicht. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für rechtsextreme Einstellungen ist die mangelnde Fähigkeit, individuelle Krisensituationen konstruktiv zu bewältigen, der Fachbegriff dafür lautet niedrige Resilienz. Weiterhin ergab die Studie eine geringere Lebenszufriedenheit der Menschen mit rechtsextremen Einstellungen und ein bei ihnen verbreitetes Gefühl, politisch einflusslos zu sein (Fachbegriff: politische Deprivation). Die fünf genannten Faktoren sind bei weitem nicht die einzigen Einflussfaktoren für rechtsextreme Einstellungen und keiner kann allein erklären, warum ein Mensch rechtsextrem denkt. Aber sie geben Anhaltspunkte dafür, unter welchen Bedingungen Menschen zu rechtsextremen Einstellungen neigen und sollten daher bei der Entwicklung von Gegenstrategien berücksichtigt werden.
Aus: Dietmar Molthagen: Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland, in: Dietmar Molthagen, Andreas Klärner u.a.: Lern- und Arbeitsbuch „Gegen Rechtsextremismus“. Handeln für Demokratie. Bonn: Verlag J.H.W. Dietz 2008. S. 29/30.