Was ist ein Smartmob?
Ein Smartmob ist eine Art politischen Protests und verläuft ähnlich wie ein Flashmob, nur mit einer politischen Aussage dahinter. Während ein Flashmob überwiegend spaßorientiert ist und keine tiefgründige Absicht verfolgt (sondern nur die Gegenwart feiern möchte), ist ein „schlauer“ Smartmob in dieser Hinsicht durch das Engagement für eine ganz bestimmte Sache motiviert und birgt somit auch ein Konfliktpotential (möchte also in die Zukunft greifen).
Menschen, die sich persönlich nie vorher getroffen haben müssen, bilden und organisieren über das Internet, über Websites und Weblogs, virtuelle Interessensgemeinschaften. Durch mobile Kommunikationsgeräte ist es möglich, von überall aus und zu jeder Zeit Informationen dieser Netzwerke einzusehen oder selbst welche in ihnen zu verbreiten. Im Grunde genommen ist das wirklich Clevere an dieser Form der Partizipation also vor allen Dingen das Erkennen und die Nutzung der Neuen Medien für die Koordinierung der Rahmenbedingungen des Smartmobs, sowohl der Aktion selbst als auch der Menschen, die diese unterstützen. Innerhalb kürzester Zeit wird so eine unabhängige und nicht hierarchisch geordnete Gruppe von Personen wie eine Art Schwarm mit Hilfe unterschiedlicher Kommunikationsmittel (SMS, E-Mail etc.) für eine Aufsehen erregende Aktion mobilisiert und sammeln sich wie aus dem Nichts zeitgleich an einem Ort.
Der eigentliche Begriff wurde zwar erst später geprägt, wird aber auf Howard Rheingold zurückgeführt, der schon 1999 beobachtete wie immer mehr Menschen die Technologien, gerade das Handy, nicht mehr in ihrem ursprünglichen Sinn nur zum Telefonieren nutzen, sondern Texte eintippen. Er hatte die Vision einer Übertragung der Idee der virtuellen Gemeinschaft auf das echte Leben, d. h. mit konkretem gesellschaftlichem Einfluss.
Wie organisiert man einen Smartmob?
Bevor man sich fragt, wie der Smartmob auf die Beine gestellt werden soll, gilt es, sich darüber im Klaren zu werden, wofür oder gegen wen bzw. was überhaupt protestiert werden soll. Erst im Anschluss sollten alle weiteren Fragen wie Zeit, Ort und Schauplatz des Geschehens beantwortet werden. Ein Ort in der Öffentlichkeit, z. B. Marktplatz, bietet sich in der Regel besser an als ein Regierungsgebäude, in das man oft gar nicht so leicht reinkommen kann. Ganz bedeutend ist natürlich auch, auf welche Weise man sich die größte Aufmerksamkeitserregung erhofft. Welche Art von Aktivität ist für meine Ziele geeignet? Um einen möglichst hohen Effekt zu erzielen, sollte man sich gut überlegen, wen man mit seiner Botschaft erreichen möchte und wie man diese Zielgruppe am besten erreicht. Am besten transportiert man eine politische Botschaft, wenn man Parallelen zieht: Plant die Regierung beispielsweise Kürzungen im Bildungsbereich oder bei der Gesundheitsversorgung, subventionieren gleichzeitig aber Unternehmen oder erlassen ihnen einen gewissen Teil der Steuern, könnte man einen Smartmob in dem Unternehmen (oder in einer ihrer Filialen) veranstalten und dort zur Verdeutlichung der Problemsituation eine öffentliche Vorlesung halten. Über das Internet kann man nicht nur viele Menschen erreichen, die sich an einem solchen Smartmob beteiligen wollen, sondern auch gemeinsam beraten, welche Aktion genau man planen möchte und wer für welche Aufgaben zuständig ist. Möglich ist auch, sich auf bestimmte Accessoires, Kleidung und Bewegungen zu einigen.
Was muss bei einem Smartmob beachtet werden?
Wie auch bei anderen üblichen Demonstrationen müssen Smartmobs zwar grundsätzlich nicht genehmigt werden. Dennoch sind selbst Spontandemonstrationen, sofern sie auch kurzfristig anmeldungsfähig sind, auch anmeldepflichtig (und zwar spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der Veranstaltung bei der zuständigen Versammlungsbehörde, siehe auch §14 VersammlG)! Andernfalls kann der Leiter oder Veranstalter mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Oft unterbleibt aber eine offizielle Anmeldung, womit der Polizei - zumindest - im Vorfeld kaum eine Gefährdungseinschätzung bzw. Beurteilung der Aktion ermöglicht wird. Flashmobs sind von ihrer Form her im Grunde legal (sofern sie natürlich nicht die offizielle Ordnung in irgendeiner Weise beeinträchtigen oder jemandem oder etwas schaden), Smartmobs jedoch fallen unter das Versammlungsrecht. Sofern keine Anmeldung erfolgt, kann die Versammlung sogar aufgelöst werden. Zudem stellt sich bei dieser (meist anonym ablaufenden) Form der Mobilisierung auch der Versuch, einen verantwortlichen Initiator zu ermitteln, als besonders schwierig dar.
Beispiele
Bereits zehn Jahre vor der arabischen Rebellion leistete eine Reihe von Smartmobs einen wesentlichen Beitrag zum Sturz des philippinischen, unter Korruptionsverdacht stehenden Präsidenten Joseph Estrada im Jahr 2001: Seine Gegner verabredeten sich per weitergeleiteten SMS- und Internetbotschaften und tauchten zu Tausenden schwarz gekleidet auf öffentlichen Plätzen auf. Auch in Deutschland gab es im Jahr 2007 einen Smartmob, als gegen die Bahnprivatisierung mobilisiert wurde und sich blitzschnell Menschen an mehreren deutschen Bahnhöfen versammelten und fünf Minuten lang einen höllischen Lärm mit Alltagsutensilien wie Topfdeckeln, Kochlöffeln, Rasseln und Trommeln verursachten.
Eigener Text
Literatur:
Howard Rheingold: Smart Mobs: The Next Social Revolution, Cambridge, Massachusetts: Perseus Books Group 2002.
Björn Brückerhoff: Interview mit Howard Rheingold. Die nächste soziale Revolution?, in: Neue Gegenwart, Ausgabe 33: Infowar, 18.08.2003, Externer Link: www.neuegegenwart.de/ausgabe33/rheingold.htm (16.07.2013).
Bundesministerium der Justiz in Zusammenarbeit mit der juris GmbH (Hrsg.): Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz), 08.12.2008, Externer Link: www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/versammlg/gesamt.pdf (23.07.2013).
Maria Fiedler und Johannes F. Laubmeier: Protestkultur in Großbritannien. Die Rache des smarten Mobs, in: Süddeutsche.de, 27.03.2011, Externer Link: www.sueddeutsche.de/politik/protestkultur-in-grossbritannien-die-rache-des-smarten-mobs-1.1071673-2 (23.07.2013). Simon Hurtz: Vom Flashmob zum Smartmob: Wie ernst muss man Spaßdemos nehmen?, in: jetzt.de Süddeutsche Zeitung, 08.10.2010, Externer Link: jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/511984/Vom-Flashmob-zum-Smartmob-Wie-ernst-muss-man-Spassdemos-nehmen (23.07.2013).
Weiterführender Link:
Ein konkretes Umsetzungsbeispiel für einen Flashmob/Smartmob findet sich hier www.bpb.de/lernen/unterrichten/methodik-didaktik/web-2-0/71411/workshop-projektarbeit.