Eher gefährlich – den Fall mit Nennung des Namens diskutieren
Mitunter mag man es naheliegend finden, einen Mobbingfall in einem gemeinsamen Gespräch mit Opfer und Täter zusammen zu diskutieren, eventuell sogar noch in der Klasse.
Unbeabsichtigte Folge: Häufig werden in einem derartigen Gespräch auch die Namen genannt, zum Beispiel: "Hör auf, Simone zu schikanieren." "Claudia, du hörst auf, sonst bekommst du Ärger mit mir." Von den Schülerinnen und Schülern wird das häufig so interpretiert, als sei Mobbing ein Problem zwischen den benannten Personen. Dabei wird übersehen, dass auch andere in der Klasse ihre Rolle spielen [...]. Das "Labeln" mit Namen kann den Täter/die Täterin bestärken, weil seine/ihre soziale Macht offen dargelegt wird. Er/sie nimmt Sanktionen in Kauf, um noch mehr Ansehen und Einfluss in der Gruppe zu gewinnen.
Besser so: Gespräche und Diskussionen über Mobbing sind sinnvoll, sofern keine Personen direkt angesprochen werden. Darum sollten Lehrer stets nur über Verhaltensweisen sprechen. Wenn Schüler dennoch Namen nennen, sollten Lehrer deutlich sagen, dass es keine Rolle spielt, wer mobbt: "Es ist für mich überhaupt nicht von Bedeutung, ob Markus, Sybille oder sonst jemand schikaniert." Klar zu benennen ist das Verhalten, das unerwünscht ist. Wer auch immer ein solches Verhalten zeigt (z.B. schlagen, treten, lästern, Gerüchte verbreiten), erfährt eine Sanktion [...].
Eher gefährlich – Ermahnungen und Ratschläge für Täter und Opfer
Als Erwachsener tendiert man im pädagogischen Alltag mitunter dazu, einen gut gemeinten Rat zu geben oder zu ermahnen, zum Beispiel an das Opfer gerichtet: "Du solltest vielleicht einfach ein bisschen mehr aus dir herausgehen, dann würden deine Mitschüler auch anders auf dich eingehen!" Entsprechend auf den Täter bezogen: "Du weißt doch, dass sie so ist, lass sie doch einfach in Ruhe!"
Unbeabsichtigte Folge: Täter und Opfer werden in ihren Rollen bestärkt, das Mobbing wird aufrechterhalten.
Besser so: Auch hier gilt, die Verhaltensweise – nicht die Person – muss problematisiert werden. Bestimmte Verhaltensweisen werden in der Schule einfach nicht akzeptiert. Auch wenn sich das Opfer oder sonst immer freundliche Schüler aggressiv verhalten, werden diese Handlungen sanktioniert. Allerdings sollten Lehrkräfte mit Lob arbeiten und positives Verhalten verstärken. Generell gilt, dass es unerheblich ist, ob sich Schüler außerhalb der Schule anders verhalten. Die Regeln, die Sie als Lehrkraft aufstellen, gelten für die Zeit in Ihrer Schule, und wenn diese zu größten Teilen eingehalten werden, dann ist bereits viel gewonnen.
Eher gefährlich – Mobbing auf die Persönlichkeit des Opfers zurückführen
Mit Ratschlägen an das Opfer, wie zum Beispiel: "Du muss einfach selbstbewusster und sicherer auftreten und schlagfertiger kontern", führt man Mobbing letztlich auf die Persönlichkeit des Opfers zurück. Damit einher geht eine Schuldzuweisung, die Verantwortung für Mobbing und für dessen Beendigung wird auf das Opfer verlagert.
Unbeabsichtigte Folge: Das Opfer wird dadurch noch stärker in die für ihn/sie "unlösbare" Situation gedrängt und möglicherweise zu riskanten Handlungen verleitet, wie zum Beispiel Weglaufen, Schule schwänzen und Autoaggression. Opfer können das Mobbingproblem nicht alleine lösen. Stellen Sie sich für einen Moment kurz vor, wie es wäre, wenn sie sich tagtäglich gegen fünf Erwachsene wehren müssten.
Besser so: Machen Sie dem Opfer klar, dass das Verhalten der Täter unangemessen ist und dass jeder Opfer von Mobbing werden kann. Es ist grundlegend, dass alle Beteiligten Mobbing als erlerntes Verhalten begreifen, das von niemandem toleriert werden sollte [...].
Eher gefährlich – Opfer aus der Klasse nehmen
Hin und wieder wird das Opfer aus der Klasse genommen. Es wechselt in die Parallelklasse oder sogar in eine neue Schule.
Unbeabsichtigte Folge: Wenn das Opfer die Klasse verlässt, trägt es die Folgen. Möglicherweise verinnerlicht es dabei auch, Weglaufen sei eine Problemlösung. Der Täter wiederum kann sein Verhalten als eine effektive Strategie bestätigt sehen. Wahrscheinlich sucht er/sie ein neues Opfer.
Besser so: Vermeiden Sie den Eindruck, der Stärkere setzt sich durch. Auflösung von Mobbing sollte möglichst eine Modellfunktion für alle Schüler haben. So erhalten Schüler die Möglichkeit, sich aktiv an Problemlösungen zu beteiligen. Machen Sie deutlich, dass pro-soziales Verhalten wie freundlich sein, sich integrieren, miteinander etwas unternehmen, langfristig die bessere Strategie ist, um sozialen Status in der Schulklasse zu erlangen.
Quelle:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Achtsamkeit und Anerkennung – Materialien zur Förderung des Sozialverhaltens in den Klassen 5-9, Baustein 7: Mobbing begegnen – mit Zivilcourage, Köln: BZgA 2006, S. 94f.