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M 03.02.03 Dejan Panić: Meine Schulzeit
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Lange Zeit fokussierte sich Dejan fast ausschließlich auf den Fußball. Nach seiner Verletzung erhielt die Institution Schule jedoch eine ganz neue Bedeutung für ihn. Mit viel Fleiß und Disziplin ebnete er sich den Weg von der Hauptschule bis zur Universität.
War in der Schule deine Herkunft ein Thema?
Nicht direkt, aber nach dem Wechsel von der Grundschule auf die Realschule bin ich einmal damit konfrontiert worden, dass meine Herkunft von Bedeutung war. Meine Eltern wollten mich erst auf einer bischöflichen Realschule anmelden. Dort hat man mich allerdings abgewiesen aufgrund meiner Konfession. Ich habe damals der griechisch-orthodoxen Kirche angehört. Und die haben gesagt: „Wir sind eine katholische Schule und wir nehmen erstmal die Katholiken.“ Ich bin dann auf die städtische Realschule gegangen. Ich habe erst später realisiert, was für ein Blödsinn das ist, wonach die bei der Schulauswahl gehen.
Warst du ein guter Schüler?
In der Realschule hat das angefangen, dass ich ziemlich faul war. Ich war nicht dumm oder so, aber ich hab‘ ziemlich viel Fußball gespielt und nichts für die Schule getan. Auf die Realschule zu kommen und dann über das Abitur noch etwas zu erreichen, das habe ich erst einmal selbst in den Sand gesetzt. Aber ich war ein Kind. Ich hab noch viel nachgeholt, ich habe viel draußen mit Freunden gespielt. Ich habe mich nicht mehr fremd gefühlt.
Hat Schule bei euch zu Hause eine große Rolle gespielt?
Schon. Meine Mutter hat Chemie studiert in Serbien. Und meine Eltern haben sehr viel Wert auf die Schule gelegt Ich habe sehr viel Ärger bekommen, wenn ich zum Beispiel ein Diktat verhauen habe. Aber ich wollte lieber draußen spielen und ich hab´ nix für die Schule gemacht. Und das ging dann sogar so weit, dass ich in der achten Klasse die Realschule verlassen musste, weil ich sonst sitzen geblieben wäre. Meine Eltern dachten, dass das besser sei - die kannten sich nicht so ganz aus. Ich bin dann auf der Hauptschule geblieben. Ich habe zu der Zeit auch viel Fußball gespielt und hatte wirklich null Zeit. Ich habe bis zur U17 bei Dortmund gespielt, also bis ich dann von der Hauptschule runter bin.
Wie hast du es dann bis zum Studium geschafft?
Bei mir hat es irgendwann „Klick“ gemacht. Ich hab´ mir gedacht: Was ist, wenn es mit Fußball nicht klappt? Ich muss ja irgendwas anderes machen. Und dann habe ich angefangen, mich hinzusetzen und mehr für die Schule zu tun. Ich bin dann aufs Berufskolleg gegangen. Das ging von mir aus. Meine Eltern waren zwar sehr streng, aber das hat nix gebracht. Ich hab dann innerhalb von einem Jahr meinen Realschulabschluss nachgemacht, dann kam das Fachabitur. Das kam dann parallel zum Fußball dazu. Der Fußball hat mir in der Schule sehr weitergeholfen, hat meinen Charakter gebildet, was die Disziplin angeht. Irgendwann habe ich dann angefangen zu reflektieren: Darüber, was meinen Eltern passiert ist, wie die zu Hause ackern und machen. Ich habe verstanden, welche Möglichkeiten ich in Deutschland habe und dass ich zuvor schulisch viel Mist gebaut habe. Ich habe gemerkt, dass ich was tun muss. Ich habe damals auch mit meinen Cousins in Serbien gechattet. Ich habe gemerkt, wie schwierig es die hatten, dort was zu reißen. Selbst wenn man da studiert, bekommt man damit nicht viel geschenkt. Ich habe erkannt, was für eine tolle Möglichkeit ich hier habe und dass ich echt mal reinhauen musste. Nach dem Fachabitur habe ich dann eine kaufmännische Ausbildung gemacht, dann noch Abitur und jetzt Studium. Ich habe quasi alle Schulformen durchlaufen, plus Ausbildung.
Würdest du zusammenfassend sagen, dass deine Schulzeit gut verlaufen ist?
Ja. Ich habe verschiedenste Freunde gefunden, aus den verschiedensten Ländern. Manchmal hatte ich aber auch Probleme mit Lehrern, die mich aufgrund meiner Herkunft diskriminiert haben. Im Spanischunterricht hat ein Lehrer mal gefragt, wie viele Ausländer in der Klasse seien. Dann mussten wir aufzeigen und er hat zu jedem einen Witz gerissen. Ein anderes Mal wollte mich ein Lehrer ohrfeigen. Es ging um griechische Geschichte, und ich habe den Lehrer wegen irgendeiner Sache berichtigen wollen. Ich habe gesagt: „Die Griechen haben das und das ja schon da und da gemacht.“ Und das fand er nicht so toll, obwohl ich Recht hatte. Er hat dann gesagt: „Wir Germanen haben das damals aber so und so geregelt.“ Das war schon komisch, aber erst habe ich das gar nicht so wahrgenommen, dieses „wir Germanen“.
Hast du in der Schule das Gefühl gehabt, dass du dich mehr anstrengen musstest als deine Mitschüler?
Ja. Schon, bis heute muss ich mehr tun. Gerade in Deutsch, Aufsätze schreiben. Das war nicht einfach für mich. Aber es ist nicht so, dass Lehrer aufgrund meiner Herkunft je mehr von mir gefordert hätten als von den anderen Schülern. Das nicht. Institutionelle Diskriminierung habe ich eher in Einzelfällen erlebt. Dennoch habe ich gemerkt, dass man oft über die Zuschreibung von nationalen Stereotypen charakterisiert wird. Ich habe aber auch positive Erfahrungen gemacht. In der Berufsschule, während der Ausbildung, habe ich einmal zu meinem Lehrer gesagt: „Ach, Lehrer müsste man sein!“, weil ich schon gemerkt hatte, dass ich den Leuten gerne was beibringe. Und der hat dann zu mir gesagt: „Dann werde doch Lehrer.“ Dann hab ich gesagt: „Wie soll ich das denn machen, ich brauch dazu doch Abi!“ Und mein Lehrer hat geantwortet: „Dann mach doch Abi!“ Das war der Moment, wo ich mir dachte: Warum nicht? Mach ich. Es hat „Klick“ gemacht. Abitur und Studium waren anfangs ganz fern und plötzlich zum Greifen nah.
Quelle: Interview mit Dejan Panić* vom 18.03.2016, durchgeführt von Lisa Schenkel (*Name von der Redaktion geändert)
Aufgaben:
Erschließe anhand des Interviews, welche Rolle die Schule in Dejans Sozialisation gespielt hat.
Beschreibe das Verhältnis der Sozialisationsinstanzen Schule und Fußball bei Dejan.
Stelle dar, wie die Schule die Berufsfindung Dejans beeinflusst hat. Beziehe dich dabei auch auf das Video zum Thema Sozialisation (
Interner Link: M 02.03 ).Analysiere, welche Faktoren und Ereignisse dazu geführt haben, dass Dejan seine Einstellung zur Schule geändert hat. Verwende dabei soziologische Begriffe wie Peergroup, Bezugsperson, Selbstkonzept und Entwicklungsaufgaben.
Das Arbeitsmaterial Interner Link: M 03.02.03 Dejan: Meine Schulzeit ist als PDF-Dokument abrufbar.
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