Lernziele
Inhaltlich
Die Schülerinnen und Schüler...
erarbeiten und erklären Grundzüge der Wahlverhaltenstheorien und erkennen die Widersprüchlichkeit am Beispiel des Wahlparadoxes
arbeiten den Effekt der Mobilisierung von Wahlberechtigten heraus und können die gelernten Inhalte auf konkrete Beispiele anwenden
bearbeiten konkrete Wahlversprechen der deutschen Bundesregierung und lernen passend dazu die Theorie des party response models
bilden ein Spontanurteil zu Beginn und ein politisches Urteil zum Ende des Bausteins zum Thema „Warum wählen?“
Methodisch
Die Schülerinnen und Schüler...
erschließen Wissen aus verschiedenen Medien wie Experteninterviews, Grafiken, Karikaturen, Podcasts, wissenschaftlichen Texten und Videos
werden sich ihrer eigenen Einstellung über das Thema mithilfe von unterschiedlichen Methoden wie dem Entscheidungsspiel und der Diskussion im Klassenverband bewusst
diskutieren ihre Ergebnisse
stellen selbst erarbeitete Sachverhalte korrekt und verständlich mithilfe ausgewählter Präsentationsformen dar
Planungshinweise und didaktische Idee des Bausteins
Einstieg
Zum Einstieg in den Baustein wird, um einen einfachen Zugang zum Thema zu schaffen, der Wahlchat eingesetzt, in dem sich zwei Jugendliche über das Wählen gehen unterhalten. (
Die Schülerinnen und Schüler sollen durch die Bearbeitung der Arbeitsaufträge erkennen, dass die beiden Jugendlichen unterschiedliche Meinungen zum Thema Wahl haben. Dazu arbeiten sie die jeweiligen Argumente heraus, wie z. B., dass die Wahlteilnahme keinen persönlichen Nutzen hervorbringe und die einzelne Stimme nicht zähle, sowie, dass die Politikerinnen und Politiker die Wahlversprechen nicht einhielten. Dagegen sprechen die Argumente, dass die einzelne Stimme zähle, Wählen gehen Teil der Demokratie und somit wichtig sei.
Nachdem sich die Schülerinnen und Schüler über die beiden Positionen bewusst geworden sind, sollen sie in einer kreativen Aufgabe in Partnerarbeit den Chatverlauf weiterführen. Dabei sollen sie weitere Argumente anbringen, die ihnen sinnvoll erscheinen, zur Wahl oder nicht zur Wahl zu gehen. An dieser Stelle können sie bereits ihre eigene Meinung zum Thema einbringen. Im Anschluss fragt die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler, welcher Konflikt durch den Chat repräsentiert wird. Dies soll zur Leitfrage des Bausteins führen, warum man eigentlich wählen geht. Daraufhin sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert explizit Spontanurteile zu fällen, welche mit Gedankenblasen (Ich würde wählen gehen, weil…/ Ich würde nicht wählen gehen, weil…) im Klassenraum aufgehängt werden sollen, um am Ende des Bausteins auf diese zurückgreifen zu können.
Stimmen zur Wahlabsicht
Als Überleitung zu den Wahlverhaltenstheorien hören die Schülerinnen und Schüler einen Podcast (alternativ als Arbeitsblatt) mit unterschiedlichen Stimmen zum Thema Wahlbeteiligung. (
Wahlverhaltenstheorien
Im Anschluss an die spielerische Herangehensweise an unterschiedliche Wahlverhaltenstheorien folgt die Erarbeitungsphase dazu: Die Klasse wird in zwei Gruppen eingeteilt, eine Gruppe bearbeitet das Material
Die Schülerinnen und Schüler können bei der Bearbeitung kleinere Arbeitsgruppen bilden, Einzelarbeit ist aber ebenso möglich. Die Gruppe der Rational Choice erarbeitet mit dem ersten Arbeitsauftrag die Grundzüge der Theorie: Sie nennen u.a. die Aspekte, dass die Theorie auf Anthony Downs zurückzuführen ist, dass rationale Wählerinnen und Wähler ihre Entscheidung rational und nicht emotional treffen und damit persönliche Vorzüge berücksichtigen. Weiter kommt zum Ausdruck, dass bei Entscheidungen der größte Nutzen mit den meisten Vorteilen im Vordergrund steht. Das heißt also auch, dass bei einem zu geringen Nutzen, beispielsweise bei der Wahl, abgewägt wird, ob sich eine Teilnahme generell lohnt. Die zweite Gruppe zum sozial eingebetteten Verhalten hingegen findet heraus, dass es eine internalisierte Norm, die Wahlnorm, gibt. Diese basiert auf emotionaler Basis und ist eng mit einer Moral verbunden. Abhängig ist diese internalisierte Norm von der Integration in die Gesellschaft und von der Art der Gesellschaft, die einen umgibt. Wenn wählen gehen normal ist, dann ist es das für die Person ebenso; ist wählen gehen aber unwichtig im Umkreis, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man selber auch nicht zur Wahl geht. Solche Ergebnisse sollen die Schülerinnen und Schüler in einer Tabelle festhalten.
Die zweite Aufgabe - in Form einer Zuordnung der Stimmen zur Wahl zu der jeweiligen Theorie - dient als Überprüfung des Verständnisses (Rational Choice: Anna, Anton, Tobias; Sozial eingebettetes Wahlverhalten: Klara, Josefine, Luc). Im Anschluss findet die Präsentation statt: In Vertretung der jeweiligen Gruppen stellen Schülerinnen und Schüler der anderen Gruppe ihre Theorie im Plenum vor. Ergänzungen von den jeweiligen Gruppenmitgliedern können dann noch übernommen werden (Anschrift an Tafel oder Dokumentenkamera). Ziel ist es, dass nach der Präsentation beide Gruppen eine vollständige Tabelle haben und alle fähig sind, die Theorien zu bewerten und zu diskutieren. Dabei können Argumente fallen wie z.B., dass eine Mischung aus beiden Theorien eher der Fall ist als ein vollkommen rationaler bzw. sozialer Wähler oder dass soziales, bzw. rationales Wahlverhalten häufiger vorkommt etc. Optimal wäre auch eine Kritik an der Theorie der Rational Choice, in der herauskommt, dass es eigentlich nicht rational ist, überhaupt wählen zu gehen, wenn der persönliche Nutzen derart gering ist. Sollten die Schülerinnen und Schüler diese Kritik nicht üben, wird der Widerspruch im folgenden Material explizit thematisiert.
Das Wahlparadox
Es ist wahrscheinlicher vor der Wahl als mit der Wahl unter die Räder zu kommen. (© Heinrich Schwarze-Blanke/hsb-cartoon)
Es ist wahrscheinlicher vor der Wahl als mit der Wahl unter die Räder zu kommen. (© Heinrich Schwarze-Blanke/hsb-cartoon)
Die Wichtigkeit des Wahlparadoxes in diesem Baustein wird mit einem eigenen Material in Form einer Karikatur herausgestellt (
Mobilisierung von Wahlberechtigten
Das zweite Thema des Bausteins beschäftigt sich mit der Mobilisierung von Wahlberechtigten. Dazu wird als Einstieg ein Video eingesetzt (
Anschließend erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Text zum Feldexperiment im Zuge der Wahl in Amerika. In Einzelarbeit erarbeiten die Schülerinnen und Schüler den Ablauf des Feldexperimentes (Vergleich von zwei Gruppen hinsichtlich der Wahlbeteiligung, Experimentalgruppe wird mobilisiert, Kontrollgruppe nicht, anschließende Analyse). Im Rückblick auf das Video sollen die Schülerinnen und Schüler im Unterrichtsgespräch herausstellen, dass dieses Video ähnlich zu der Mobilisierung in Amerika ist, und überlegen, wie die Prominenten versucht haben, sie persönlich zu mobilisieren und wie das konkret auf die Klasse gewirkt hat. Im Anschluss daran sollen die genannten Fragen im Text in der Klasse diskutiert werden, damit die Schülerinnen und Schüler eine differenzierte Meinung zur Mobilisierung von Wahlberechtigten bilden können.
Zur Anwendung der zuvor erlernten Theorien und der Thematik der Mobilisierung von Wahlberechtigten sollen die Schülerinnen und Schüler den Theorien fünf verschiedene Flyer zuordnen. Die Zuordnung kann diskutiert werden (1, 2, 5: rational choice; 1, 3, 4: sozial eingebettetes Verhalten). Ebenso sollen in Aufgabe 2 auch die erstellten Flyer diskutiert werden, zusätzlich zu der Frage, ob „Vote or Die!“ eine fragwürdige Mobilisierung für die Schülerinnen und Schüler darstellt. Dabei können Argumente genannt werden, wie die ethische Bedenklichkeit und die Grenzüberschreitung, oder auch, ob es eine sinnvolle Provokation darstellt, solche Flyer zu gestalten. Als kreative Aufgabe können in der Klasse eigene Flyer entworfen werden, die sich an den gelernten Inhalten orientieren.
Exkurs: Schülerinnen und Schüler als Wahlaufruferinnen und -aufrufer
Es besteht die Möglichkeit einer Durchführung des Experiments mit den erstellten Flyern, sofern es gewünscht und zeitlich machbar ist. Eine Beschreibung findet sich im Material
Party response model
Das dritte Thema des Bausteins kreist um das party response model. Als Einstieg wird hier erneut der Chat von zwei Jugendlichen über die Wahl (
Ergänzend kann eine Grafik auf Grundlage von Daten der Forschungsgruppe Wahlen aus dem Politbarometer Juni II 2013 (
Die Lehrkraft leitet dann dazu über, dass in der folgenden Gruppenarbeit konkrete Wahlversprechen der CDU/CSU und SPD - also der aktuellen Regierungskoalition - zu verschiedenen Themen (Jugend und Familie, Bildung und Ausbildung, Gesundheit, Arbeit und Soziales, Zuwanderung und Integration, Umwelt/Verkehr/Energie/Verbraucherschutz) gruppenweise behandelt werden. Um eine kurze Einordnung des Themas Wahlversprechen bei den Schülerinnen und Schülern zu erleichtern, ist der Gruppenarbeit ein Informationstext zur Einführung vorgeschaltet. Je nach Bedarf kann den Schülerinnen und Schülern noch
Zur Ergebnissicherung sollen die Schülerinnen und Schüler ein Plakat erstellen, auf dem die Wahlversprechen jeweils kurz erläutert werden und die gefundenen Informationen präsentiert werden. Mit diesen Plakaten findet im Anschluss an die Erarbeitungsphase ein Museumsgang statt (Methode Museumsgang ). Nach der Präsentation wird im Klassenverband über die gebrochenen und eingehaltenen Wahlversprechen diskutiert und nach Gründen dafür gesucht, warum beispielsweise manche Wahlversprechen schwieriger einzuhalten sind als andere.
Um das Thema theoretisch zu untermauern, wird ein Text zum party response model (
Experteninterview mit Dr. Simon Franzmann (© Cornelius Knab/Forschen mit GrafStat)
Experteninterview mit Dr. Simon Franzmann (© Cornelius Knab/Forschen mit GrafStat)
Vertieft wird diese recht komplexe Thematik in einem Experteninterview mit Dr. Simon Franzmann von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (
Den Schülerinnen und Schülern soll damit abschließend deutlich werden, dass es nicht so einfach ist, die gemachten Versprechen einzuhalten und Deutschland trotz einiger gebrochener Wahlversprechen ein, im Sinne des party response models, zuverlässiges Land im Repräsentationsprozess ist.
Als Abschluss werden die zu Beginn verfassten Gedankenblasen aufgegriffen (Ich würde wählen gehen, weil…/Ich würde nicht wählen gehen, weil…). Die Schülerinnen und Schüler betrachten die gemachten Spontanurteile und schreiben nun erneut ihre Urteile, jetzt die politischen Urteile auf. Die alten und neuen Gedankenblasen werden miteinander verglichen und es findet eine Enddiskussion statt, warum man denn eigentlich wählen geht oder nicht.
Der Verlaufsplan ist hier als Interner Link: PDF-Datei abrufbar.