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M 03.02 EU-Organe
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Wer macht was? Hier werden die Akteure, Aufgabenbereiche und Befugnisse von vier EU-Organen in übersichtlichen Texten geschildert.
Das Europäische Parlament ist das einzige Organ der EU, das von allen wahlberechtigten EU-Bürgerinnen und Bürgern alle fünf Jahre direkt gewählt wird. Bei der Wahl am 9. Juni 2024 dürfen in Deutschland erstmals schon Menschen ab 16 Jahren wählen. EU-weit dürfen die 27 Mitgliedsstaaten unterschiedlich viele Abgeordnete stellen: Die Anzahl an Abgeordneten ist abhängig von der Größe der Bevölkerung eines Mitgliedsstaates. Deutschland hat beispielsweise als bevölkerungsreichstes Land der EU 96 Abgeordnete (Stand März 2024). Kleine Länder dürfen im Vergleich zu den größeren mehr Abgeordnete im Verhältnis zu ihrer Bevölkerung entsenden, damit ihre Interessen im Parlament nicht untergehen. Sie haben mindestens 6 Abgeordnete, selbst dann, wenn ihnen in Bezug auf ihre Bevölkerung eigentlich weniger zustehen würden. Die Stimmengleichheit ist bei der EP-Wahl also nicht gewährleistet. Insgesamt gibt es derzeit 705 Abgeordnete, die sich im Parlament nicht nach Nationalität, sondern nach der Parteizugehörigkeit untergliedern. In der kommenden Wahlperiode 2024-2029 soll die Abgeordnetenzahl von 705 auf 720 steigen. Grund dafür sind Änderungen in der Bevölkerung einzelner Mitgliedsstaaten. Das Parlament tagt im Wechsel in Straßburg oder Brüssel.
Die Abgeordneten können gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union Gesetze verabschieden (etwa in den Themenkomplexen wirtschaftliche Ordnungspolitik, Einwanderung, Energie, Verkehr, Umweltschutz, oder Verbraucherschutz) und über den Haushaltsplan der EU entscheiden. Auch müssen sie zu vielen Entscheidungen ihre Zustimmung geben, zum Beispiel, wenn über die Aufnahme eines neuen Mitgliedsstaates entschieden werden soll. Des Weiteren kontrolliert das Parlament die Tätigkeiten der Europäischen Kommission und wählt auch deren Präsidenten oder deren Präsidentin. Allerdings ist dieses Verfahren in der Vergangenheit nicht immer so abgelaufen wie eigentlich vorgesehen. So wurde beispielsweise Ursula von der Leyen gewählt, obwohl sie während der Europawahl nicht als Spitzenkandidatin angetreten war. Neben diesen verschiedenen Funktionen bearbeitet das Parlament auch Petitionen, die von allen EU-Bürgerinnen und Bürgern eingereicht werden können.
Die Rolle des EU-Parlaments ist immer auch schon Gegenstand von Kritik in der Politikwissenschaftlichen Forschung (siehe auch: Demokratiedefizit in M1.05). So hat das Parlament beispielsweise im Gegensatz zu nationalen Parlamenten kein echtes Initiativerecht für Gesetzesvorhaben (es kann allerdings die Kommission auffordern, einen Vorschlag zu unterbreiten). Das bedeutet auch, dass die Parteien, die bei der Europawahl antreten nur schwerlich Wahlversprechen abgeben können, da das Parlament diese eben auch bei bestehenden Mehrheiten nicht umsetzen kann, weil eben keine Regierung aus der Parlamentsmehrheit gebildet wird. Das schwächt den demokratischen Charakter der EU teilweise und führt dazu, dass die Europawahl von vielen Wählerinnen und Wählern bisher häufig als nicht so wichtig erachtet wird. Gleichzeitig muss aber auch erwähnt werden, dass die Befugnisse des Parlaments über die Jahre immer weiter gewachsen sind. So ist mittlerweile in immer mehr Politikbereichen die Zustimmung des Parlaments erforderlich. Bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 stieg dann auch die Wahlbeteiligung wieder deutlich (auf über 50 Prozent) nachdem sie lange Zeit immer weiter abgesunken war. Zudem sollte die EU eben auch nicht als ein Äquivalent zu Nationalstaaten betrachtet (auch als „staatsanaloger Fehlschluss“ bezeichnet) und nur daran gemessen werden. Die EU ist eben ein ganz neues politisches Gebilde, welches trotz Defiziten ganz entscheidend zum Frieden auf dem Kontinent beigetragen und das Leben der Europäerinnen und Europäer in vielen Bereichen verbessert hat. Trotz aller Kritik lohnt es sich also von seinem Wahlrecht auch bei der Europawahl Gebrauch zu machen - was 2024 in Deutschland schon ab 16 Jahren möglich ist!
Die Europäische Kommission besteht aus 26 Kommissarinnen und Kommissaren, der Präsidentin der Kommission, momentan (Stand März 2024) Ursula von der Leyen. Die Kommissionspräsidentin hat, ähnlich wie etwa der deutsche Bundeskanzler, die Richtlinienkompetenz, kann also bis zu einem gewissen Grad die großen politischen Leitlinien der Kommission bestimmen. So hat etwa Ursula von der Leyen nach ihrer Amtsübernahme eine „geopolitische Kommission“ ausgerufen, die Europas Rolle in der Welt und die strategische Autonomie der Europäischen Union stärken soll. Die übrigen 26 Kommissare werden durch die Mitgliedsstaaten der EU gestellt und alle fünf Jahre von den jeweiligen nationalen Regierungen vorgeschlagen. Das Europäische Parlament muss zu diesen Vorschlägen seine Zustimmung geben, ehe ein Kommissionsmitglied ernannt werden kann. Jedes Kommissionsmitglied trägt die Verantwortung für einen bestimmten politischen Aufgabenbereich. Diese Bereiche heißen Generaldirektionen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedenen Generaldirektionen erledigen die laufenden Arbeiten der Kommission. Eigentlich sieht Art. 17 Abs. 5 des Vertrags der Europäischen Union vor, dass die Kommission nur aus einer Anzahl von Mitgliedern, die zwei Dritteln der Mitgliedstaaten entspricht, bestehen soll. Man erhofft sich dadurch eine effizientere Entscheidungsfindung. Zum Vergleich, nationale Regierungen bestehen ja meist auch nicht aus 27 Ministerien. Allerdings haben die Mitgliedstaaten (im Europäischen Rat) diese Reduzierung der Kommissionsmitglieder bisher abgelehnt – auch weil kein Mitgliedsstaat auf die Repräsentation durch einen eigenen Kommissar oder Kommissarin verzichten möchte.
Die Kommission hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Beschlüsse des Rats der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments überall in der EU umgesetzt werden. Deswegen wird sie auch als die „Hüterin der Verträge“ bezeichnet. Falls ein Mitgliedsstaat ein EU-Gesetz nicht befolgt, kann sie diesen Staat abmahnen oder sogar Strafen verhängen. Darüber hinaus hat die Kommission als einziges EU-Organ das Recht, dem Europäischen Parlament oder dem Rat der Europäischen Union neue Gesetze vorzuschlagen (Initiativrecht). Die EU-Kommission wird daher manchmal auch als das europäische Äquivalent zur Exekutive bzw. einer Regierung bezeichnet, womit die Präsidentin der Kommission dann so etwas wie die Regierungschefin darstellen würde. In Teilen ergibt diese Analogie auch Sinn, da die Kommission Aufgaben übernimmt, die in Nationalstaaten oft der Regierung vorbehalten sind, wie z.B. Gesetze vorschlagen, den Haushalt verwalten oder die EU auf internationaler Ebene vertreten. Allerdings lässt sich das Staatsverständnis eines Nationalstaats nicht eins zu eins auf die EU übertragen. Die EU ist vielmehr ein komplexes Mehrebenensystem mit sowohl intergouvernementalen (die Mitgliedsstaaten behalten einen Großteil der Kontrolle und müssen die Entscheidungen umsetzen) und supranationalen (von den Mitgliedsstaaten unabhängigen) Komponenten. Dies spiegelt sich auch in der Kommission wider, die eben nicht so unabhängig wie die Regierung eines Nationalstaats agieren kann, sondern auch von den Entscheidungen der anderen EU-Organe (etwa Rat der europäischen Union und Europäischer Rat) abhängig ist.
Der Rat der Europäischen Union wird oft auch EU-Ministerrat genannt, da er sich aus allen Fachminister/innen der EU zusammensetzt. Die Fachministerinnen und -minster tagen in unterschiedlichen Zusammensetzungen zu bestimmten politischen Themen, sodass sich beispielsweise die Agrar- oder Finanzminister/innen der Mitgliedsstaaten jeweils zu Ratssitzungen zusammenfinden. Es gibt also keine festen Mitglieder, die an allen Sitzungen teilnehmen. Der Ratsvorsitz wechselt alle sechs Monate und wird von je einem der Mitgliedsstaaten übernommen. Die Sitzungen sind öffentlich.
Der Rat der Europäischen Union hat die Befugnis, Gesetze zu verabschieden und zu ändern. Teilweise benötigt er dafür die Zustimmung des Europäischen Parlaments, mit dem er auch den Haushaltsplan der EU genehmigt. Darüber hinaus ist der Rat der Europäischen Union dafür zuständig, die Außenpolitik und die Sicherheitspolitik der EU zu entwickeln und Abkommen zwischen der EU und anderen Staaten zu schließen.
Der Europäische Rat wird aus den Staats- und Regierungschefs aller 27 Mitgliedsstaaten und den beiden Präsidenten oder Präsidentinnen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments gebildet. Für gewöhnlich trifft sich der Europäische Rat vier Mal im Jahr zu so genannten Gipfeltreffen. Der Präsident oder die Präsidentin des Europäischen Rates wird für zweieinhalb Jahre gewählt. Er oder sie ist im Rat selbst nicht stimmberechtigt, moderiert aber dessen Sitzungen und vertritt die EU nach außen gegenüber anderen Regierungschefs. Der Präsident oder die Präsidentin darf kein nationales Amt ausüben.
Obwohl er keine Gesetze verabschieden kann, legt der Europäische Rat die politischen Ziele der EU fest. Das bedeutet, dass er für die jeweils aktuellen politischen Themenbereiche wie beispielsweise innere Sicherheit, internationale Beziehungen oder Migration die Richtung vorgibt. Zusätzlich zu dieser Aufgabe trifft der Rat auch konkrete Entscheidungen. So schlägt er zum Beispiel die Kandidaten und Kandidatinnen für die Stelle des Präsidenten der Europäischen Kommission vor, der dann vom Europäischen Parlament gewählt wird. Eigentlich soll der Europäische Rat bei diesem Vorschlag das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen und beispielsweise die Spitzenkandidatin oder den Spitzenkandidaten der stärksten Fraktion nominieren. Nach der Europawahl 2019 wäre dies Manfred Weber von der Europäischen Volkspartei gewesen. Allerdings entschied sich der Europäische Rat gegen Weber und schlug Ursula von der Leyen vor, die dann schließlich auch vom Parlament gewählt wurde.
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Dr. Franziskus von Lucke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen.
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