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M 03.02 Eine eigene Befragung zum Nationalsozialismus durchführen | 8. Mai 1945 - erinnern heute | bpb.de

8. Mai 1945 - erinnern heute Einstieg (B1) M 01.04 Geschichtsvergessenheit und Geschichtsversessenheit revisited M 01.05 Die Rückkehr der Opfererinnerung M 01.06 Wider die Skandalisierung M 01.07 Geschichtsfernsehen M 01.08 "Erinnerungskultur ist nicht nur Camouflage" M 01.09 Karikatur: Geschichte zum Einsturz bringen Einstellungen zur NS-Zeit (B2) M 02.01 Methode: Vorbereitung und Durchführung der Entscheidungsübung M 02.03 Auswertungsbogen zur Entscheidungsübung M 02.08 Empirische Untersuchungen zum Geschichtsbewusstsein Auswertung der Daten (B4) M 04.01 Sechs-Punkte-Schema zur Auswertung von Umfragedaten M 04.02 Beispielhypothesen zur Analyse der Befragungsdaten Präsentation (B5) M 05.01 Beispiel einer Dokumentation der Befragungsergebnisse Projektevaluation (B6) M 06.01 Methode: Stummes Schreibgespräch Links und Literatur Links für den Unterricht Angebote in den Medien Sachinfos Literatur Redaktion

M 03.02 Eine eigene Befragung zum Nationalsozialismus durchführen

/ 7 Minuten zu lesen

Heute gibt es kaum noch Tageszeitungen, Magazine oder Fernsehsendungen, die ohne aktuelle Befragungen zu Einstellungen und Meinungen der Bürger/innen zur Politik auskommen, die mit großem Zeit- und Kostenaufwand produziert werden. In der Regel stammen diese präsentierten Statistiken aus Bürger/innen-Befragungen, die von professionellen demoskopischen Instituten (Befragungsinstitute, wie z.B. Forsa, Emnid, Euro-barometer, etc.) erstellt worden sind.

Mithilfe solcher Statistiken lassen sich wichtige Erkenntnisse gewinnen. Solche Untersuchungen können Jugendliche durchaus auch selbstständig im Unterricht durchführen, wenn sie sich dabei an jene Regeln halten, die für wissenschaftliche Befragungen erstellt wurden. So könne Schule und Jugendbildung durchaus ein zuverlässiges Meinungsbild der Bürger/innen in der eigenen Stadt liefern. Aufgrund des hohen Aufwandes (Zeit, Know-How, Anzahl der Mitarbeiter, Kosten, etc.) werden Befragungen in den meisten Städten und Gemeinden nur relativ selten durchgeführt. Aber gerade weil solche Befragungen so selten sind, besteht in der Öffentlichkeit, bei den Bürger/innen der Stadt, bei Politikern, bei politisch Interessierten, bei den lokalen Zeitungen etc. ein enorm großes Interesse an den solchen exklusiven Ergebnissen der Jugendlichen!

Von besonderer Bedeutung und öffentlichem Interesse sind immer wieder Untersuchungen zur nationalsozialistischen Vergangenheit.

"Das zugleich historisch Einmalige und bleibend Beunruhigende des Holocaust und des Dritten Reichs ist, dass unser Land mit seinem kulturellen Erbe, auf seinem zivilisatorischen Stand zu derartigen Furchtbarkeiten fähig war. Es fordert zu der vergleichenden Frage heraus: Wenn damals das Eis so dünn war – wie sicher ist das Eis, auf dem wir heute leben? Was schützt uns vor dem Einbrechen? ... Ist das Eis mit der Zeit dicker geworden, oder hat uns der Ablauf der Zeit nur vergessen lassen, wie dünn es ist?" [Bernhard Schlink, Auf dem Eis, in: SPIEGEL spezial, Nr. 1 2001]

Insbesondere das Interesse an Einstellungen und Meinungen von Jugendlichen zur Politik begründet die Sozialwissenschaftlerin Ursula Hoffmann-Lange:

"In Deutschland ist es üblich, stets voller Besorgnis die aktuellen Trends in den politischen Orientierungen der Jugend zu verfolgen, um daraus Schlüsse auf die Zukunft der deutschen Demokratie abzuleiten". [Ursula Hoffmann-Lange: Trends in der politischen Kultur Deutschlands, in: Gegenwartskunde, Heft 3, 1999, S. 365]

"Anlässlich eines immer wieder in Erscheinung tretenden Rechtsextremismus und Neonazismus stehen vor allem Schule und Unterricht, zunehmend auch die Gedenkstät-ten unter dem Erwartungsdruck, dass sie durch entsprechende Vermittlung von Kenntnissen über den Nationalsozialismus ... demokratiefeindliche Einstellungen und Verhaltensweisen ins Gegenteil verkehren könnten. ...Über die Auswirkungen der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus auf das historische und politische Bewusstsein ... liegen jedoch vergleichsweise nur sehr wenige empirische Untersuchungen vor. Wir wissen kaum Verlässliches über die Entstehung und Veränderung historisch-politischer Einstellungen."

Mit dieser Hilfestellung werden wichtige Hinweise zur erfolgreichen Durchführung einer eigenen Befragung gegeben, so dass bei Einhaltung des wissenschaftlichen Vorgehens gesicherte Ergebnisse produziert werden, die auch deshalb von der Öffentlichkeit nachgefragt werden!

I. VORBEREITUNG

Welche Fragen soll der Fragebogen enthalten?


Ein Verfahren, dass in der wissenschaftlichen Praxis üblich ist, sollte auch in Ihrem Projekt Anwendung finden: als Orientierungshilfe dienen Befragungen, die bereits von anderen Wissenschaftlern zum Thema durchgeführt wurden. Da der Umfang des Fragebogens aus Praktikabilitätsgründen auf zwei DIN-A 4-Seiten beschränkt werden sollte, wird es erfahrungsgemäß notwendig sein, auf einige Befragungsgesichtspunkte zu verzichten. Damit die Antwortdaten der Befragung quantitativ zusammengefasst und später dann entsprechend ausgewertet werden können, ist die sprachliche Fassung des Fragebogens innerhalb bestimmter Grenzen festgelegt – der Fragebogen muss für eine computergestützte Analyse standardisierte Antwortmöglichkeiten enthalten, die drei Arten von Fragen zulassen, nämlich die Auswahlfrage, die Skalenfrage und die Maßzahlfrage (vgl. Beispielfragebogen).

Beispiel für eine Skalenfrage:

Frage: Inwiefern stimmen Sie persönlich folgender Aussage zu oder lehnen sie ab? Verwenden Sie die Skala von 1 = volle Zustimmung bis 5 = volle Ablehnung. Diskussionen über das Dritte Reich sind not-wendig, weil wir aus der Vergangenheit ler-nen müssen!

Antwort:

• 1 Volle Zustimmung
• 2
• 3
• 4
• 5 volle Ablehnung

Wie erreichen wir einen repräsentativen Querschnitt?


Sie müssen entscheiden, wer den Fragebogen ausfüllen soll! Grundsätzlich unterscheidet man eine Totalerhebung und eine repräsenta-tive Umfrage. Wenn Sie zum Beispiel eine Befragung der Bürger/innen der eigenen Stadt erreichen wollen, dann müssen angesichts begrenzter Befragungskapazität, aus der Grundgesamtheit der Bürger/innen zwischen ein repräsentativer Personenkreis herausgefiltert werden. Der Umfang der Stichprobe richtet sich nach der zugrundeliegenden Gesamtheit. Folgende Zahlen geben einen ungefähren Richtwert für die Ermittlung der Stichprobengröße: ca. 30 zu Befragende bei einer Gesamt von 300, etwa 70 bei 1.000, etwa 400 bei 10.000.

Wie erfährt die örtliche Bevölkerung von unserem Vorhaben?


Die Bereitschaft der Bürger/innen in der Stadt zur Teilnahme an der Befragung kann erhöht werden, wenn in der Öffentlichkeit mit einer kurzen Pressemitteilung in den Lokal-zeitungen vorher über das Vorhaben infor-miert wird.

II. DURCHFÜHRUNG

Wie führen wir eine Telefon-Befragung durch?


Eine Telefonbefragung stellt wohl die effektivste Erhebungsmethode für repräsentative Befragungen dar. Für eine Telefonbefragung müssen zufällig(!) ausgewählte Telefonnummern angerufen werden. Dabei gilt: Die Stichprobe ist nur zuverlässig, wenn das Zufallsprinzip berücksichtigt wurde, d.h. dass jeder(!) Jugendliche zwischen 15 bis 24 Jahren die Chance haben muss, in die Stichprobe zu gelangen. Das einfachste Verfahren ist die Auswahl per Telefon-CD-ROM. Anschließend wird für jeden Interviewer eine Auswahlliste mit diesen Telefonnummern bereitgestellt, damit mithilfe des Fragebogens die Interviews geführt werden können.

Wie erstellen wir einen Datensatz?


Es wird notwendig sein, sich zunächst in die Handhabung der Software GrafStat (ein pro-fessionelles aber zugleich überaus leicht handhabbares Auswertungsprogramm) einzuarbeiten, bevor mit der Eingabe und Auswertung der Daten begonnen wird - nennenswerte Schwierigkeiten sind nicht zu erwarten. Zur Erfassung der Daten werden am besten Gruppen zu je zwei Mitgliedern gebildet, die im Wechsel die Umfragedaten vorlesen und die Eingabetastatur bedienen. Die Dateneingabe kann aber auch in Heimarbeit geschehen. Anschließend werden die auf den Disketten gespeicherten Daten der einzelnen Arbeitsgruppen zu einer Gesamtdatenbank zusammengefügt.

Welches Ergebnis ist aufgrund der erhobenen Daten erzielt worden?


Nun muß die Datenqualität überprüft werden - sind die Befragten nach Alter und Geschlecht einigermaßen repräsentativ für den Durchschnitt der Bürger/innen vor Ort? Zu diesem Vergleich müssen entsprechende Daten beim Amt für Bevölkerungsstatistik der Stadt besorgt werden.
Müssen die Daten nun noch gewichtet werden, um ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erzielen?

Die Untersuchung der Datenqualität wird voraussichtlich ergeben, dass Disproportionen feststellbar sind. Mithilfe des Gewichtungsfunktion wird die Stichprobe entsprechend den eingegebenen Vergleichswerten um die Fälle zufällig reduziert, die überrepräsentiert sind. Beispiel: Wenn der Anteil der männlichen Befragten in dem erhobenen Datensatz höher als in der amtlichen Statistik angegeben ist, dann werden mit dem Gewichtungsverfahren aus dem Datensatz entsprechend viele "männliche Fälle" entfernt, bis das Verhältnis der männlichen und weiblichen Befragten in dem Datensatz mit der amtlichen Statistik übereinstimmt.

III. AUSWERTUNG

Zu welchen Ergebnissen führt eine Analyse der Befragung?


Nach welchen Gesichtspunkten können Einstellungen und Meinungen der Bürger/innen näher analysiert werden? Welche Daten müssen zu diesem Zweck in Beziehung gesetzt werden? In dieser Auswertungsphase kommt es darauf an, dass zunächst Hypothesen exakt formuliert werden, um sie anschließend mithilfe des Datensatzes zu überprüfen.

Beispiel für eine Hypothese: Bürger/innen, die sich sehr stark oder stark für Politik interessieren sehen im Ende des Zweiten Weltkrieges eher eine Befreiung als Bürger/innen, die sich wenig oder überhaupt nicht für Politik interessieren!

Die Überprüfung der Hypothesen sollte stets schriftlich ausgearbeitet werden - damit erhalten Sie eine Grundlage für die Präsentation der Auswertungsergebnisse (z.B. in einer Ausstellung).

IV. PRÄSENTATION DER ERGEBNISSE

Wie erfährt die heimische Bevölkerung und die Öffentlichkeit von dem Ergebnis unserer Befragung?


Für die Information der Bevölkerung über die Befragung ergeben sich vielfältige Möglichkeiten. Nach der bereits in der Lokalpresse erfolgten Ankündigung des Projekts bietet es sich jetzt natürlich an, der interessierten Öffentlichkeit in einer selbstverfassten Pressemitteilung die Ergebnisse zu präsentieren. Des weiteren gibt es in bestimmten Regionen zudem die Gelegenheit, die Öffentlichkeit durch den Lokalfunk (Bürgerradio) zu informieren.

Angesichts des öffentlichen Interesses erscheint es äußerst sinnvoll, die wichtigsten Ergebnisse der Erhebung in einer Ausstellung zu dokumentieren. Dabei sind gleichfalls einige knappe Hinweise über Inhalt und Verlauf des Projektes angebracht; auch die Homepage der Schule, die Schülerzeitung, etc. können genutzt werden Zu diesem Zweck haben Sie die Aufgaben, eine kurze Einführung in die Fragestellung und Zielsetzung des Projektes zu verfassen, einzelne Unterrichtsgegenstände und Ergebnisse zu beschreiben sowie erläuternde Kommentare zu den ausgewerteten Tabellen zu formulieren und illustrierende Materialien zusammenzustellen.

Die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse - sei es durch einen Pressebericht oder im Rahmen einer Ausstellung - bietet die wichtige Gelegenheit zur Selbstdarstellung nach außen und die Chance eines willkommenen Feedbacks, z.B. bei Politikern.

Arbeitsauftrag


Stellen Sie in einer Tabelle die wichtigsten Aspekte zur Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Präsentation der Ergebnisse einer Befragung zusammen!

Vorbereitung

 

 

 

 

Durchführung

 

 

 

 

Auswertung

 

 

 

 

Präsentation

 

 

 

 

Fussnoten