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Baustein 2: Welche Einstellungen und Meinungen haben wir zum Nationalsozialismus? | 8. Mai 1945 - erinnern heute | bpb.de

8. Mai 1945 - erinnern heute Einstieg (B1) M 01.04 Geschichtsvergessenheit und Geschichtsversessenheit revisited M 01.05 Die Rückkehr der Opfererinnerung M 01.06 Wider die Skandalisierung M 01.07 Geschichtsfernsehen M 01.08 "Erinnerungskultur ist nicht nur Camouflage" M 01.09 Karikatur: Geschichte zum Einsturz bringen Einstellungen zur NS-Zeit (B2) M 02.01 Methode: Vorbereitung und Durchführung der Entscheidungsübung M 02.03 Auswertungsbogen zur Entscheidungsübung M 02.08 Empirische Untersuchungen zum Geschichtsbewusstsein Auswertung der Daten (B4) M 04.01 Sechs-Punkte-Schema zur Auswertung von Umfragedaten M 04.02 Beispielhypothesen zur Analyse der Befragungsdaten Präsentation (B5) M 05.01 Beispiel einer Dokumentation der Befragungsergebnisse Projektevaluation (B6) M 06.01 Methode: Stummes Schreibgespräch Links und Literatur Links für den Unterricht Angebote in den Medien Sachinfos Literatur Redaktion

Baustein 2: Welche Einstellungen und Meinungen haben wir zum Nationalsozialismus?

/ 7 Minuten zu lesen

Die in der Lerngruppe (Diskussion) und in der Bevölkerung (Analyse von repräsentativen Befragungen) vorhandenen Einstellungen und Meinungen zum Nationalsozialismus werden zur Vorbereitung der eigenen Befragung vor Ort bewusst gemacht.

Die HJ hebt 1945 Verteidigungsgräben in der Nähe von Warendorf aus. (© Stadtarchiv Warendorf; aus: Ruth Goebel/Markus Köster: 1945 - Fotografien aus Westfalen, Münster 2005)

Ziel dieses Bausteins ist es, dass die Lernenden

a) sich ihrer Einstellungen und Meinungen zum Nationalsozialismus bewusst werden, indem sie diese Einstellungen in der Lerngruppe mitteilen, reflektieren und diskutieren;

b) Einstellungen und Meinungen zum Nationalsozialismus der Bundesbürger/innen kennen lernen, indem sie Ergebnisse einer repräsentativen Befragung analysieren.

Im Verlauf dieser Sequenz werden die Schüler und Schülerinnen mit den Ergebnissen einer repräsentativen Befragung zu Einstellungen und Meinungen zum Nationalsozialismus und zum Zweiten Weltkrieg konfrontiert, die im Auftrag des SPIEGEL von Emnid im Jahre 2001 durchgeführt wurde. Die Analyse dieser Daten kann auch für Ihr eigenes Befragungsprojekt von Relevanz sein, weil Ihnen methodische und inhaltliche Orientierung für die Erweiterung oder Bearbeitung des eigenen Fragebogens gegeben wird; der Rückgriff auf die SPIEGEL-Daten kann schließlich auch Vergleichsmöglichkeiten zu den Auswertungsergebnissen der eigenen Befragung bieten. Diese sind nur dann gegeben, wenn die im eigenen Fragebogen verwendeten Items identisch sind. (Vgl. Interner Link: Beispielfragebogen in Baustein 3)

Bevor die Lernenden jedoch die Ergebnisse der SPIEGEL-Befragung analysieren, sollen diese in der Einstiegsphase selbst ihre Einstellungen und Meinungen zu ausgewählten Aspekten des Nationalsozialismus im Rahmen einer Entscheidungsübung in der Lerngruppe äußern, erläutern und vertreten (Methode Entscheidungsübung). Die Aussagen, zu denen die Lernenden Stellung beziehen sollen, sind der bereits erwähnten SPIEGEL-Befragung entnommen worden, um so einen späteren Vergleich zwischen Einstellungen der Lerngruppe und der repräsentativen Befragung zu ermöglichen. Wenn Sie einen Vergleich zu den Ergebnissen der repräsentativen Befragung nicht in Erwägung ziehen, können Sie die Thesen sprachlich und inhaltlich an die Lerngruppe anpassen.

Entscheidungsübung


Ziel dieser Entscheidungsübung (Interner Link: M 02.01) ist es, dass sich die Lernenden bereits zu Beginn des Projektes ihrer Einstellungen und Meinungen zum Untersuchungsgegenstand bewusst werden. Des Weiteren sollen sie individuelle Entscheidungen treffen, um sich argumentativ mit anderen über ausgewählte Thesen auseinanderzusetzen. An dieser Stelle sollen noch keine gemeinsamen Positionen oder Kompromisse erreicht werden, vielmehr geht es darum, die unterschiedlichen Positionen (im wahrsten Sinne des Wortes) innerhalb der Lerngruppe deutlich und transparent zu machen. Damit machen die Schülerinnen und Schüler bereits eine erste wichtige Erfahrung: Die Gruppe hat nicht etwa ausschließlich ähnliche oder gar gleiche Einstellungen zu historisch-politischen Themen und zur Bewertung der Vergangenheit; selbst innerhalb der Gruppe der Jugendlichen differieren die Ansichten sehr stark.

Die Entscheidungsübung erfüllt ihren Zweck erst, wenn in der anschließenden Reflexionsphase die gemachten Erfahrungen ausgewertet werden. Um eine angemessene Reflexion vorzunehmen, sollte für die Durchführung der Übung mindestens eine Unterrichtsstunde zur Verfügung stehen. Auch bei einer einstündigen Durchführung empfiehlt es sich, nicht möglichst viele Thesen zur NS-Zeit (die inhaltlich an die Lerngruppe angepasst werden sollten) "abzuarbeiten". Wichtig ist vielmehr, dass ausreichend Zeit für die Diskussion kontroverser Anschauungen bleibt. Ein wichtiger Hinweis: in der Reflexionsphase sollte bereits erörtert werden, was eine gute Argumentation von einer weniger gelungenen Argumentation unterscheidet. (Unter Umständen wird hier das Bedürfnis von Seiten der Lernenden geäußert, auf Diskussionen über Faschismus, Rechtsextremismus und Nationalsozialismus im Alltag besser vorbereitet zu werden – diesen Wunsch sollten Sie aufgreifen, indem Sie etwa ein Argumentationstraining mit den Jugendlichen durchführen (vgl. Hufer: Argumentationstraining gegen rechts)

Es empfiehlt sich, dass eine Schülerin oder ein Schüler die Diskussion als Protokollant verfolgt und mit Hilfe des Auswertungsbogens (Interner Link: M 02.03) Auffälligkeiten notiert (Gruppenkonstellationen, Länge der Diskussion, Intensität der Diskussion, etc.) und als Folie gegen Ende der Stunde präsentiert.

Darauf aufbauend wird in der anschließenden Phase ein Perspektivwechsel vorgenommen. Nun geht es darum, welche Einstellungen und Meinungen von den Bürgerinnen und Bürgern vertreten werden. Dazu wird die Lerngruppe mit den Ergebnissen der repräsentativen SPIEGEL-Befragung konfrontiert. Die Schülerinnen und Schüler analysieren die Befragungsergebnisse in Arbeitsgruppen. Anschließend werden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt, um zu erläutern und zu diskutieren, inwiefern hier problematische (z. B. demokratiefeindliche) Tendenzen erkennbar sind. Die Meinungen und Einstellungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges und des Nationalsozialismus in der eigenen Lerngruppe sollten dann mit den Ergebnissen der repräsentativen Befragung verglichen werden. Dieser Vergleich bietet u.U. Anlässe für Diskussionen hinsichtlich der Frage, welche Faktoren die Einstellungen beeinflussen (Welche Unterschiede gibt es im Auszählungsergebnis der eigenen Antworten im Vergleich zu der repräsentativen Befragung? Welche Gründe mag es dafür geben?). Die Lehrperson sollte auf die Auswirkungen und auf mögliche Folgen für die Demokratie fokussieren - falls dies von Seite der Lernenden nicht selbst erfolgt (indem auch Bezüge zu den bereits erarbeiteten Texten hergestellt werden).

Zur genaueren Beantwortung der Frage, wie sich dies wohl vor Ort, im lokalen Umfeld der Jugendlichen selbst darstellt, bietet sich hier die Durchführung einer aktuellen Umfrage z.B. in der Lerngruppe, in der Schule, im Stadtteil oder in der Stadt an; ein Vorschlag, der möglichst von Schülerseite initiiert und getragen werden sollte. Es gibt aber sicher auch zahlreiche Anknüpfungspunkte, um den Vorschlag von Lehrerseite einzubringen. Aufgrund bislang gemachter Erfahrungen mit Befragungsprojekten kann man davon ausgehen, dass die Anregung eines demoskopischen Forschungsprojektes bei den Jugendlichen auf eine große Zustimmung stoßen wird, vor allem, wenn die Perspektive der Veröffentlichung der Ergebnisse in der lokalen Zeitung, der Schule oder im Radio eröffnet wird.

Analyse wissenschaftlicher Daten


Die Analyse des statistischen Materials der SPIEGEL-Befragung (M 02.04 ff.) hat für die Lerngruppe einen zentralen Stellenwert: Sie bereitet die Schülerinnen und Schüler methodisch auf die Auswertung der eigenen Befragung vor.

Die Intentionen erstrecken sich somit zum einen darauf, dass die Jugendlichen typische Meinungen und Einstellungen kennen. Zum anderen werden die methodischen Zielsetzungen verfolgt, den Lernenden Grundbegriffe und Kategorien der empirischen Sozialforschung verfügbar zu machen, die sie für die eigene Befragung benötigen werden. Schließlich sollen die Lernenden die spezifischen Einstellungen und Meinungen der Bürger und Bürgerinnen erarbeiten und sich dabei kritisch mit den Problemstellungen auseinander setzen, beispielsweise inwieweit die Bürger und Bürgerinnen bereit sind, sich mit dem Nationalsozialismus kritisch auseinanderzusetzen.

Für den erfolgreichen weiteren Verlauf der Reihe erscheint es wichtig, dass der Lerngruppe die Bedeutung der Meinungen und Einstellungen der Bürger zum Nationalsozialismus bekannt ist. Als Ergänzung zu den statistischen Materialien sollten Hintergrundinformationen zur Bedeutung der erhobenen Daten hinzugezogen werden (Interner Link: M 02.08), so dass eine Interpretation der Ergebnisse von der Lerngruppe leichter vorgenommen werden kann.

Als Sozialform ist ein Vorgehen in arbeitsteiliger Gruppenarbeit vorgesehen. Unter Umständen (z.B. Zeitknappheit) sollte die Lehrperson das Materialangebot als Materialpool nutzen und für die Lerngruppe die benötigten Materialien gezielt auswählen.

Mit der Analyse der Einstellungen und Meinungen der Bürgerinnen und Bürger aber auch die in der eigenen Lerngruppe selbst, haben die Schülerinnen und Schüler eine Grundlage für tiefer gehende Analysen gelegt. Mit der Durchführung der eigenen Befragung sollen nun weiter gehende Zusammenhänge in den Blick genommen werden. Dies ist mit den bereitgestellten Materialien nur ansatzweise möglich.

Über die Aktivierung des Vorwissens und dem Vergleich des eigenen Meinungsbildes mit den bundesweiten Ergebnissen sollte die Lerngruppe durchaus in der Lage sein, nach Zusammenhängen zu fragen. Kategorien der historischen Bildung wie "Bedeutung von Geschichte für Gegenwart und Zukunft", "Grad/Umfang des historischen Wissens" oder "Bildung", aber auch sozialstatistische Kategorien wie beispielsweise "Alter" und "Geschlecht" in die Analyse einzubeziehen.

Formulierung eigener Hypothesen


Letztendlich sollte die Lerngruppe hier Hypothesen bezüglich der Einstellungen und Meinungen zum Nationalsozialismus formulieren, die dann mit Hilfe der eigenen Befragung für die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt überprüft werden können (vgl. Hypothesenorientierte Datenauswertung). Empfehlenswert erscheint an dieser Stelle, die Hypothesen, die im Verlauf der Reihe noch weiter ausdifferenziert werden können, schriftlich zu fixieren (am besten auf einer Folie), um sie zum Zweck der Auswertung der eigenen Daten leichter verfügbar zu machen.

Angesichts des möglichen Aufeinandertreffens gegensätzlicher Schülermeinungen wird der Lerngruppe zudem die grundlegende Einsicht vermittelt, dass eine sozialwissenschaftlich fundierte Urteilsbildung über strittige Sachfragen in bestimmten Fällen sinnvollerweise auch empirische Befunde berücksichtigen sollte.

Mögliche Analysefragen und -aspekte

(vgl. auch M 02.0x):

  • Nach welchen Gesichtspunkten können Einstellungen und Meinungen der Bürgerinnen und Bürger näher analysiert werden?

  • Welche Daten müssen zu diesem Zweck in Beziehung gesetzt werden?

  • Erstellung und Analyse von Kreuztabellen zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen Geschlecht, Alter, Beruf bzw. Bildungsgrad und Geschichtsbewusstsein bzw. Einstellung zum Nationalsozialismus

  • Welche Einstellungen der Befragten zum Nationalsozialismus lassen sich bestimmen?

  • ...

Die bislang geleistete Arbeit befähigt die Schülerinnen und Schüler in der Regel, auf einen entsprechenden Impuls hin angeben zu können, welche Fragen in dem Fragebogen berücksichtigt werden müssen, um die gewünschten Untersuchungen durchführen zu können (siehe Baustein 3: "Vorbereitung des Fragebogens").

Aufgabe der Lerngruppe ist es in einem weiteren Erarbeitungsschritt, nun inhaltliche Untersuchungsaspekte und Fragen zu nennen, die im Zusammenhang mit der Bürgerbefragung zu klären sind. Die Motivation der Lernenden wird höher sein, sich mit Themen und Aspekten des Nationalsozialismus zu beschäftigen, wenn dies im Kontext eines Verwertungszusammenhanges, wie etwa die erfolgreiche Durchführung des Unterrichtsprojektes, geschehen kann.

Methodisch erweist sich an dieser Stelle eine Kartenabfrage als überaus sinnvoll. Ziel dieses Vorgehens ist es, Themen zu eruieren, an denen die Jugendlichen besonders großes Interesse zeigen oder Themen herauszufiltern, die bereits in anderen unterrichtlichen Zusammenhängen intensiv bearbeitet wurden. Die noch ungeordnete Stoffsammlung kann nach dem Clustern mit gezielten Impulsen und evtl. mit ergänzenden Hinweisen strukturiert werden, indem die Einzelaspekte (Karten) nach sachlichen und methodischen Gesichtspunkten zu Themenblöcken zusammengefasst werden. Der strukturierte Themenkatalog stellt eine Auswahl möglicher Inhalte und Fragen dar, von der die weitere Unterrichtsplanung ausgehen sollte.

Fussnoten

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