Durch Kinder steigen die Ausgaben der Haushalte und gleichzeitig können die Einnahmen durch zeitintensive Betreuung sinken. Entsprechend steigt sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland das Armutsrisiko mit steigender Kinderzahl. Neben den Haushalten mit vielen Kindern, haben Familienhaushalte mit lediglich einem Erwachsenen bzw. Haushalte von Alleinerziehenden ein erhöhtes Risiko, von Armut betroffen zu sein.
Fakten
Kinder können das Armutsrisiko erhöhen, da Kinder einerseits den Bedarf und damit die Ausgaben der Haushalte unmittelbar steigern, andererseits die Betreuungsaufgaben einen Ausgleich durch Mehrarbeit erschweren oder sogar zu einer Reduzierung der Erwerbstätigkeit führen. Sowohl der Bedarf der Haushalte als auch die Betreuungsaufgaben nehmen mit steigender Kinderzahl zu.
Im Jahr 2019 waren in Deutschland 15,9 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Nach Angaben des Mikrozensus war in allen Jahren von 2005 bis 2019 die Armutsgefährdungsquote der 18- bis unter 25-Jährigen am höchsten – 2019 war gut ein Viertel dieser Altersgruppe armutsgefährdet (25,8 Prozent). An zweiter Stelle standen – ebenfalls im gesamten Zeitraum – die unter 18-Jährigen (2019: 20,5 Prozent). Um die Armutsgefährdungsquoten zu bestimmen, werden die gewichteten Haushaltsnettoeinkommen betrachtet. Der Schwellenwert für Armutsgefährdung in Deutschland lag zum Beispiel bei Alleinerziehenden mit einem Kind unter 14 Jahren im Jahr 2019 bei 1.396 Euro. Zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren armutsgefährdet, wenn sie zusammen und nach Einbeziehung staatlicher Transferleistungen ein Einkommen von weniger als 2.256 Euro pro Monat zur Verfügung hatten.
Auf Basis des mittleren Einkommens auf Bundesebene (Bundesmedian) lag die Armutsgefährdungsquote von Haushalten mit zwei Erwachsenen und einem Kind unter 18 Jahren im Jahr 2019 in Westdeutschland bei 8,7 Prozent und in Ostdeutschland bei 9,5 Prozent. Bei zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 18 Jahren steigt die Quote auf 10,6 Prozent in West- und auf 12,9 Prozent in Ostdeutschland. In den Haushalten mit zwei Erwachsenen und drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren war sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland fast jede dritte Person armutsgefährdet (30,5 bzw. 32,9 Prozent). Die Armutsgefährdungsquote der Haushalte, in denen lediglich ein Erwachsener mit Kind(ern) lebt, ist nochmals höher. In Westdeutschland lag die entsprechende Quote im Jahr 2019 bei 42,2 Prozent, in Ostdeutschland bei 44,0 Prozent.
Wenn West- und Ostdeutschland für sich betrachtet werden, die Berechnung der Armutsgefährdungsquoten also auf dem jeweiligen Durchschnittseinkommen in West- bzw. Ostdeutschland basiert (regionaler Median), dann liegen die Armutsgefährdungsquoten für alle hier betrachteten Haushaltstypen in Ostdeutschland nicht mehr über denen in Westdeutschland, sondern darunter: Die Armutsgefährdungsquote von Haushalten mit zwei Erwachsenen und einem Kind unter 18 Jahren lag im Jahr 2019 in Ostdeutschland bei 6,9 Prozent und in Westdeutschland bei 9,4 Prozent. Bei zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 18 Jahren steigt die Quote in Ostdeutschland zwar auf 9,1 Prozent, sie liegt damit aber immer noch klar unter der Quote in Westdeutschland mit 11,5 Prozent. In den Haushalten mit zwei Erwachsenen und drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren war in Ostdeutschland gut jede vierte Person armutsgefährdet (26,2 Prozent), in Westdeutschland war es fast jede dritte (32,4 Prozent). Schließlich ist bei dieser Berechnungsvariante auch die Armutsgefährdungsquote der Haushalte, in denen lediglich ein Erwachsener mit Kind(ern) lebt, in Ostdeutschland deutlich niedriger als in Westdeutschland (2019: 33,9 gegenüber 44,6 Prozent).
Festzuhalten bleibt, dass unabhängig davon, auf welcher Basis das mittlere Einkommen ermittelt wird, sowohl in West- als auch in Ostdeutschland gilt, dass sich die Armutsgefährdung mit steigender Kinderzahl erhöht. Dies gilt – wie frühere Untersuchungen zeigen – auch für die Haushalte von Alleinerziehenden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) weist in diesem Zusammenhang allerdings auch darauf hin, dass für viele Kinder und Jugendliche, die in Alleinerziehendenhaushalten leben, Armut einen vorübergehenden Charakter hat – insbesondere weil sie häufig zu einem späteren Zeitpunkt wieder in einem Paarhaushalt leben. Ältere Zeitreihenanalysen zeigen, dass es während eines dreijährigen Betrachtungszeitraums gut zwei von drei Kindern in diesen Haushalten gelang, den Bereich der relativen Armut zu verlassen. Der beste Schutz vor Armut bleibt laut BMFSFJ die Erwerbstätigkeit beider Elternteile. Eine zentrale Voraussetzung für die Erwerbstätigkeit beider Elternteile ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und für Väter.
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Zu den Kindern zählen Personen im Alter von unter 18 Jahren ohne Lebenspartner/-in und eigene Kinder im Haushalt.
Die Armutsgefährdungsquote gibt an, wie hoch der Anteil der armutsgefährdeten Personen an einer Gesamtgruppe ist. Als armutsgefährdet gelten Personen, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt. Bei der Einkommensberechnung werden sowohl die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen als auch die Einspareffekte berücksichtigt, die durch das Zusammenleben entstehen. Die Einkommen werden also gewichtet.
Um das mittlere Einkommen zu berechnen, wird der Median (Zentralwert) verwendet. Dabei werden hier alle Personen ihrem gewichteten Einkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen Person, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat ein höheres, die andere ein niedrigeres gewichtetes Einkommen. 60 Prozent dieses Medianwertes stellen die Armutsgefährdungsgrenze dar.
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