In Deutschland sind die Einkommen ungleich verteilt. Die einkommensstärksten 10 Prozent der Bevölkerung hatten 2016 einen Anteil von 23,3 Prozent am Gesamteinkommen. Der Anteil war damit höher als der Anteil der unteren vier Zehntel zusammen (21,7 Prozent). Die einkommensschwächsten 10 Prozent der Bevölkerung verfügten lediglich über 3,2 Prozent des Gesamteinkommens. Insgesamt haben sich zwischen 1991 und 2016 die Realeinkommen der einkommensstarken Gruppen stärker erhöht als die Einkommen der einkommensschwachen. Das verfügbare Durchschnittseinkommen des obersten Zehntels ist dabei mit Abstand am stärksten gestiegen. Und nur bei einem Zehntel ist das Einkommen zwischen 1991 und 2016 gesunken: Dem einkommensschwächsten Zehntel.
Fakten
Nach Angaben des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) hatte im Jahr 2016 das Zehntel der Bevölkerung mit den niedrigsten Einkommen (1. Dezil) einen Anteil von lediglich 3,2 Prozent am Gesamteinkommen. Bei den 10 Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen (10. Dezil) lag der entsprechende Wert bei 23,3 Prozent – der Anteil war damit höher als der Anteil der unteren vier Zehntel zusammen (1. bis 4. Dezil: 21,7 Prozent).
1991 lag der Einkommensanteil des obersten Zehntels noch bei 20,5 Prozent. Während das oberste Zehntel seinen Anteil am Gesamteinkommen bis 2016 deutlich vergrößern konnte (plus 14,1 Prozent), ist insbesondere bei den vier einkommensschwächsten Dezilen der Einkommensanteil im Zweijahresvergleich 1991/2016 gesunken. Dabei gilt: Je niedriger das Einkommen des jeweiligen Dezils 1991 war, desto stärker sank der Einkommensanteil in den Folgejahren. Zum Beispiel hatte das Dezil mit den niedrigsten Einkommen 1991 noch einen Anteil von 4,2 Prozent am gesamten Nettoäquivalenzeinkommen, bis 2016 sank der Anteil auf 3,2 Prozent (minus 22,5 Prozent).
Bezogen auf alle Dezile hat sich die Einkommensungleichheit in den Jahren 1991 bis 1999 kaum verändert. Bis 2005 folgte ein deutlicher Anstieg der Ungleichheit, an den sich bis 2010 eine Stabilisierung bzw. ein leichter Rückgang anschloss. Zwischen 2010 und 2016 nahm die Einkommensungleichheit in Deutschland erneut zu und erreichte im Jahr 2016 ihren bisherigen Höchststand seit der Wiedervereinigung. 1991 war das Durchschnittseinkommen des obersten Dezils 4,9-mal höher als das des untersten Dezils, 2005 war es 6,8-mal höher. Im Jahr 2010 überstieg das Durchschnittseinkommen des obersten Dezils das Einkommen des untersten Dezils um das 6,2-fache. 2016 war es schließlich 7,3-mal so hoch.
Während sich die Ungleichheit in den Jahren 1991 bis 2016 insgesamt erhöht hat, stieg in 9 von 10 Dezilen das verfügbare Durchschnittseinkommen. Die Ungleichheit ist vor allem gestiegen, weil die Einkommenszuwächse in den einkommensstarken Dezilen in diesem Zeitraum größer waren als in den einkommensschwachen. Dies gilt insbesondere für das Einkommen der Bevölkerungsgruppe mit den höchsten Einkommen: Zwischen 1991 und 2016 ist das verfügbare Realeinkommen des obersten Zehntels mit Abstand am stärksten gestiegen – plus 35 Prozent. Die durchschnittliche Steigerung aller Einkommen lag in diesem Zeitraum bei 18 Prozent.
Lediglich bei einem Zehntel der Bevölkerung – dem einkommensschwächsten Dezil – ist das durchschnittliche, verfügbare Realeinkommen zwischen 1991 und 2016 gesunken. Das DIW nennt hierfür mehrere Ursachen: Zuwanderung vorrangig von Aussiedlern in den Jahren 1991 bis 1994, sinkende Löhne bei zunehmender Arbeitslosigkeit im Zeitraum 2000 bis 2005 und verstärkte Zuwanderung seit 2010. Der Rückgang des Einkommens beim untersten Dezil trifft demnach nicht immer dieselben Personen. Insbesondere neu zugezogene Migranten weisen hohe Nichterwerbsquoten auf und erzielen dementsprechend oft niedrige Einkommen.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
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Für die Berechnung der Anteile am Gesamteinkommen nach Dezilen werden zunächst alle Einkommen der Höhe nach sortiert. Diese Reihung wird dann in 10 gleich große Teile (Dezile) zerlegt und für jedes Dezil die Summe der Einkommen berechnet. Anschließend wird der Einkommensanteil der einzelnen Dezile an allen Einkommen berechnet.
Um sowohl die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen als auch die Einspareffekte zu berücksichtigen, die durch das Zusammenleben entstehen (durch gemeinsam genutzten Wohnraum, beim Energieverbrauch pro Kopf oder bei Haushaltsanschaffungen), werden die Einkommen bei der Einkommensberechnung gewichtet (Äquivalenzeinkommen).
Zur Ermittlung des Einkommens wird zunächst das von allen Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen zusammengefasst. Dieses setzt sich zusammen aus dem Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit, dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen laufenden Sozialtransfers – wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge werden abgezogen.
Anschließend wird das verfügbare Einkommen gewichtet bzw. das sogenannte Äquivalenzeinkommen ermittelt. Dazu wird das verfügbare Haushaltseinkommen unter Berücksichtigung eines Gewichtungsschlüssels (Äquivalenzskala) geteilt. Die Äquivalenzskala weist dabei der ersten erwachsenen Person stets das Gewicht 1 zu. Weitere Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jahren das Gewicht 0,3.
Ein Beispiel: Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren hat nach der Äquivalenzskala das Gesamtgewicht 2,1 (1 plus 0,5 plus 0,3 plus 0,3). Zu Berechnung des Äquivalenzeinkommens muss das verfügbare Haushaltseinkommen demnach durch 2,1 – und nicht durch die Anzahl der Personen – geteilt werden. Bei einem verfügbaren Haushaltseinkommen von beispielsweise 2.100 Euro hat jedes der vier Haushaltsmitglieder ein Äquivalenzeinkommen von 1.000 Euro.
Um das mittlere Einkommen zu berechnen, kann statt des arithmetischen Mittels (Durchschnittswert) auch der Median (Zentralwert) verwendet werden. Dabei werden alle Personen ihrem gewichteten Einkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen Person, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat ein höheres, die andere ein niedrigeres gewichtetes Einkommen. 60 Prozent dieses Medianwertes stellen die Armutsgefährdungsgrenze dar, 200 Prozent – in manchen Veröffentlichungen auch 300 Prozent – die Einkommensreichtumsgrenze.
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung, die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) beauftragt wird.