Die Niedriglohngrenze lag im April 2018 bei brutto 11,05 Euro je Stunde. Im Jahr 2018 erhielt gut jeder fünfte Arbeitnehmer einen Niedriglohn (21 Prozent). In Ostdeutschland ist der Niedriglohnsektor nach wie vor größer als in Westdeutschland (29 gegenüber 20 Prozent), allerdings hat sich der Abstand seit 2014 deutlich verringert. Besonders hoch sind die Niedriglohnquoten von Beschäftigten in den Bereichen Gastgewerbe (67 Prozent), Land- und Forstwirtschaft, Fischerei (54 Prozent) sowie von Beschäftigten ohne anerkannte Berufsausbildung (48 Prozent).
Fakten
In der Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes wird von einem Niedriglohn gesprochen, wenn der Verdienst eines Beschäftigten kleiner als zwei Drittel des mittleren Verdienstes ist (Median). Die so bestimmte Niedriglohngrenze, unterhalb derer alle Verdienste als Niedriglöhne gelten, lag im April 2018 bei brutto 11,05 Euro je Stunde beziehungsweise bei 2.176 Euro Bruttomonatsverdienst bei Vollzeitbeschäftigten.
Ausgehend von dieser Niedriglohngrenze und bezogen auf alle erfassten Arbeitnehmer lag die Niedriglohnquote in Deutschland im Jahr 2018 bei 21,1 Prozent – das heißt, dass gut jeder fünfte Arbeitnehmer einen Niedriglohn erhielt. Im Jahr 2014 lag der Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn bei 21,4 Prozent. Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor ist in Ostdeutschland mit 29,1 Prozent im Jahr 2018 noch immer deutlich größer als der Anteil in Westdeutschland (einschließlich Berlin) mit 20,0 Prozent. Allerdings lag der Anteil der Beschäftigten mit Verdiensten unterhalb der Niedriglohnschwelle in Ostdeutschland 2014 noch bei 34,5 Prozent, ist also bis 2018 um 5,4 Prozentpunkte gesunken. In Westdeutschland stieg der Anteil hingegen um 0,7 Prozentpunkte.
Die höchsten Anteile an Niedriglohnbeziehern hatten im Jahr 2018 die Wirtschaftsabschnitte Gastgewerbe (67 Prozent), Land- und Forstwirtschaft, Fischerei (54 Prozent) sowie Kunst, Unterhaltung und Erholung (45 Prozent). Am niedrigsten waren die Niedriglohnquoten hingegen in den Wirtschaftsabschnitten öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung (3 Prozent), Erbringung von Finanz- und Versicherungsleistungen (6 Prozent) sowie Erziehung und Unterricht (7 Prozent).
Nach Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung 2018 erhielten 26 Prozent der beschäftigten Frauen einen Niedriglohn. Bei den Männern lag der entsprechende Anteil 10 Prozentpunkte niedriger, also bei 16 Prozent. Wird das Alter der Niedriglohnbezieher betrachtet, fallen zwei Altersgruppen auf: Die Gruppe der unter 25-Jährigen sowie die Gruppe der 65-Jährigen und Älteren. Bei beiden Gruppen war rund die Hälfte der Beschäftigten im Niedriglohnsektor beschäftigt. Die Niedriglohnquoten lagen mit 48 bzw. 52 Prozent weit über dem Durchschnitt von 21 Prozent. Bei den anderen Altersgruppen lagen die Niedriglohnquoten zwischen 17 und 19 Prozent.
Nach Daten des Statistischen Bundesamtes, die sich ausschließlich auf Beschäftigte im Alter von 15 bis 64 Jahren beziehen, war die Niedriglohnquote der Beschäftigten ohne anerkannte Berufsausbildung gut zweieinhalb so hoch wie die der Beschäftigten mit anerkannter Berufsausbildung (48,3 gegenüber 18,9 Prozent). Die Niedriglohnquote der Beschäftigten mit Hochschulabschluss lag im Jahr 2018 bei lediglich 4,6 Prozent.
In allen Wirtschaftsbereichen liegen die Niedriglohnquoten der Normalarbeitnehmer deutlich unter den Quoten der atypisch Beschäftigten (Teilzeitbeschäftigte, befristete Beschäftigte, Zeitarbeitnehmer sowie geringfügig Beschäftigte). Während bei jedem elften Normalarbeitnehmer der Verdienst unter der Niedriglohngrenze lag (9,0 Prozent), galt dies für zwei von fünf atypisch Beschäftigten (41,0 Prozent). Dabei erhielt bei den befristet Beschäftigten und bei den Zeitarbeitnehmern rund ein Drittel einen Niedriglohn (32,1 bzw. 34,1 Prozent). Bei den Teilzeitbeschäftigten bezog die Hälfte aller Beschäftigten einen Niedriglohn (50,4 Prozent), bei den geringfügig Beschäftigten waren es sogar 70,4 Prozent. In Bezug auf die atypische Beschäftigung ist zu beachten, dass Mehrfachzählungen möglich sind, Arbeitnehmer also in mehr als einer Untergruppe vertreten sein können.
Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) war mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors die Hoffnung verbunden, dass Arbeits- und Erwerbslose leichter eine Beschäftigung finden und die Berufserfahrung später zu höheren Löhnen führt. Zwar hat der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland zwischen 1995 bis 2008 stark zugenommen – nach Angaben des DIW um 8 Prozentpunkte –, jedoch stagniert er seitdem. Und auch Aufstiegschancen bieten sich nur einem Teil der Niedriglohnbeschäftigten. Laut DIW unterscheidet sich die Mobilität "am unteren Ende der Lohnverteilung im Zeitraum 2014 bis 2017 nicht von der [Mobilität] Mitte der 1990er Jahre. Ein Aufstieg findet vorwiegend in das direkt darüber liegende Lohnsegment statt. [….] Etwas mehr als ein Drittel der Niedriglohnbeschäftigten schafft auf mittlere Sicht den Aufstieg in eine (etwas) besser entlohnte abhängige Tätigkeit. Die Aufstiege in obere Lohnkategorien betreffen zum erheblichen Maße Personen, die während ihrer Ausbildung einfachen Tätigkeiten nachgegangen sind und später in ihrem erlernten Beruf […] deutlich höhere Löhne bekommen. Über 60 Prozent aller Niedrigbeschäftigten verharren weiterhin in gering entlohnten Tätigkeiten."
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Um den mittleren Verdienst zu berechnen, wird der Median (Zentralwert) verwendet. Dabei werden hier alle Beschäftigten ihrem Verdienst nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Verdienst derjenigen Person, die die Beschäftigten in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte der Beschäftigten verdient weniger und die andere Hälfte mehr als diesen Wert. Gemäß einer international verwendeten Definition, die auch das Statistische Bundesamt verwendet, wird von einem Niedriglohn gesprochen, wenn der Verdienst eines Beschäftigten kleiner als zwei Drittel des Medianverdienstes ist.
Vollzeitbeschäftigte: Beschäftigungsverhältnisse, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens die betriebsübliche (Vollzeit-)Arbeitszeit beträgt.
Die Verdienststrukturerhebung ist eine Statistik über Beschäftigungsverhältnisse. Sie umfasst Haupt- und Nebenbeschäftigungen. Selbstständige Tätigkeiten werden nicht erfasst. Die Verdienststrukturerhebung ist eine dezentral durchgeführte Statistik. Für die Erhebung, Prüfung und Aufbereitung der Länderergebnisse sind die Statistischen Ämter der Länder zuständig. Die Verdienststrukturerhebung bildet alle Branchen der Landwirtschaft, des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs ab. Ausgenommen sind lediglich die Wirtschaftsabschnitte Private Haushalte mit Hauspersonal und Exterritoriale Organisationen und Körperschaften. Für das Berichtsjahr 2018 wurden die Daten von 60.000 Betrieben und 1,0 Millionen Beschäftigungsverhältnissen erfasst und ausgewertet.
Atypische Beschäftigungsverhältnisse: Abhängige Beschäftigungsverhältnisse von Erwerbstätigen, auf die mindestens eines der folgenden Kriterien zutrifft:
Befristung des Arbeitsvertrags,
Teilzeitbeschäftigung mit normalerweise 20 oder weniger Arbeitsstunden pro Woche,
Zeitarbeitsverhältnis,
geringfügige Beschäftigung.
Normalarbeitsverhältnisse: Abhängige Beschäftigungsverhältnisse von Erwerbstätigen, die nicht unter atypische Beschäftigung fallen.