Die duale Berufsausbildung hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Etwas mehr als die Hälfte eines Altersjahrgangs beginnt eine Ausbildung in einem der 323 anerkannten Ausbildungsberufe. Ende 2020 gab es in Deutschland rund 1,29 Millionen Auszubildende – davon waren knapp zwei Drittel Männer. Sowohl in West- als auch in Ostdeutschland wurde in der Vergangenheit ein Großteil der Auszubildenden im Anschluss an die Ausbildung eingestellt. Im Jahr 2021 wurden 473.100 Neuverträge abgeschlossen. Ende September 2021 waren rund 67.800 Bewerber unversorgt und rund 63.200 Ausbildungsplätze unbesetzt.
Fakten
Die duale Berufsausbildung hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beginnt etwas mehr als die Hälfte eines Altersjahrgangs eine Ausbildung in einem der 323 anerkannten Ausbildungsberufe. Im Jahr 2019 lag der Anteil bei 54,4 Prozent. Ende 2020 gab es in Deutschland rund 1,29 Millionen Auszubildende – 34,8 Prozent Frauen und 65,2 Prozent Männer. Allerdings lag die Gesamtzahl der Auszubildenden im Jahr 2010 noch bei 1,51 Millionen.
In Deutschland darf ein Betrieb nur dann einen Ausbildungsplatz anbieten, wenn er die Voraussetzungen zur Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowie der Handwerksordnung (HwO) erfüllt. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) waren im Jahr 2020 rund 48 Prozent der Betriebe nicht ausbildungsberechtigt (Westdeutschland: 46 Prozent / Ostdeutschland: 53 Prozent). In den vorangehenden zehn Jahren, also von 2000 bis 2019, war der Wert mit 44,3 Prozent etwas niedriger (West: 42,8 Prozent / Ost: 49,6 Prozent).
Kleineren Betrieben fehlt sehr viel häufiger die Ausbildungsberechtigung als größeren: Von den Betrieben mit einem bis neun Beschäftigten hatten im Jahr 2020 deutschlandweit 57 Prozent keine Ausbildungsberechtigung. Bei den Unternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten waren es 31 Prozent. Von den Betrieben mit 50 bis 499 durften lediglich 13 Prozent nicht ausbilden und bei den Betrieben mit 500 oder mehr Beschäftigten sinkt der entsprechende Anteil weiter auf 3 Prozent.
Im Jahr 2020 bildete mit 56 Prozent gut die Hälfte aller ausbildungsberechtigten Betriebe aus. Im zeitlichen Verlauf ist dabei in den letzten Jahren ein leichter Anstieg der Ausbildungsaktivität festzustellen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass viele Betriebe nicht jedes Jahr ausbilden, sondern in größeren Abständen. Nach Daten des IAB, die sich auf vorangehende Zeiträume beziehen, bildet rund ein Viertel der ausbildungsberechtigten Betriebe dauerhaft nicht aus, wobei dies insbesondere Kleinbetriebe betrifft.
Deutschlandweit bildeten im Jahr 2020 von den ausbildungsberechtigten Betrieben mit einem bis neun Beschäftigten 42 Prozent der Betriebe aus. Bei den Unternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten lag der entsprechende Anteil bei 68 Prozent. Von den Betrieben mit 50 bis 499 Beschäftigten beteiligten sich 88 Prozent an der Ausbildung und bei den Großbetrieben mit 500 oder mehr Beschäftigten betrug der Anteil sogar 95 Prozent. Dieser Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Ausbildungsaktivität lässt sich sowohl in West- als auch in Ostdeutschland beobachten.
Sowohl in West- als auch in Ostdeutschland wird ein Großteil der Auszubildenden im Anschluss an die Ausbildung eingestellt. Nach Schwankungen in den Jahren 2000 bis 2009 erhöhte sich die Übernahmequote in Westdeutschland zwischen 2009 und 2017 von 60 auf 74 Prozent. Im Jahr 2019 lag die Übernahmequote sogar bei 77 Prozent, 2018 und 2020 war sie jedoch mit 71 bzw. 72 Prozent deutlich niedriger. In Ostdeutschland erhöhte sich die Übernahmequote über den langen Zeitraum von 2005 bis 2019 kontinuierlich von 40 auf 78 Prozent (2020: 73 Prozent). Während in Westdeutschland mit der Betriebsgröße die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein zur Ausbildung berechtigter Betrieb Auszubildende im Anschluss an die Ausbildung einstellt, ist dieser Zusammenhang in Ostdeutschland für die Jahre 2009 bis 2020 nicht so eindeutig festzustellen. Wobei auch in Ostdeutschland gilt, dass die Übernahmequoten bei den größten Unternehmen, also bei denen mit 500 oder mehr Beschäftigten, am höchsten sind.
Zwischen 2010 und 2019 haben sich das Ausbildungsplatzangebot und die Ausbildungsplatznachfrage unterschiedlich entwickelt. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze schwankte in diesem Zeitraum um 576.000 (2019: 578.175). Die Ausbildungsplatznachfrage hat hingegen insgesamt abgenommen: Von gut 640.000 im Jahr 2010 auf knapp 599.000 im Jahr 2019. Entsprechend hat sich auch die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage von rund 60.600 auf 20.600 reduziert. Ein erneut deutlicher Rückgang der Zahl der Schulabgänger sowie die Corona-Pandemie hat die Ausbildungsplatznachfrage 2020/2021 nochmals deutlich sinken lassen. Allerdings war auch das Ausbildungsplatzangebot in diesen beiden Jahren deutlich niedriger als noch 2019. Im Jahr 2021 standen den 536.200 angebotenen Ausbildungsplätzen 540.900 Ausbildungsplatznachfragen gegenüber. Im Jahr 2021 wurden 473.100 Neuverträge abgeschlossen (2020 waren es knapp 467.500 Neuverträge – der niedrigste Wert seit 1975). Aus der Differenz zwischen Neuverträgen und Nachfrage ergeben sich rund 67.800 Bewerber, die im Jahr 2021 unversorgt blieben (12,5 Prozent). Davon hatten 4,6 Prozent bzw. 24.600 Bewerber keine Alternative zur Ausbildung und 8,0 Prozent konnten auf eine Alternative zurückgreifen (zum Beispiel erneuter Schulbesuch, Praktikum, "Jobben"). Obwohl jeder achte Ausbildungsinteressent Ende September 2021 ohne Ausbildungsplatz war, blieben von den bundesweit 536.200 angebotenen Ausbildungsplätzen rund 63.200 unbesetzt. Das entsprach einem Anteil von 11,8 Prozent.
Es gibt mehrere Gründe dafür, warum Ausbildungsplätze unbesetzt und gleichzeitig Bewerber unversorgt bleiben. Zum einen können Besetzungsprobleme in anderen Regionen auftreten als Versorgungsprobleme. Zum anderen kann eine Region auch von Besetzungs- und Versorgungsproblemen betroffen sein, wenn sich die Berufe, in denen sich die Bewerber ausbilden lassen möchten, nicht mit dem Ausbildungsplatz-Angebot decken. So waren wie bereits in den Vorjahren auch 2021 vor allem Berufe in der Gastronomie, dem Lebensmittelhandwerk und im Reinigungsgewerbe von Besetzungsproblemen betroffen, während sich zum Beispiel in Medienberufen und in Teilen des kaufmännischen Bereichs Versorgungsprobleme zeigten. Auch ein zu hoher oder zu niedriger Schulabschluss oder die Betriebsgröße können zu Passungsproblemen führen.
Bei einer im September 2021 durchgeführten repräsentativen Befragung des IAB wurden die Betriebe, die für 2021/22 weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen haben als 2019/2020, nach den Gründen dafür gefragt. Dabei gaben 47 Prozent der betroffenen Betriebe fehlende Bewerbungen als Grund an. 31 Prozent nannten den Mangel an geeigneten Bewerbungen und 22 Prozent andere Gründe. Im verarbeitenden Gewerbe und in Betrieben mit 50 oder mehr Beschäftigten wurde der Mangel an geeigneten Bewerbungen als Hauptgrund genannt (55 bzw. 40 Prozent).
Wie in den Jahren zuvor wurden auch im Jahr 2020 deutlich mehr als die Hälfte aller neuen Ausbildungsverträge im Bereich Industrie und Handel abgeschlossen (57,0 Prozent). Gut ein Viertel entfiel auf das Handwerk (27,9 Prozent) und 8,9 Prozent auf die Freien Berufe (darunter zum Beispiel Rechtsanwaltsfachangestellte, Steuerfachangestellte und Medizinische Fachangestellte). Die Bereiche öffentlicher Dienst (3,1 Prozent), Landwirtschaft (2,9 Prozent) und Hauswirtschaft (0,4 Prozent) hatten einen geringen Anteil an den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren die beliebtesten Ausbildungsberufe bei den neu abgeschlossenen Verträgen bei den Frauen im Jahr 2020 Kauffrau für Büromanagement (9,8 Prozent), Medizinische Fachangestellte (9,0 Prozent), Kauffrau im Einzelhandel (7,1 Prozent), Zahnmedizinische Fachangestellte (6,4 Prozent), Verkäuferin (6,3 Prozent), Industriekauffrau (4,9 Prozent) und Friseurin (3,0 Prozent). Unter den beliebtesten 20 Ausbildungsberufen bei Frauen war mit "Augenoptikerin" nur ein Beruf im weiteren Sinn technisch geprägt (Rang 17 / 1,1 Prozent der neu abgeschlossenen Verträge).
Bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2020 wurden bei den Männern die meisten zum Kraftfahrzeugmechatroniker ausgebildet (6,3 Prozent der neu abgeschlossenen Verträge). Es folgten die Berufe Fachinformatiker (4,7 Prozent), Elektroniker (4,5 Prozent), Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (4,4 Prozent) sowie Kaufmann im Einzelhandel (4,3 Prozent). Insgesamt konzentrieren sich die weiblichen Auszubildenden noch stärker als die männlichen auf wenige Ausbildungsberufe: Im Jahr 2020 entfielen 69,5 Prozent der Neuabschlüsse auf nur 20 Ausbildungsberufe, bei den Männern waren es im selben Jahr 56,5 Prozent.
Neben dem Geschlecht wird die Ausbildungsplatzwahl auch durch den Schulabschluss beeinflusst. Auszubildende mit Hochschul-/Fachhochschulreife konzentrieren sich überwiegend auf den kaufmännischen Bereich. An der Spitze stand 2020 die Ausbildung als Industriekaufmann/Industriekauffrau (7,4 Prozent der neu abgeschlossenen Verträge). Es folgten die Berufe Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement (6,8 Prozent), Fachinformatiker/in (6,7 Prozent), Bankkaufmann/-kauffrau (4,2 Prozent) sowie Kaufmann/Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement (4,1 Prozent). Allein auf diese fünf Ausbildungsberufe entfielen 29,2 Prozent der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge von Ausbildungsanfängern mit Hochschul-/Fachhochschulreife. Auf der anderen Seite entschieden sich von den Auszubildenden ohne allgemeinbildenden Schulabschluss die meisten für die Ausbildungsberufe Verkäufer/in (7,1 Prozent), Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel (4,4 Prozent), Friseur/in (3,6 Prozent), Maler/in und Lackierer/in (3,5 Prozent) sowie Fachlagerist/in (3,0 Prozent).
Auszubildende in der dualen Berufsausbildung haben gegenüber ihrem Ausbildungsbetrieb einen rechtlichen Anspruch auf eine angemessene und mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigende Vergütung. Im Jahr 2021 lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen im Durchschnitt bei 987 Euro pro Monat (West: 989 € / Ost: 965 €). Rund die Hälfte der Auszubildenden, die in einem tarifgebundenen Betrieb lernten, erhielt 2021 eine monatliche Ausbildungsvergütung von mehr als 1.000 Euro (7 Prozent erhielten sogar mehr als 1.200 Euro). Bei 35 Prozent lag die Vergütung zwischen 801 und 1.000 Euro. Bei den verbleibenden 16 Prozent der Auszubildenden waren es weniger als 800 Euro pro Monat.
Die höchsten tariflichen Ausbildungsvergütungen (Stand: 1.10.2021) wurden laut BIBB mit 1.251 Euro für den Beruf Zimmerer/Zimmerin ermittelt. Darauf folgten die Ausbildungsberufe Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/-in (1.198 €), Maurer/-in (1.196 €), Stuckateur/-in (1.190 €), Straßenbauer/-in (1.177 €) sowie Rohrleitungsbauer/-in (1.172 €). Auf der anderen Seite lag der tarifliche Vergütungsdurchschnitt bei 22 Berufen bei weniger als 800 € pro Monat – darunter 17 Handwerksberufe. In den Handwerksberufen Orthopädieschuhmacher/-in (637 €), Friseur/-in (650 €), Bodenleger/-in (686 €) und Parkettleger/-in (688€) wurden im Durchschnitt über alle Ausbildungsjahre sogar weniger als 700 Euro gezahlt.
Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt
In absoluten Zahlen, 2018 bis 2021 (jeweils zum 30.9.)
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | |
---|---|---|---|---|
Nachfrage nach Ausbildungsplätzen 1 | 610.032 | 598.758 | 545.721 | 540.882 |
Angebot an Ausbildungsplätzen 2 | 589.068 | 578.175 | 527.433 | 536.238 |
neu abgeschlossene Ausbildungsverträge | 531.414 | 525.039 | 467.484 | 473.064 |
davon: | ||||
Industrie und Handel | 309.831 | 304.593 | 262.206 | 259.380 |
Handwerk | 145.308 | 142.875 | 132.195 | 136.101 |
öffentlicher Dienst | 14.448 | 15.087 | 14.646 | 14.184 |
Landwirtschaft | 13.464 | 13.368 | 13.488 | 14.247 |
Freie Berufe | 46.245 | 47.100 | 43.140 | 47.181 |
Hauswirtschaft | 1.992 | 1.899 | 1.701 | 1.857 |
Seeschifffahrt | 126 | 117 | 108 | 108 |
unversorgte Bewerber insgesamt 1 | 78.618 | 73.722 | 78.237 | 67.818 |
davon: | ||||
ohne Alternative | 24.540 | 24.525 | 29.349 | 24.615 |
mit Alternative | 54.078 | 49.197 | 48.888 | 43.203 |
nicht besetzte Ausbildungsplätze 2 | 57.657 | 53.136 | 59.949 | 63.177 |
Fußnote: 1 Nur Ausbildung im dualen System und ohne Bewerber mit Wohnsitz im Ausland.
Fußnote: 2 Nur Ausbildung im dualen System und ohne jene unbesetzten Ausbildungsstellen, die für die Bundesagentur für Arbeit regional nicht zuzuordnen sind.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bundesagentur für Arbeit (BA): Ergebnis der Erhebung neu abgeschlossener Ausbildungsverträge zum 30.9.2021 im Vergleich zu den Vorjahren