Die Bevölkerungsentwicklung wird von den Geburten und Sterbefällen sowie von der Zu- und Abwanderung bestimmt. Der Anteil dieser Faktoren hat sich im Zeitverlauf erheblich verändert: Seit 1972 sind in Deutschland jedes Jahr mehr Menschen gestorben als geboren wurden. Gerade in den letzten zehn Jahren fiel der Überschuss an Gestorbenen überdurchschnittlich hoch aus. Ohne Nettozuwanderung würde die Bevölkerung in Deutschland also seit Langem schrumpfen. Da jedoch in den 47 Jahren des Zeitraums 1972 bis 2018 in 39 Jahren mehr Menschen zuwanderten als abwanderten, hat sich die Bevölkerungszahl Deutschlands insgesamt weiter erhöht. Auch in Zukunft werden die Wanderungsbewegungen über die Grenzen Deutschlands maßgeblich die Entwicklung der Bevölkerungszahl beeinflussen.
Fakten
Die Entwicklung des Bevölkerungsstandes wird von zwei Faktoren bestimmt: Zum einen von der natürlichen Veränderung des Bevölkerungsstandes, also von der Differenz zwischen der Zahl der Lebendgeburten und der Zahl der Sterbefälle. Zum anderen von den Wanderungsbewegungen, die über die Grenzen Deutschlands hinweg stattfinden (Saldo aus Zu- und Fortzügen). Der Anteil beider Faktoren hat sich im Zeitverlauf erheblich verändert.
Bis 1971 reichte die Zahl der Lebendgeborenen aus, um die Zahl der Gestorbenen zu kompensieren. Seit 1972 sind in Deutschland jedes Jahr mehr Menschen gestorben als geboren wurden. Im Jahr 2018 starben 954.900 Menschen, ihnen standen 787.500 Lebendgeborene gegenüber. Der Überschuss an Gestorbenen lag demnach bei 167.400. Den größten Überschuss an Gestorbenen – knapp 212.000 – gab es bisher im Jahr 2013. Von den zehn Jahren mit dem größten Überschuss an Gestorbenen entfielen acht auf den Zeitraum 2008 bis 2018.
Die Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer vor allem in den 1960er-Jahren, die späteren Familienzusammenführungen, der Zuzug von (Spät-)Aussiedlern und ihren Familienangehörigen insbesondere in den 1980er- und 1990er-Jahren sowie die verstärkte Einreise von Asyl- bzw. Schutzsuchenden Anfang der 1990er-Jahre und seit 2014 haben zu einer hohen Zahl an Zuzüglern geführt.
Bezogen auf die in der Grafik dargestellten Zeiträume und Jahre gab es nur im Zeitraum 1981 bis 1985 einen negativen Wanderungssaldo, also mehr Fort- als Zuzüge. In den Zeiträumen 1961 bis 1965 und 1966 bis 1970 haben sich die positive natürliche Bevölkerungsentwicklung und der positive Wanderungssaldo summiert. In allen anderen Jahren bzw. Zeiträumen basieren Bevölkerungszuwächse ausschließlich auf positiven Wanderungssalden bzw. fielen Bevölkerungsrückgänge weniger hoch aus, als es ohne Zuwanderung der Fall gewesen wäre.
Nach einem ersten Höchststand im Jahr 2002 war die Bevölkerungszahl zunächst rückläufig: Zwischen 2002 und 2010 fiel sie von 82,5 auf 81,8 Millionen. Seit 2011 ist der positive Wanderungssaldo jedoch Jahr für Jahr deutlich höher gewesen als der Rückgang der sich aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung ergeben hat. Ohne Zuwanderung wäre die Bevölkerungszahl Deutschlands im Zeitraum 2011 bis 2018 um 1,4 Millionen geschrumpft. Da aber gleichzeitig 4,2 Millionen Menschen mehr ein- als auswanderten, erhöhte sich die Bevölkerungszahl um 2,8 Millionen (ausgehend vom Zensus 2011 stieg die Bevölkerungszahl von 80,2 Mio. Ende 2010 auf 83,0 Mio. Ende 2018).
Auch in Zukunft werden die Wanderungsbewegungen über die Grenzen Deutschlands maßgeblich die Entwicklung der Bevölkerungszahl beeinflussen. Die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes macht dies sehr deutlich. Ausgehend von moderaten Veränderungen bei der Geburtenhäufigkeit und der Lebenserwartung bis 2060 sowie einem positiven Wanderungssaldo von durchschnittlich 221.000 Personen pro Jahr (siehe "Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen") wird die Bevölkerungszahl bis 2024 auf 83,7 Millionen steigen und dann bis 2060 kontinuierlich auf 78,2 Millionen sinken.
Bei einem dauerhaft vergleichsweise hohen Wanderungssaldo (Durchschnitt der Jahre 1990 bis 2018: plus 311.000 pro Jahr) und sonst gleichen Annahmen wird die Bevölkerungszahl im Jahr 2060 bei 83,0 Millionen liegen. Bei einem dauerhaft vergleichsweise niedrigen Wanderungssaldo (Durchschnitt der Jahre 1955 bis 1989: 147.000 pro Jahr) und sonst gleichen Annahmen wird die Bevölkerungszahl im Jahr 2060 bei 74,4 Millionen liegen. Die Annahmen zum Wanderungssaldo haben also einen sehr starken Einfluss auf die Bevölkerungszahl – die Differenz liegt bei bis zu 8,6 Millionen Menschen bezogen auf das Jahr 2060.
Wie oben bereits beschrieben, würde die Bevölkerung in Deutschland ohne Nettozuwanderung seit 1972 schrumpfen, da seitdem die Zahl der Gestorbenen die Zahl der Geborenen jedes Jahr übersteigt und somit die sogenannte natürliche Bevölkerungsbilanz negativ ist. Dasselbe gilt theoretisch für die Zukunft: Ohne Nettozuwanderung und bei einer moderaten Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und Lebenserwartung würde das Geburtendefizit bzw. der Überschuss an Gestorbenen zwischen 2018 und 2054 von 167.000 auf 530.000 pro Jahr zunehmen und anschließend bis 2060 leicht sinken. Die Bevölkerungszahl läge, bei dieser rein modellhaften Berechnung, im Jahr 2060 bei 65,2 Millionen – 17,8 Millionen Menschen weniger als 2018
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Der Wanderungssaldo ist die Differenz zwischen Zu- und Abwanderung. Der Saldo ist positiv, wenn mehr Personen zuwandern als abwandern und negativ, wenn die Abwanderung überwiegt. Aus dem Wanderungssaldo können jedoch keine abschließenden Aussagen über das Ausmaß der Zu- und Abwanderung abgeleitet werden, da beispielsweise ein niedriger Wanderungssaldo auch das Ergebnis von sehr hohen Zu- und Abwanderungsströmen sein kann.
Die im Text genannten Daten beziehen sich auf eine der insgesamt neun Hauptvarianten der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes. Alle Varianten beschreiben die Entwicklung bis 2060. Bei der ausgewählten Variante wird angenommen, dass sich die jährliche Geburtenrate auf dem Niveau von 1,55 Kindern je Frau stabilisiert und die endgültige Zahl der Kinder je Frau auf 1,6 steigt. Die Lebenserwartung bei Geburt nimmt bis 2060 für Jungen um 6 und für Mädchen um knapp 5 Jahre auf 84,4 beziehungsweise 88,1 Jahre zu. Schließlich verringert sich der Wanderungssaldo bei dieser Variante zwischen 2018 und 2026 kontinuierlich und bleibt danach konstant bei rund 206.000. Im Zeitraum von 2019 bis 2060 würden dabei pro Jahr durchschnittlich 221.000 Personen mehr nach Deutschland zuwandern als abwandern. Dies entspricht dem durchschnittlichen Wanderungssaldo im Zeitraum zwischen 1955 und 2018 (Variante 2: G2-L2-W2).
Die langfristigen Bevölkerungsvorausberechnungen sind keine Prognosen, sondern liefern "Wenn-Dann-Aussagen". Sie gehen vom gegenwärtigen Altersaufbau aus und setzen die jeweils beschriebenen Annahmen um.
Zu den einzelnen Varianten siehe: Interner Link: Bevölkerung Deutschlands bis 2060, Ergebnisse der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, Hauptvarianten 1 bis 9.
Informationen zum Verhältnis zwischen natürlicher Bevölkerungsentwicklung und dem Wanderungssaldo in Europa erhalten Sie