Erstaunlicherweise erreichte die Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern im ersten Jahr der Coronapandemie eine Höchstmarke. Auch im darauffolgenden Jahr der Pandemie (2021) änderte sich dieses Bild kaum. Die Lebenszufriedenheit der Frauen fiel 2021 lediglich auf das Niveau von 2019, die der Männer knapp darunter. Diese auf den ersten Blick überraschenden Befunde lassen sich unter anderem damit erklären, dass die Lebenszufriedenheit eine sehr globale Einschätzung der gesamten Lebenssituation abbildet, die sich erst durch langfristige Krisen verändert. Außerdem ist es möglich, dass viele in Deutschland lebende Menschen diesem ersten Jahr der Coronapandemie tatsächlich auch positive Aspekte abgewinnen konnten, zum Beispiel weil sie durch die vielfältigen Hilfsprogramme der Bundesregierung keine existenziellen Bedrohungen wahrnahmen und sich auch im internationalen Vergleich gut vor dem Coronavirus geschützt fühlten.
Seit Beginn der Erhebungen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) Mitte der 1980er-Jahre waren Männer und Frauen stets ähnlich zufrieden mit ihrem Leben und erlebten ähnliche Hoch- und Tiefpunkte im Zeitverlauf. Es zeigten sich auch kleinere Unterschiede. So waren Männer zu Beginn der 1990er-Jahre etwas zufriedener mit ihrem Leben als Frauen. Letztere waren wiederum zu Beginn der 2010er-Jahre und am Ende der Coronapandemie etwas zufriedener als Männer. Diese Unterschiede sind jedoch eher gering und statistisch nicht signifikant.
Eine Betrachtung der durchschnittlichen Lebenszufriedenheit über die vergangenen 38 Jahre (1984–2021) zeigt, dass bis Mitte der 1990er-Jahre die Lebenszufriedenheit bei Frauen und Männern zunächst stetig abnahm, seit Mitte der 2000er-Jahre jedoch nahezu ungebrochen anstieg. Offenbar hält sich diese positive Entwicklung der Lebenszufriedenheit in Deutschland trotz steigender Sorgen in einigen Bereichen, beispielsweise angesichts der gestiegenen Zuwanderung, der Coronapandemie oder der Folgen des Klimawandels. Stärkere Schwankungen können für die Zeit von Mitte der 1990er- bis Mitte der 2000er-Jahre festgestellt werden. Bis zum Jahr 2000 stieg die Lebenszufriedenheit bei Frauen und Männern zunächst stark an. Nach der Jahrtausendwende fiel sie jedoch noch schneller wieder ab und erreichte 2004 den niedrigsten Wert des gesamten Erhebungszeitraums. Eine mögliche Erklärung hierfür ist der gleichzeitige starke Anstieg der Arbeitslosigkeit. Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass sich Arbeitslosigkeit negativ auf das subjektive Wohlbefinden auswirkt. Mitte der 2000er-Jahre erreichte die Arbeitslosigkeit in Deutschland ihren Höchststand seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch der unter der Regierung von Gerhard Schröder erfolgte Umbau des Sozialstaats – der schließlich in die Einführung des Arbeitslosengelds II als Teil des "vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" mündete, das auch als "Hartz IV" bezeichnet wurde – dürfte sich negativ auf die Zufriedenheit vieler Menschen in Deutschland ausgewirkt haben. Eine Rolle haben vermutlich auch die großen Wertverluste der sogenannten Dotcom-Unternehmen der New Economy an der Börse gespielt.
Obwohl sich die allgemeine Lebenszufriedenheit kaum zwischen Frauen und Männern unterscheidet, zeigen sich teilweise deutliche Unterschiede, wenn nach der Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen gefragt wird. Besonders stark ausgeprägt waren die Unterschiede bei der Zufriedenheit mit dem persönlichen Einkommen, dem Schlaf und der Gesundheit. In diesen Bereichen waren Männer stets deutlich zufriedener als Frauen. Auch über die Zeit lässt sich dabei kaum eine Annäherung erkennen. Die Verdienstunterschiede zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap) sind eine naheliegende Erklärung für die bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem persönlichen Einkommen. Den Schlaf betreffend zeigen Studien, dass insbesondere Mütter kleiner Kinder verglichen mit Vätern kleiner Kinder eine deutlich reduzierte Schlafdauer sowie Schlafzufriedenheit aufweisen. Die Unterschiede hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Gesundheit könnten darin begründet liegen, dass Frauen tatsächlich häufiger krank sind als Männer. Laut Gesundheitsberichten der Krankenkassen weisen Frauen mehr krankheitsbedingte Fehltage auf. Dieser sogenannte Gender Health Gap beschreibt die Ungleichheit von Frauen gegenüber Männern im Gesundheitssystem und wird unter anderem dadurch erklärt, dass medizinische Erkenntnisse überwiegend auf Forschung mit ausschließlich männlichen Probanden, Tieren und Zellen basieren. Heute weiß man jedoch, dass viele Krankheiten geschlechterspezifische Symptome haben und einer geschlechterspezifischen Behandlung bedürfen. Aufgrund fehlender Forschung zu frauenspezifischen Krankheitsursachen sind Frauen bei der Behandlung von Krankheiten im Nachteil, was eine Ursache für den höheren Krankenstand darstellen kann.
In den Bereichen Familienleben, Wohnung, Freizeit und Arbeit fielen die Unterschiede zwischen Frauen und Männern deutlich geringer aus. Gleichzeitig lassen sich Veränderungen der Geschlechterunterschiede erkennen. Beispielsweise waren Männer seit 2018 und vor allem während der Coronapandemie zufriedener mit ihrer Freizeit als Frauen. Ein Unterschied, der zuvor so nicht bestand. Im Jahr 2000 waren Frauen sogar deutlich zufriedener mit ihrer Freizeit. Ein möglicher Grund für die Veränderung des Geschlechterunterschieds während der Pandemie könnte die erhöhte Arbeitsbelastung von Frauen durch mehr Care-Arbeit sein, die durch den Wegfall externer Kinderbetreuungsmöglichkeiten entstand. Außerdem stieg die Arbeitsbelastung für Beschäftigte im Gesundheitssektor stark an. In diesem Sektor sind dreimal so viele Frauen wie Männer beschäftigt.
Über den gesamten Erhebungszeitraum waren Frauen etwas zufriedener mit den vorhandenen Möglichkeiten der Kinderbetreuung als Männer. Die Unterschiede waren jedoch eher gering. Insgesamt stieg die Zufriedenheit mit den Möglichkeiten der Kinderbetreuung bei Frauen und Männern zwischen 2007 und 2008 merklich an. Eine mögliche Erklärung hierfür ist das 2008 in Kraft getretene Kinderförderungsgesetz, mit dem der Bund den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur forcierte und ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr einführte.
Auch die Zufriedenheit mit dem Haushaltseinkommen war bei Frauen durchschnittlich etwas höher als bei Männern. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass Frauen unter anderem aufgrund ihres höheren Anteils an unbezahlter Care-Arbeit durchschnittlich weniger zum Haushaltseinkommen beitragen als Männer. Durch den sogenannten Gender Pay Gap dürfte das Haushaltseinkommen für viele Frauen, relativ zum persönlichen Einkommen, deutlich höher ausfallen und unter Umständen positiver wahrgenommen werden. In den vergangenen Jahren glichen sich diese Unterschiede jedoch weitgehend an. Im Jahr 2021 lag die Zufriedenheit der Frauen mit den Haushaltseinkommen wieder leicht über jener der Männer.