In der Lebensphase "Alter" sind Gesundheit, finanzielle Situation, Selbstbestimmtheit und das soziale Umfeld entscheidende Faktoren für ein erfülltes Leben. Die Lebenszufriedenheit, also die Bewertung des eigenen Lebens, gilt in der Alternsforschung als ein wichtiger Indikator zur Messung des subjektiven Wohlbefindens. Ältere Menschen, die ihre Zufriedenheit zum Ausdruck bringen, gelten in der Regel als positiv und erfüllt lebend. Auf der anderen Seite sind ein schlechter Gesundheitszustand, begrenzte finanzielle Ressourcen oder soziale Isolation potenzielle Risikofaktoren, die zu schwerwiegenden benachteiligenden Lebensereignissen führen können, zum Beispiel dem Eintritt einer Hilfs- oder Pflegebedürftigkeit. Diese Lebenssituation ginge wiederum mit einem niedrigeren Wohlbefinden einher.
Trotz vorhandener Risikofaktoren müssen belastende Ereignisse aber nicht zwangsläufig negativ auf die Lebenszufriedenheit wirken, wenn das Individuum auf schützende Reserven zurückgreifen kann. Schutzfaktoren, sei es auf persönlicher Ebene (zum Beispiel mentale Reserven) oder außerhalb des Individuums (zum Beispiel soziale Unterstützung), können die negativen Auswirkungen von Risikofaktoren mindern beziehungsweise "puffern". Kritisch wird es dann, wenn das Individuum nur unzureichend auf diese Schutzreserven zurückgreifen kann. In diesem Fall können Menschen ihre Probleme nicht ausreichend bewältigen. Die dadurch entstehende deutliche Verschlechterung der Lebenssituation führt wiederum zu Unzufriedenheit. Die Existenz von Risikofaktoren bei gleichzeitiger Abwesenheit von Schutzreserven führt zu einer Situation, die als Verletzlichkeit beziehungsweise Vulnerabilität bezeichnet wird.
Vor dem Hintergrund des Älterwerdens hat das Konzept der Vulnerabilität eine besondere Bedeutung. Die körperlichen und mentalen Kapazitäten lassen im Alter nach, und generell werden die persönlichen Netzwerke kleiner. Personen, die ihren Ruhestand erreichen, müssen in der Regel mit einem deutlich niedrigeren Einkommen ihr Leben bestreiten. Diese grundlegenden Entwicklungen allein müssen nicht zwingend mit einer Vulnerabilität einhergehen, werden aber als Risikofaktoren angesehen.
Die ungleiche Verteilung von Ressourcen, Chancen, Macht oder Prestige in der Gesellschaft ist dafür verantwortlich, dass sich das Risiko für eine Situation der Vulnerabilität systematisch auf bestimmte soziale Gruppen konzentriert, zum Beispiel auf Personen mit einem niedrigen Bildungsstand. Aus der Alternsforschung ist bekannt, dass sich Vor- und Nachteile in Bezug auf Gesundheit, soziale Kontakte und Finanzen im Lauf des Lebens verstärken und somit die sozialen Unterschiede im Alter immer deutlicher werden. Gleichzeitig lassen sich bestimmte Verläufe im Leben, beispielsweise in Bezug auf den Gesundheitszustand, nicht beliebig umkehren und können somit eine Situation der Vulnerabilität verfestigen. Die Ungleichheitsforschung legt zudem nahe, dass finanzielle, gesundheitliche und soziale Nachteile im Erwachsenenalter miteinander in Wechselwirkung stehen – beispielsweise tragen einkommensarme Menschen ein höheres Erkrankungsrisiko als Menschen mit einer besseren Einkommenssituation –, was zu einer Anhäufung von negativen Wirkungen in Bezug auf die Lebenszufriedenheit führt.
Wir greifen diesen Gedanken einer Häufung von materiellen, sozialen und gesundheitlichen Risiken in bestimmten Gruppen auf. Im vorliegenden Kapitel werden Befunde zur Situation der Vulnerabilität in der Lebensphase Alter hinsichtlich der allgemeinen Lebenszufriedenheit mit den Daten des Deutschen Alterssurveys (DEAS) aus den Jahren 2020 und 2021 präsentiert. Dabei werden die Analysen nach ausgewählten soziodemografischen Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Bildungsstand und Region (Ost- oder Westdeutschland) unterschieden.