Eine möglichst gleichberechtigte Aufteilung der Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern ist unter anderem eine Voraussetzung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben (siehe auch Interner Link: Kapitel 4.3, sowie Interner Link: Kapitel 11.2).
Ein Hinweis, inwieweit die Sorgearbeit von Eltern mit Kleinkindern zwischen den Geschlechtern gleichberechtigt verteilt ist, kann ein Blick auf die Unterschiede der (bezahlten) Arbeitsstunden geben. Im Jahr 2022 betrug nach Ergebnissen des Mikrozensus die Differenz zwischen den normalerweise geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden von Vätern und Müttern, die in gemischtgeschlechtlichen Beziehungen mit mindestens einem Kind unter drei Jahren im gemeinsamen Haushalt leben, durchschnittlich 27,6 Stunden. 2012 arbeiteten Väter unter den gleichen Bedingungen noch 30,8 Stunden länger als Mütter.
Verschiedene Maßnahmen der Familien- und Gleichstellungspolitik sollten in den vergangenen 15 Jahren dazu beitragen, die Sorgearbeit gerechter zu verteilen und Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Eines der Ziele des im Jahr 2007 eingeführten Elterngelds war es etwa, Anreize dafür zu schaffen, Erwerbsunterbrechungen von Müttern zu verkürzen und eine steigende Fürsorgebeteiligung der Väter zu erreichen (siehe auch Interner Link: Kapitel 9.1.3). Die Väterbeteiligung am Elterngeld zeigt, inwieweit auch Väter von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Erwerbstätigkeit nach der Geburt des Kindes zu unterbrechen. Die Väterbeteiligung ist dabei einerseits seit Einführung des Elterngelds angestiegen: Der Anteil der im Jahr 2010 geborenen Kinder, für die (mindestens) ein männlicher Leistungsbezieher Elterngeld bezogen hat, lag nach der Elterngeldstatistik bei 25,9 % und stieg für 2020 geborene Kinder auf 43,7 % an. Zugleich war die Dauer der Erwerbsunterbrechung von Müttern mit Elterngeldbezug im Jahr 2022 mit durchschnittlich geplanten 14,6 Monaten nach wie vor wesentlich länger als bei Vätern (3,6 Monate).
Eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf war der Ausbau der Kindertagesbetreuung infolge der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz. Dieser ist seit 2013 flächendeckend im Paragraf 24 Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verankert. Dabei haben schon Kinder unter drei Jahren (unter bestimmten Vorausaussetzungen) einen Betreuungsanspruch. Diesen nutzten Eltern in den vergangenen Jahren vermehrt. Die Statistik der Kinder und tätigen Personen in Tageseinrichtungen sowie die Statistik der Kinder und tätigen Personen in öffentlich geförderter Kindertagespflege halten die Daten dazu vor (siehe Interner Link: Kapitel 2.2). 2023 lag die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung unabhängig von dem Betreuungsumfang bei 36,4 %. Sie hat sich seit 2013 um 7,1 Prozentpunkte erhöht.
Darüber hinaus ist auch die Inanspruchnahme ganztägiger Kinderbetreuung angestiegen. Eine Ganztagsbetreuung entspricht einer vertraglich vereinbarten Betreuungszeit von mehr als sieben Stunden pro Betreuungstag. Der Anteil der Kinder in Ganztagsbetreuung an allen Kindern in Einrichtungen der Kinderbetreuung hat sich bei den 0- bis 2-Jährigen von 13,7 % im Jahr 2013 auf 17,1 % im Jahr 2023 erhöht. Die Ganztagsbetreuung von Kindern im Alter von 3 bis 5 Jahren stieg im gleichen Zeitraum um 7,5 Prozentpunkte auf 46,6 % an.
Der gesetzliche Betreuungsanspruch in Kindertageseinrichtungen kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn es genügend Kindertageseinrichtungen gibt und dort ausreichendes pädagogisches Betreuungspersonal vorhanden ist. Um dem Fachkräftemangel entgegenzusteuern, könnten mehr Anreize für männliches Betreuungspersonal geschaffen werden. Der Männeranteil stieg zwar in den vergangenen zehn Jahren von 4,4 auf 8,1 % an. Damit waren 2023 aber immer noch neun von zehn Betreuungspersonen Erzieherinnen (91,9 %).
Neben dem Betreuungsangebot ist auch die Aufteilung der häuslichen Betreuungsaufgaben zwischen Müttern und Vätern ein entscheidender Faktor, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch bei Frauen gelingen kann. Hierzu wird der "Gender Care Gap" als Indikator herangezogen. Dieser wird auf Basis der Zeitverwendungserhebung berechnet. Der Gender Care Gap misst den Unterschied des zeitlichen Umfangs unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern. Hierunter fallen zum Beispiel Haushaltsführung, Kinderbetreuung oder die Pflege anderer Angehöriger, Ehrenamt und freiwilliges Engagement. Die Zeitverwendungserhebung aus dem Jahr 2022 ergab, dass Frauen ab 18 Jahren im Schnitt rund 9 Stunden pro Woche oder 1 Stunde und 19 Minuten pro Tag mehr unbezahlte Arbeit leisten als Männer. Dies entspricht einem Gender Care Gap von 44,3 %, das heißt, die durchschnittliche Dauer der täglichen unbezahlten Arbeit von Frauen übersteigt die der Männer um diesen Prozentwert. Die Zeitverwendungserhebung 2012/13 wies noch einen Gender Care Gap von 52,4 % aus, mit durchschnittlich 1 Stunde und 27 Minuten am Tag, die Frauen länger mit unbezahlter Arbeit verbrachten als Männer. Betrachtet man Haushalte mit Kindern, wird der Unterschied zwischen den Geschlechtern noch deutlicher: 2022 leisteten Mütter ab 18 Jahren 14 Stunden und 36 Minuten pro Woche mehr unbezahlte Arbeit als Väter, was einen Gender Care Gap von 56,6 % ergibt (siehe auch Interner Link: Kapitel 5.5.2).
In Deutschland kümmern sich also weiterhin vor allem Frauen um die Haushaltsführung, die Betreuung von Kindern sowie die Pflege von Angehörigen und übernehmen damit den Großteil der unbezahlten Arbeit. Wie die Indikatoren belegen, zeichneten sich zwar in den vergangenen Jahren allmähliche Angleichungen in den Arbeitszeitmodellen zwischen Elternpaaren ab, die Väterbeteiligung an der Elternzeitnahme stieg und es entwickelte sich ein bedarfsgerechteres Angebot von Kinderbetreuung. Von einer gleichberechtigten Aufteilung der Fürsorgearbeit kann jedoch noch nicht gesprochen werden.