Als Maßstab für die Gleichstellung von Frauen und Männern wird oft die Vertretung in Entscheidungsfunktionen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung herangezogen. Es wird beispielsweise eine paritätische Besetzung in Führungspositionen angestrebt. Dies soll Frauen und Männern nicht nur eine gleichberechtigte Teilhabe, sondern vor allem auch die gleiche Chance zur aktiven Einflussnahme auf das politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben ermöglichen.
Eine gleichberechtigte Partizipation von Frauen und Männern an der politischen Macht und Willensbildung setzt nicht nur voraus, dass Frauen ihr Wahlrecht ausüben, sondern auch, dass sie selbst gewählt werden können. Beides ist in Deutschland seit 1918 gesetzlich möglich. Dabei hat sich nach Ergebnissen der amtlichen Wahlstatistik der Frauenanteil an den Mandaten in deutschen Parlamenten in den vergangenen zehn Berichtsjahren relativ stabil bei etwa einem Drittel gehalten. Auffällig ist, dass Bundes- und Landesparlamente im Durchschnitt einen leicht höheren Anteil an weiblichen Abgeordneten aufweisen als Vertretungen auf kommunaler Ebene. So gingen beispielsweise 2021 im zuletzt gewählten Deutschen Bundestag 34,8 % der Sitze an Frauen, 2023 waren in den Landesparlamenten insgesamt 33,2 % und den kommunalen Vertretungen der Kreistage und Stadträte 30,3 % weiblich.
Der Frauenanteil in Parlamenten ist zudem stark abhängig von der Zusammensetzung der Parlamente. Dies illustriert das Beispiel der Fraktionen im Deutschen Bundestag nach den Wahlen 2021: Hier war bei der AfD nur gut jedes siebte Fraktionsmitglied eine Frau (13,3 %). Bei CDU/CSU (23,4 %) oder FDP (23,9 %) lag der Frauenanteil bei jeweils knapp einem Viertel. Bei der SPD betrug der Frauenanteil mit 41,7 % noch deutlich weniger als die Hälfte. Nur bei Die Linke (53,8 %) und Bündnis 90 / Die Grünen (59,3 %) war mehr als jedes zweite Fraktionsmitglied eine Frau. Daher schwankt der Frauenanteil in Parlamenten im Zeitverlauf auch in Abhängigkeit der jeweiligen Wahlergebnisse.
Neben dem Frauenanteil in Parlamenten ist auch die Partizipation an hohen Regierungsämtern ein wichtiger Indikator für die politische Teilhabe von Frauen. Laut eigener Erhebung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) betrug im Juli 2023 in den Spitzenämtern der Landesregierungen, das umfasst Regierungschefinnen und Regierungschefs, Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren, der deutschlandweite Frauenanteil 44,3 % (siehe Abbildung 1). Der Anteil von Frauen in der Bundesregierung (Bundeskabinett) machte zu diesem Zeitpunkt 41,2 % aus und lag damit etwas über dem Frauenanteil bei den Abgeordneten.
Um den Frauenanteil in Führungspositionen maßgeblich zu steigern, trat in Deutschland 2015 das erste Führungspositionengesetz (FüPoG I) und 2021 das zweite, auf das erste aufbauende Führungspositionengesetz (FüPoG II) in Kraft. Es umfasst verbindliche Vorgaben für Teile der Privatwirtschaft sowie den öffentlichen Dienst. In Aufsichtsräten privater Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt seit 2016 eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Im öffentlichen Dienst soll bis Ende 2025 eine Gleichbesetzung von Frauen und Männern auf allen Führungsebenen erreicht werden.
In der Privatwirtschaft ist trotz dieser gesetzlichen Vorgabe der Frauenanteil in den Positionen der ersten Führungsebene von 2012 bis 2022 nur um einen Prozentpunkt auf 28 % gestiegen. Darunter werden die Geschäftsführung, die Vorstände, Filial- und Betriebsleitung sowie Eigentümerinnen und Eigentümer eingeordnet, die diese Stellungen nach einer Selbsteinschätzung in einer Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem IAB-Betriebspanel, angaben (Abbildung 1). Diesen stagnierenden Trend bestätigen auch Ergebnisse des Mikrozensus, nach denen der Frauenanteil in Führungspositionen von 2012 (28,6 %) bis 2022 (28,9 %) fast unverändert geblieben ist. In der zweiten Führungsebene, die die direkt darunter stehenden Führungskräfte umfasst, lag der Anteil 2022 nach Ergebnissen des IAB-Betriebspanels zwar mit 41 % höher, war aber seit 2012 (39 %) ebenfalls nur leicht angewachsen.
Der Bundesgleichstellungsindex der obersten Bundesbehörden gibt einen Einblick, inwieweit das oben genannte gesetzlich verankerte Ziel einer "Gleichberechtigten Teilhabe" (das heißt "annähernd numerische Gleichheit") von Frauen in Führungspositionen in der Bundesverwaltung bis Ende 2025 voranschreitet. Der Bundesgleichstellungsindex wird jährlich vom Statistischen Bundesamt im Auftrag des BMFSFJ erstellt. Es zeigt sich, dass der Frauenanteil an allen Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden von 2015 bis 2023 um 10 Prozentpunkte auf 42,6 % gestiegen ist (Abbildung 1). Der Anteil von Frauen ist hier somit deutlich stärker angestiegen als in Parlamenten und der Privatwirtschaft.
Dieser Trend findet sich ähnlich bei den Führungs- und Leitungspositionen in der Justiz (ohne Bundesverfassungsgericht): Bei Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten der Besoldungsgruppen R 3 bis R 10 stieg im Zeitraum von 2012 bis 2022 nach Ergebnissen der Personalstandstatistik der Frauenanteil um 13,7 Prozentpunkte an Bundesgerichten und 11,6 Prozentpunkte an Landesgerichten an. Dennoch waren Frauen auch hier 2022 mit einem Anteil von rund einem Drittel (35,3 % Bundes- und 30,5 % Landesgerichte) unterrepräsentiert.
Auch in Wissenschaft, Forschung und Lehre ist der Einfluss von Frauen geringer als der von Männern. So konnte beispielsweise der Frauenanteil an hauptberuflichen Hochschulprofessuren gemessen in der Hochschulpersonalstatistik in den vergangenen zehn Berichtsjahren mit 7,6 Prozentpunkten zwar gesteigert werden, mit 28 % im Jahr 2022 blieb er jedoch weit unter der angestrebten paritätischen Besetzung (Abbildung 1).
Die Anreize und gesetzlichen Vorschriften einer gleichberechtigten Partizipation von Frauen und Männern in der deutschen Gesellschaft haben ihre volle Wirkung noch nicht erreicht. In Führungspositionen der Politik, Wirtschaft und Verwaltung sind Frauen weiterhin unterrepräsentiert. Weiter fortgeschritten ist die Gleichstellung auf Ebene der Regierungen und im öffentlichen Dienst, während in Parlamenten und der Privatwirtschaft nur geringe Veränderungen zu erkennen sind.