Dass die Coronapandemie bestehende Ungleichheiten teilweise verschärft hat, zeigt auch der Vergleich von Menschen aus verschiedenen Einkommensgruppen. Dazu wird die Gesamtpopulation auf Basis der Einkommensverteilung in drei gleich große Gruppen geteilt: Im untersten Terzil befindet sich das Drittel der in Deutschland lebenden Menschen mit den niedrigsten Einkommen, im höchsten Terzil das Drittel mit den höchsten Einkommen. Unter Menschen des dazwischen liegenden, mittleren Einkommensterzils wuchs der Anteil einsamer Menschen zwischen 2013 und der zweiten Hälfte des Jahres 2021 am stärksten und stieg von 6 auf 11 %. Im oberen und unteren Einkommensterzil stieg dieser Anteil jeweils nur um drei Prozentpunkte. Hervorzuheben ist jedoch, dass sich unter den Menschen des unteren Einkommensterzils zu allen Erhebungszeitpunkten mit Abstand die meisten Menschen einsam fühlten. Die Differenz zwischen unterem und oberem Einkommensterzil lag dabei beinahe konstant bei 10 Prozentpunkten. Wie bereits erwähnt, erschwert ein niedriger sozioökonomischer Status die soziale Teilhabe und damit die Etablierung und Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen. Mehrere Studien haben bereits belegt, dass ein niedriger sozioökonomischer Status einer der gravierendsten Risikofaktoren für Einsamkeit ist.
Einsamkeit in Abhängigkeit von sozialstrukturellen Merkmalen
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Sozialbericht: Kapitel 7.5.3 und 7.5.4
Keine statistisch relevanten Unterschiede fanden sich hingegen zwischen Menschen mit Kindern und jenen ohne Kind. Unter den Eltern lag der Anteil einsamer Personen zwar konstant etwas höher als unter den Kinderlosen, diese Unterschiede sind jedoch statistisch nicht signifikant. Oft wird angenommen, dass sich Menschen ohne Kind eher einsam fühlen als Eltern. Mehrere Studien zeigen aber, dass das nicht der Fall ist. Insbesondere Mütter sehr kleiner Kinder laufen besonders Gefahr, sich einsam zu fühlen, da ihre sozialen Beziehungen, etwa zu Arbeitskolleginnen, Freunden oder Bekannten, in dieser Lebensphase stark eingeschränkt sind.
Ebenfalls keine statistisch relevanten Unterschiede fanden sich (zumindest seit 2017) zwischen Menschen aus den neuen Bundesländern (und Berlin-Ost) und dem früheren Bundesgebiet. Lag im Jahr 2013 der Anteil derer, die sich einsam fühlten, im Osten noch rund 2 Prozentpunkte über dem Wert im Westen, ist die Differenz im Jahr 2021 auf unter 1 Prozentpunkt gesunken. Dies deckt sich auch mit anderen Indikatoren der psychischen Gesundheit, für die ebenfalls eine Annäherung von Ost und West zu verzeichnen ist.
Eine Annäherung war auch zwischen allein lebenden und nicht allein lebenden Menschen zu beobachten. Der Anteil an Alleinlebenden, die angaben, einsam zu sein, war zwar in allen drei Erhebungsjahren höher als der entsprechende Anteil unter Nichtalleinlebenden. Die Differenz sank jedoch um mehr als die Hälfte von fast 7 Prozentpunkten im Jahr 2013 auf weniger als 3 Prozentpunkte im Jahr 2021.
Fazit
Einsamkeit betrifft Millionen von Menschen in Deutschland und geht mit ernst zu nehmenden gesundheitlichen Risiken einher. Die vorliegenden Analysen zeigen, dass zum Zeitpunkt auslaufender pandemiebedingter Kontaktrestriktionen sowie nach deren Ende noch deutlich mehr Menschen in Deutschland von Einsamkeit betroffen waren als vor der Pandemie. Um besser zu verstehen, wie es aktuell um die Einsamkeit der in Deutschland lebenden Menschen steht, bedarf es dringend weiterer Messungen von Einsamkeit, idealerweise im Rahmen einer als Längsschnitt angelegten repräsentativen Datenerhebung wie dem SOEP, um Vergleiche zu den Vorjahren herstellen zu können und die Entwicklung von Gruppen mit besonderem Einsamkeitsrisiko fortlaufend zu beobachten.
Darüber hinaus zeigt sich, dass Frauen, Menschen mit niedrigem Einkommen und Menschen mit Migrationshintergrund besonders häufig von Einsamkeit betroffen sind. Die Situation der Menschen mit Migrationshintergrund verschärfte sich seit Beginn der Erhebung von Einsamkeit im SOEP. Ferner zeigte sich, dass zum Zeitpunkt auslaufender pandemiebedingter Kontaktrestriktionen sowie nach deren Ende vor allem Jüngere noch einsamer zurückblieben als zuvor.
Gleichzeitig gab es auch Gruppenunterschiede, die über die Zeit kleiner wurden: In Ostdeutschland lebende Menschen sind seit 2017 nicht mehr häufiger von Einsamkeit betroffen als in Westdeutschland lebende Menschen. Leider lag dies jedoch nicht daran, dass die Einsamkeit unter den in Ostdeutschland lebenden Menschen zurückging; im Gegenteil, sie stieg sogar über die Zeit leicht an. Der Unterschied wurde jedoch dadurch geringer, dass die Einsamkeit unter den in Westdeutschland lebenden Menschen stärker anstieg. Auch das Gefälle zwischen allein lebenden und gemeinsam mit anderen lebenden Menschen ging über die Zeit zurück, wiederum aus ähnlichen Gründen: Nicht die Gesamteinsamkeit fiel, sondern sie stieg in beiden Gruppen an und unter den gemeinsam mit anderen lebenden Menschen fiel dieser Anstieg vergleichsweise stärker aus.
Insgesamt unterstreichen die Untersuchungsergebnisse, wie wichtig es ist, noch besser zu verstehen, wann und warum sich Menschen in Deutschland einsam fühlen. Um sicherzustellen, dass Personen offen berichten, wie einsam sie sich fühlen, sollte besser über das Phänomen aufgeklärt und einer Stigmatisierung entgegengewirkt werden. Auf diesem Wege können die Ursachen von Einsamkeit genauer verstanden und effektive Strategien entwickelt werden, um mit dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung besser umzugehen.
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