Einsamkeit ist subjektiv und kann dennoch jeden Menschen treffen. Sie beschreibt ein negatives Gefühl, das entsteht, wenn die vorhandenen sozialen Beziehungen nicht die sozialen Bedürfnisse einer Person erfüllen. Dies kann sowohl heißen, dass sich Menschen mehr soziale Beziehungen wünschen, als sie haben, aber auch, dass sie sich tiefere und erfüllendere Beziehungen wünschen. Einsamkeit ist zwar keine klinische Diagnose, in den vergangenen Jahrzehnten wurde jedoch zunehmend klar, dass chronische Einsamkeit mit erheblichen physischen und psychischen Gesundheitsrisiken einhergeht. Chronisch einsame Menschen leiden häufiger an Herz- und Kreislauferkrankungen und weisen ein erhöhtes Risiko von Diabetes, Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen auf als Menschen, die nicht chronisch einsam sind. Chronisch einsame Menschen haben darüber hinaus sogar eine verkürzte Lebenserwartung und ein erhöhtes Sterberisiko.
Einsamkeit muss daher als gesamtgesellschaftliche Herausforderung betrachtet werden. Dieser Tatsache entsprechend hat die Bundesregierung Ende des Jahres 2023 eine Strategie gegen Einsamkeit beschlossen, deren Ziel es unter anderem ist, besser über Einsamkeit und ihre gesundheitlichen Risiken aufzuklären, die gesellschaftliche Sensibilität für das Thema zu fördern, präventive Ansätze der sozialen Arbeit zur Vorbeugung von Einsamkeit zu stärken und Menschen mit Einsamkeitserfahrungen niedrigschwelligen und barrierefreien Zugang zu bedürfnisorientierten Angeboten zu ermöglichen. Damit folgt sie dem Vorbild anderer europäischer Länder, etwa Großbritanniens, der Niederlande und Spaniens, und reagiert auf zwischenzeitlich alarmierende Zahlen aus der Zeit der Coronapandemie, die einen sprunghaften Anstieg der Einsamkeit in Deutschland belegten.
Doch wie steht es um die Einsamkeit der in Deutschland lebenden Menschen? Gibt es bestimmte Risikogruppen, die besonders von Einsamkeit betroffen sind? Und haben sich diese Risikogruppen möglicherweise über die Zeit, vor allem mit Hinblick auf die Coronapandemie, verändert? Diese Fragen lassen sich mithilfe des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen, jährlich durchgeführten Wiederholungsbefragung deutscher Haushalte, beantworten. Das SOEP hat die Einsamkeit der Menschen in Deutschland in den Jahren 2013, 2017 und 2021 erfasst. Somit liegen zwei Messungen vor, die über die Einsamkeit vor Beginn der Coronapandemie Auskunft geben, und eine Messung, die Schlüsse über die Einsamkeit der in Deutschland lebenden Menschen zu einem Zeitpunkt zulässt, an dem die durch die Pandemie notwendig gewordenen Kontaktrestriktionen größtenteils oder ganz beendet waren. Die Daten aus dem Jahr 2021 stammen aus Befragungen, die zwischen Anfang Mai 2021 und Ende Januar 2022 durchgeführt wurden, also zu einer Zeit als es bereits einen Impfstoff gab und davon auszugehen war, dass keine weiteren flächendeckenden Lockdowns und Kontaktrestriktionen eintreten würden.
Für die Messung subjektiv erlebter Einsamkeit verwendet das SOEP eine wissenschaftlich etablierte Skala, die aus drei verschiedenen Fragen besteht:
Wie oft haben Sie das Gefühl, dass Ihnen die Gesellschaft anderer fehlt?
Wie oft haben Sie das Gefühl, außen vor zu sein?
Wie oft haben Sie das Gefühl, dass Sie sozial isoliert sind?
Die SOEP-Befragten beantworten diese Fragen mithilfe einer 5-stufigen Antwortskala, die Antworten von "nie" (1) bis "sehr oft" (5) zulässt. Um die folgenden Ergebnisse verständlich interpretierbar zu machen, wurde zunächst für die Antworten jeder Person über alle drei Fragen der Mittelwert gebildet. Anschließend wurde anhand dieses Mittelwerts für jede Person bestimmt, ob sie als "einsam" oder "nicht einsam" in die Analyse einfloss. Als "einsam" wurden Personen klassifiziert, die einen Mittelwert größer als 3 auf der Einsamkeitsskala erzielten, also im Durchschnitt angaben, sich häufiger als nur manchmal einsam zu fühlen. Unten stehende Ergebnisse basieren auf den SOEP-Daten und lassen Aussagen über alle erwachsenen Personen zu, die in Deutschland in privaten Haushalten leben. Davon ausgenommen sind in Deutschland lebende geflüchtete Personen.