Deutsche Sprachkenntnisse sind für die Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt und die Aufnahme einer qualifikationsadäquaten Beschäftigung von zentraler Bedeutung. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge haben bis Mitte 2023 über 300.000 Ukrainerinnen und Ukrainer begonnen, einen Integrations- und Sprachkurs zu besuchen. Auch die Befragung "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" zeigte, dass Anfang 2023 etwa zwei Drittel aller erwachsenen Geflüchteten (65 %) zu diesem Zeitpunkt einen Integrationskurs besuchten und ein Zehntel (10 %) diesen bereits abgeschlossen hatte.
Für eine nachhaltige Lebensperspektive der Menschen ist es wichtig, dass sie eine Beschäftigung gemäß ihrer Qualifikation finden können. Im europäischen Vergleich führt dieser Fokus auf die Vermittlung in qualifikationsadäquate Tätigkeiten allerdings zu aktuell geringen Erwerbstätigenquoten. Erste vergleichende, aber nicht repräsentative Befragungsdaten des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen zeigen, dass der Anteil erwerbstätiger Geflüchteter aus der Ukraine im Jahr 2023 in Tschechien und der Slowakei, aber auch in Polen, Italien und Rumänien höher lag als in Deutschland. Gleichzeitig zeigen die Daten aber auch die große Bedeutung von Fortbildungen im Rahmen von Integrations- und Sprachkursen, die in Deutschland (40 %) einen weitaus wichtigeren Stellenwert einnehmen als in anderen Zielländern. Insgesamt unterscheiden sich die Anteile der Nichterwerbstätigen zwischen den Ländern nur wenig.
Fazit
Die Ukrainerinnen und Ukrainer sind heute – hinter den Menschen aus der Türkei – die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Die große Zahl von geflüchteten Kindern und Jugendlichen, die räumliche Trennung vieler Familien, die geringen Deutschkenntnisse bei einem Großteil der Geflüchteten zum Zeitpunkt der Ankunft sowie die nach wie vor bestehenden Unsicherheiten über den Kriegsverlauf und die damit verbundenen individuellen Zukunftsperspektiven stellen große Herausforderungen für die Gestaltung der Teilhabe der Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland dar.
Gleichwohl gibt es dank eines durchschnittlich hohen Bildungs- und Ausbildungsniveaus der Geflüchteten sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen eine vergleichsweise günstige Ausgangssituation für den weiteren Integrationsverlauf. Die Befunde der ersten drei Befragungen der Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" haben gezeigt, dass sich die Lebenssituation der Geflüchteten seit Kriegsbeginn in vielen Bereichen verbessert hat. Dies betrifft die schnelle Integration der Kinder und Jugendlichen in das Bildungs- und Betreuungssystem, die kontinuierlich steigende Zahl von in Deutschland erwerbstätigen Ukrainerinnen und Ukrainern sowie auch eine Vielzahl weiterer hier nicht vorgestellter Indikatoren der sozialen Integration und des Wohlbefindens.
In Zukunft gilt es, aufenthaltsrechtliche Rahmenbedingungen für die Zeit nach Ablauf des temporären Schutzes im März 2025 zu entwickeln. Diese Rahmenbedingungen sollten eine nachhaltige Integration in die deutsche Gesellschaft, das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt weiter fördern. Dies ist auch vor dem demografisch bedingten Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials in Deutschland von besonderer Bedeutung. Die individuellen Zukunftspläne werden allerdings vorerst unsicher bleiben. Und schließlich hat auch die Ukraine ein Interesse daran, dass ihre jetzt im Ausland lebende Bevölkerung zurückkehrt und sich an einem künftigen Wiederaufbau des Landes beteiligt.