Um Städte unterschiedlicher Größe und Gestalt miteinander vergleichen zu können, benötigen wir etablierte Indikatoren, die Auskunft über das Ausmaß der Ungleichverteilung zwischen den Städten geben. Eines der am weitesten verbreiteten Maße ist der Dissimilaritätsindex. Er wird in der Stadtforschung auch als Segregationsindex bezeichnet. Der Index mit einem Wertebereich von 0 bis 100 gibt für die Gesamtstadt an, wie ungleich eine soziale Gruppe im Vergleich zum Rest der Bevölkerung über die statistischen Gebietseinheiten der Stadt verteilt ist. Je höher der Wert ausfällt, desto ausgeprägter ist die Segregation. Der Wert gibt den Anteil einer bestimmten Bevölkerungsgruppe an (zum Beispiel der von Armut betroffenen Personen), der umziehen müsste, um eine Gleichverteilung dieser Gruppe über die Gesamtstadt zu erreichen.
Mit den Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist es möglich, die Ungleichverteilung von Personen mit SGB-II-Bezug bezogen auf alle anderen Personen (unter 65 Jahren) abzubilden. Diese Ungleichverteilung lässt sich als Armutssegregation interpretieren. Darüber hinaus können die Anteile von Akademikern und Akademikerinnen bezogen auf alle Erwerbspersonen (als Maßzahl für die Bildungssegregation) sowie von Beziehenden höherer Einkommen (oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze) bezogen auf alle Erwerbspersonen (als Maßzahl für die Einkommenssegregation) errechnet werden.
Abbildung 1 zeigt die städtische Armutssegregation in fünf unterschiedlichen Regionen für den Zeitraum von 2013 bis 2022. In den ostdeutschen Städten war die Armutssegregation in diesem Zeitraum am stärksten ausgeprägt und verzeichnete zwischen 2013 und 2018 den größten Zuwachs. Den höchsten Stand erreichte der Segregationsindex im Jahr 2022 in den ostdeutschen Städten: Rund 38 % aller Personen mit SGB-II-Bezug hätten demnach umziehen müssen, um eine Gleichverteilung innerhalb der ostdeutschen Städte zu erreichen. Auch in den Städten des Ruhrgebiets zeigte sich ein starker Anstieg zwischen 2013 und 2020. Die norddeutschen Städte wiesen zwar ebenfalls eine vergleichsweise hohe Armutssegregation auf, verzeichneten aber einen geringeren Anstieg. Für die süddeutschen Städte zeigte sich ein gegenläufiger Trend. Sie wiesen 2022 die geringste Armutssegregation auf.