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Gerechtigkeitsbewertung der Einkommensverteilung | Sozialbericht 2024 | bpb.de

Sozialbericht 2024 Vom Datenreport zum Sozialbericht Statistische Daten und sozialwissenschaftliche Analysen Bevölkerung und Demografie Bevölkerungsstand und Bevölkerungsentwicklung Bevölkerungsstand und Bevölkerungsentwicklung: Einleitung Bevölkerungsstand und -entwicklung Altersaufbau, Geburtenentwicklung und Lebenserwartung Wanderungsbewegungen Zukünftige Bevölkerungsentwicklung Eingewanderte und ihre Nachkommen Eingewanderte und ihre Nachkommen: Einleitung Eingewanderte und ihre Nachkommen in Deutschland seit dem Jahr 2005 Demografische Struktur Sozioökonomische Integration Schutzsuchende Situation der Schutzsuchenden aus der Ukraine Binnenwanderung Wanderungsgeschehen allgemein Wanderungen zwischen Kreisen Stadt-Land-Wanderungen Lebenserwartung und Todesursachen Entwicklung der Lebenserwartung Regionale Unterschiede Internationaler Vergleich Todesursachen Künftige Entwicklung der Lebenserwartung Familie, Lebensformen und Kinder Lebensformen in der Bevölkerung und Kinder Formen des Zusammenlebens Eheschließungen und Scheidungen Familien und ihre Strukturen Lebenssituation von Kindern Vereinbarkeit von Familie und Beruf Kinderlosigkeit Kindertagesbetreuung Betreute Kinder Ganztagsbetreuung Kinder mit Migrationshintergrund in Kindertagesbetreuung Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen Wer geht ab wann in die Kita? Wer hat Bedarf? Sozioökonomische Unterschiede und ihr zeitlicher Verlauf Kita-Ausbau in den vergangenen Jahren Nutzungs- und Bedarfsunterschiede für Kinder unter drei Jahren Nutzungs- und Bedarfsunterschiede für Kinder ab drei Jahren Kinder- und Jugendhilfe: Kinderschutz, erzieherische Hilfen und Adoptionen Kinderschutz und Kindeswohl Hilfe zur Erziehung oder bei (drohender) seelischer Behinderung Adoptionen Infertilität und Reproduktionsmedizin in Deutschland Infertilität und Reproduktionsmedizin in Deutschland: Einleitung Infertilitätserfahrungen im Lebensverlauf Nutzung medizinisch assistierter Reproduktion Soziale Unterschiede in der Nutzung medizinisch assistierter Reproduktion Demografische Bedeutung der Nutzung medizinisch assistierter Reproduktion Lebenswelten queerer junger Menschen Lebenswelten queerer junger Menschen: Einleitung Freundschaften Die Beziehung zur Familie Nutzung von professionellen Beratungs- und Unterstützungs- angeboten Freizeitgestaltung Politische Partizipation Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen Wie gut sind wir aufs Alter vorbereitet? Finanzielle Vorsorge Wohnen im Alter Vorsorgedokumente für den Notfall Bildung Bildungsbeteiligung und Bildungsförderung Bildungsbeteiligung und Bildungsförderung: Einleitung Allgemeinbildende und berufliche Schulen Der sozioökonomische Status der Schülerinnen und Schüler Betriebliche Berufsausbildung Pflegeausbildung Hochschulen Bildungsförderung Bildungsniveau der Bevölkerung Weiterbildung Weiterbildung: Einleitung Teilnahme an Weiterbildung Gründe für die Weiterbildungsteilnahme Anbieter von Weiterbildung Arbeitsmarkt und Verdienste Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: Einleitung Die amtliche Arbeitsmarktstatistik Entwicklung der Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit Erwerbstätige nach Wirtschafts­bereichen und Berufsgruppen Beteiligung am Erwerbsleben Stille Reserve als Teil des ungenutzten Arbeitskräftepotenzials Teilzeitbeschäftigung Atypische Beschäftigung, ­Normalarbeitsverhältnis und Selbstständigkeit Erwerbstätigkeit als Unterhaltsquelle Registrierte Arbeitslose und gemeldete Arbeitsstellen Arbeitszeiten Beschäftigungsstabilität Homeoffice Verdienste Tarifbindung Bruttoverdienste Verdienstunterschied ­zwischen Männern und Frauen Nominal- und Reallohn Niedriglöhne Mindestlohn Wer macht was? Die Verteilung der tatsächlichen und mentalen Sorgearbeit Wer macht was? Die Verteilung der tatsächlichen und mentalen Sorgearbeit: Einleitung Aufteilung der unbezahlten Haus- und Betreuungsarbeit in Paarbeziehungen in Deutschland Aufteilung der mentalen Arbeit in Paarbeziehungen in Deutschland Gefühlte Belastungen durch mentale Arbeit Zufriedenheit mit der Auf­teilung tatsächlicher und mentaler Haus- und Familienarbeit Arbeiten von zu Hause: Vereinbarungen, Arbeitsbedingungen, Wohlbefinden und Gesundheit Arbeiten von zu Hause: Vereinbarungen, Arbeitsbedingungen, Wohlbefinden und Gesundheit: Einleitung Verbreitung der Arbeit von zu Hause Wunsch nach Arbeit von zu Hause Einfluss auf die Arbeit von zu Hause Arbeit von zu Hause: Arbeitsbedingungen und Wohlbefinden Homeoffice und das Wohlbefinden von Eltern während der Coronapandemie Homeoffice und das Wohlbefinden von Eltern während der Coronapandemie: Einleitung Wohlbefinden im Zusammenhang mit der Pandemie Nutzung von Homeoffice Zusammenhang zwischen Homeoffice und der Wahrnehmung positiver Aspekte der Pandemiezeit Der Einfluss des Pendelwegs für die Bewertung der Pandemiezeit Rushhour des Lebens: Familien- und Erwerbs­arbeit im Lebensverlauf Rushhour des Lebens: Familien- und Erwerbs­arbeit im Lebensverlauf: Einleitung Die Rushhour des Lebens Ideale Arbeitszeiten für Mütter nach Alter der Kinder Ideale Arbeitszeiten für Väter nach Alter der Kinder Kluft zwischen idealer und tatsächlicher Erwerbsarbeit Hochrechnung der Arbeitsmarktpotenziale Fazit: Entzerrung der Rushhour des Lebens und stärkere Nutzung der Arbeitsmarktpotenziale von Müttern Private Haushalte – Einkommen, Konsum und Zeitverwendung Konsumausgaben, Ausstattung und Internetnutzung privater Haushalte, Überschuldung Konsumausgaben, Ausstattung und Internetnutzung privater Haushalte, Überschuldung: Einleitung Konsumausgaben Ausstattung privater Haushalte mit Gebrauchsgütern Internetnutzung Überschuldung und Privatinsolvenz Einkommen, Armutsgefährdung, materielle und soziale Entbehrung Einkommen, Armutsgefährdung, materielle und soziale Entbehrung: Einleitung Einkommen und Einkommensverteilung Armutsgefährdung Materielle und soziale Entbehrung Armut oder soziale Ausgrenzung: der AROPE-Indikator Einkommens­entwicklung und Armut nach Bevölkerungsgruppen – Verteilung, Angleichung und Dynamik Einkommens­entwicklung und Armut nach Bevölkerungsgruppen – Verteilung, Angleichung und Dynamik: Einleitung Einkommensentwicklung und -verteilung Einkommensschichtung und relative Armut Angleichung der Einkommen zwischen Ost- und Westdeutschland Einkommensunterschiede bei Personen mit Migrationshintergrund Armut in verschiedenen Bevölkerungsgruppen Dynamik von Einkommen und Armut Private Vermögen – Höhe, Entwicklung und Verteilung Höhe des Nettovermögens Vermögensungleichheit Zusammensetzung des Vermögens Unterschiede nach Alter und Region Vermögen und Wohneigentum Vermögen nach sozialer Position Die Relevanz von Erbschaften und Schenkungen Vermögen im europäischen Vergleich Ausblick Zeitverwendung Zeitverwendung: Einleitung Zeitverwendung im Überblick Zeitverwendung für bezahlte und unbezahlte Arbeit, Gender Care Gap Einsamkeit Wohnen Wohnsituation und Wohnkosten Wohnverhältnisse privater Haushalte Mieten und Wohnkosten Wohnungslosigkeit Inhalte der neuen Statistik: Auskunftspflicht und Erhebungsmerkmale Ergebnisse der ersten beiden Erhebungen Zentrale Erkenntnisse der ersten beiden Durchführungen der Statistik Sozialstruktur und soziale Lagen Einkommensgerechtigkeit in Deutschland und Europa Unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe für eine gerechte Einkommensverteilung Ideale und tatsächliche Verteilungsprinzipien in der Wahrnehmung der Menschen Wahrnehmung des eigenen Einkommens als gerecht Gerechtigkeitsbewertung der Einkommensverteilung Soziale Polarisierung in den deutschen Städten Soziale Polarisierung in den deutschen Städten: Einleitung Armutssegregation in den deutschen Städten Bildungs- und Einkommenssegregation Ballung von Armut Armut und Migration Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten, deren Nachkommen und Geflüchteten in Deutschland Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten, deren Nachkommen und Geflüchteten in Deutschland: Einleitung Bildungsabschlüsse von Migrantinnen und Migranten Erwerbsstatus und berufliche Stellung von Migrantinnen und Migranten Erwerbs-, Haushaltseinkommen und Armutsrisikoquote Deutsche Sprachkenntnisse Erfahrung von Benachteiligung, Sorgen, Bleibeabsicht und Überweisungen Gesundheit von Migrantinnen und Migranten Zufriedenheit von Migrantinnen und Migranten Lebenssituation ukrainischer Geflüchteter in Deutschland Lebenssituation ukrainischer Geflüchteter in Deutschland: Einleitung Soziodemografische Struktur der ukrainischen Geflüchteten Kinder und Jugendliche im Betreuungs- und Bildungssystem Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt Spracherwerb und Erwerbstätigkeit Einsamkeit Einsamkeit: Einleitung Entwicklung der Einsamkeit über die Zeit Einsamkeit in Abhängigkeit von demografischen Faktoren Einsamkeit in Abhängigkeit von sozialstrukturellen Merkmalen Gleichstellung Gleichstellung: Einleitung Gleichstellung und Partizipation Gleichstellung, Bildung und Berufswahl Gleichstellung, Erwerbsleben und Einkommen Gleichstellung und Sorgearbeit Gleichstellung und Gesundheit Gesundheit Gesundheits­zustand der Bevölkerung und Ressourcen der Gesundheitsversorgung Diagnose und Behandlung im Krankenhaus Schwerbehinderung Pflege Todesursachen Schwangerschaftsabbrüche Stationäre Versorgung Gesundheitliche Ungleichheit Allgemeiner Gesundheitszustand Morbidität Mortalität und Lebenserwartung Soziale Sicherung und Übergänge in den Ruhestand Soziale Sicherung Sozialbudget Mindestsicherungssysteme Fördersysteme Gestiegenes Rentenalter – stagnierende Rentenhöhen Gestiegenes Rentenalter – stagnierende Rentenhöhen: Einleitung Alter bei Verrentung: Rechtliche Voraussetzungen und Reformen Alter bei Rentenzugang und Rentenhöhe Rentenzugänge 2001 bis 2022 Erwerbsbiografien vor der Rente: Größere und kleinere Lücken überwiegen Weitgehend stagnierende Rentenhöhen Vulnerabilität und Wohlbefinden bei älteren Menschen Vulnerabilität und Wohlbefinden bei älteren Menschen: Einleitung Vulnerabilität bei älteren Menschen in Deutschland Politische und gesellschaftliche Partizipation Politische Integration und politisches Engagement Politische Integration und politisches Engagement: Einleitung Politisches Interesse und politische Partizipation Bindung an Interessen­gruppen und politische Parteien Einstellungen zur Demokratie Akzeptanz der Demokratie als Staatsform Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie bei verschiedenen Bevölkerungs- gruppen Zivilgesellschaftliche Organisa­tionen und zivilgesellschaftliches Engagement Zivilgesellschaftliche ­Organisationen als Infrastruktur des Zivilengagements Zivilgesellschaftliches ­Engagement von Einzelnen Zivilgesellschaftliches ­Engagement nach Bereichen mit Fokus auf Kultur und Umwelt Gering organisationsgebundenes und informelles Engagement Spenden Digitalisierung und politische Partizipation Digitalisierung und politische Partizipation: Einleitung Digitale Partizipationsformen Internetbezogene Bürgernormen Online Civic Intervention – Einsatz gegen Hass und Falschnachrichten im Internet Ungleichheiten in der digitalen Partizipation Werte und Einstellungen Subjektives Wohlbefinden und Sorgen Subjektives Wohlbefinden und Sorgen: Einleitung Allgemeine Lebens­zufriedenheit und Zufriedenheit mit Lebensbereichen Sorgen in persönlichen Bereichen Sorgen im öffentlichen Bereich Emotionales Glück und »Erfüllt-Sein« Werte, Normen, Einstellungen zu Geschlecht und Familie Werte, Normen, Einstellungen zu Geschlecht und Familie: Einleitung Der Wert von Kindern Einstellungen zu Ehe und ­außerehelichen Lebensformen Einstellungen zu Geschlechterrollen Einstellungen zu Elternrollen Umwelt, Energie und Mobilität Umweltwirkungen privater Haus­halte: Energieverbrauch und CO₂-Emissi­onen Energieverbrauch und CO₂-Emissionen durch Wohnen Energieverbrauch und CO₂-Emissionen durch Individualverkehr Makroökonomischer und internationaler Kontext Steuerzahlungen privater Haushalte im Zusammenhang mit Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen Energie- und CO₂-Fußabdruck der privaten Haushalte Umsetzung der Sustainable Development Goals in Deutschland Die Agenda 2030 und die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Monitoring und Reporting Räumliche Mobilität: (noch) schneller und weiter – die Coronapandemie als Dämpfer Räumliche Mobilität: (noch) schneller und weiter – die Coronapandemie als Dämpfer: Einleitung Verkehrsaufwand und Siedlungstypen Pkw-Verfügbarkeit Der »Kuckuckseffekt« Mobilität in Zeiten des Klimawandels Alles anders nach der Coronapandemie? Klimawandel und Klimaschutz im Bewusstsein der Menschen Klimawandel und Klimaschutz im Bewusstsein der Menschen: Einleitung Ansichten zur Existenz und zu den Ursachen des Klimawandels Sorgen um den Klimawandel und seine Folgen Einstellungen zu Klimaschutzmaßnahmen und persönliche Handlungsbereitschaft Nachspann Kontakt Datengrundlagen Autorinnen und Autoren Impressum

Gerechtigkeitsbewertung der Einkommensverteilung

Jule Adriaans Stefan Liebig

/ 4 Minuten zu lesen

Sozialbericht: Kapitel 7.1.4 und 7.1.5

Viele Erwerbstätige in Deutschland empfinden ihr eigenes Einkommen als ungerecht. Aber wie würde die Einkommensverteilung in Deutschland aussehen, wenn alle das Bruttoeinkommen erhalten würden, das sie als gerecht erachten? In den Erhebungen des SOEP wurde auch nach der konkreten Höhe gefragt, die das eigene Einkommen haben müsste, um gerecht zu sein. Für Personen, die ihr Einkommen als gerecht bewerteten, waren tatsächliches und gerechtes Einkommen identisch, für alle anderen unterschied sich der gerechte vom tatsächlichen Einkommensbetrag. Berechnet man aus diesen Angaben eine aus Perspektive der Befragten "gerechte" Einkommensverteilung, kann diese mit der tatsächlichen Einkommensverteilung verglichen werden. Der Vergleich in Abbildung 6 zeigt, dass eine solche "gerechte" Einkommensverteilung gegenüber der realen Verteilung leicht nach rechts verschoben ist, die Beschäftigten in Deutschland in einer "gerechten" Welt also mehr Einkommen für ihre Arbeit bekommen würden.

Abb 6: Tatsächliche und gerechte Verteilung der Bruttoerwerbseinkommen in Deutschland 2017/2019/2021 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Besonders deutlich ist diese Verschiebung bei Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Dies wird auch deutlich, wenn die durchschnittlichen Monatseinkommen der obersten und untersten 10 % in der Einkommensverteilung ins Verhältnis gesetzt werden. Dieser Indikator, der auch als "P90/10" bezeichnet wird, zeigt an, dass bei der tatsächlichen Verteilung der Bruttoeinkommen die Spitzenverdiener rund zehnmal so viel verdienen wie die Niedrigverdiener. Würden alle Befragten das für sie persönlich als gerecht empfundene Einkommen verdienen, würden die obersten 10 % nur siebenmal so viel verdienen wie die untersten 10 % Das Verhältnis wäre damit weniger ungleich.

Die Verteilung auf Basis "gerechter" persönlicher Einkommen folgt dennoch keinem Gleichheitsideal. Auch wenn alle befragten Beschäftigten das Einkommen bekämen, das sie für sich persönlich als gerecht bewerteten, würde es nach wie vor deutliche Einkommensungleichheiten in Deutschland geben. Dies spiegelt sich auch in der eher geringen Zustimmung für das Gleichheitsprinzip und der hohen Zustimmung zum Leistungsprinzip wider. Insbesondere am unteren Ende der Einkommensverteilung zeigt sich dabei ein empfundenes Gerechtigkeitsdefizit.

Bei der Berechnung der "gerechten" Einkommensverteilung in Abbildung 6 wurde nur berücksichtigt, welches Einkommen Erwerbstätigte in Deutschland für sich selbst als gerecht betrachten würden. Bei der Frage, wie gerecht die Einkommensverteilung in Deutschland ist, geht es jedoch nicht nur um das eigene Einkommen, sondern auch um die Einkommen anderer. Auch wenn ich mich selbst gerecht entlohnt fühle, kann ich ungerecht finden, was andere Menschen um mich herum verdienen. Informationen dazu, wie diese Einkommensverteilung von der Bevölkerung bewertet wird, stellt die Erhebung des International Social Survey Programme (ISSP) aus dem Jahr 2019 bereit. Befragte aus verschiedenen Ländern sollten angeben, ob sie die Einkommensverteilung in ihrem Land als "sehr gerecht", "gerecht", "ungerecht" oder "sehr ungerecht" einschätzen. In Abbildung 7 ist für verschiedene europäische Länder und Israel der Anteil der Personen dargestellt, die die Einkommensverteilung als "sehr gerecht" oder "gerecht" bewerteten. Dänemark ist das einzige Land, in dem die Einkommensverteilung mehrheitlich als gerecht bewertet wurde. In Deutschland bewertete nur rund ein Fünftel der Befragten die Einkommensverteilung als mindestens gerecht. Trotz dieser recht negativen Sicht auf die Einkommensgerechtigkeit im Land liegt Deutschland mit diesem Wert noch im europäischen Mittelfeld. In Bulgarien, Kroatien, Italien, Litauen und Russland bewerteten weniger als 10 % der Befragten die Einkommensverteilung in ihrem Land als gerecht.

Im Ergebnis zeigt sich eine deutlich kritischere Einschätzung, wenn es um die Einkommensverteilung als Ganzes und nicht die eigene Einkommenssituation geht. Die unterschiedlichen Datenquellen, Befragungszeitpunkte und zugrunde liegenden Erhebungsinstrumente lassen keinen direkten Vergleich der Einschätzung der eigenen Einkommen im SOEP und der Einschätzung der Einkommensverteilung im ISSP zu. Die darin enthaltenen Muster deuten jedoch darauf hin, dass die Befragten Ungerechtigkeiten in der Einkommensverteilung wahrnehmen, auch wenn sie sich selbst nicht davon betroffen fühlen.

Zusammenfassung und Fazit

Eine Grundannahme der empirischen Gerechtigkeitsforschung lautet, dass Ungleichheit vor allem dann mit negativen gesellschaftlichen Konsequenzen verbunden ist, wenn die Ungleichheit als ungerecht bewertet wird. Ein Blick auf die normativen Vorstellungen in Bezug auf eine gerechte Verteilung in Deutschland zeigt: Die individuelle Leistung und der individuelle Bedarf sind anerkannte Prinzipien für eine gerechte Einkommensverteilung. Eine Verteilung nach dem Prinzip der Gleichheit findet in Deutschland relativ wenig Zustimmung. Das Anrechtsprinzip wird von einer großen Mehrheit abgelehnt. Trotz dieser deutlichen Ablehnung werden der familiäre Hintergrund, Einkommen und Vermögen oder das Geschlecht durchaus als Faktoren identifiziert, die darüber bestimmen, ob eine Person in Deutschland Erfolg hat und sozial aufsteigen kann. Diese Diskrepanz zwischen normativem Soll- und wahrgenommenem Ist-Zustand verweist auf mögliche Gerechtigkeitsdefizite in Deutschland.

Nur knapp die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland war in den Jahren 2017, 2019 und 2021 der Meinung, dass ihr Bruttoeinkommen gerecht sei. Aber auch wenn man berücksichtigt, dass viele in Deutschland ihr Einkommen als ungerecht bewerten, zeigt sich, dass eine Einkommensverteilung, die sich daran orientiert, welches Einkommen Erwerbstätige für sich selbst als gerecht ansehen, nach wie vor große Einkommensunterschiede aufweist. Allerdings würden in einer solchen "gerechten" Welt vor allem diejenigen mit niedrigen und mittleren Einkommen mehr verdienen. Auch in Bezug auf die Einkommensverteilung insgesamt findet sich in Deutschland eine deutliche Ungerechtigkeitswahrnehmung. Eine ungleiche Einkommensverteilung wird zwar nicht per se abgelehnt, die tatsächliche Verteilung weicht aber dennoch von der als gerecht erachteten Verteilung ab.

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