Bei der differenzierten Betrachtung der gesamtdeutschen Einkommensverteilung sind weiterhin Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland zu beobachten. Die Angleichung der Einkommensverhältnisse zwischen Ost und West lässt sich anschaulich anhand der Entwicklung der verschiedenen Einkommensschwellen der verfügbaren Haushaltseinkommen dokumentieren. Die jährlichen Angaben werden dazu bis 2022 in Perioden zusammengefasst. Bei dieser Darstellung werden Niveau und Verteilung der Einkommen gleichzeitig betrachtet: Die schwarze mittlere Linie innerhalb der Blöcke in Abbildung 4 stellt den jeweiligen Median dar, also den Einkommensschwellenwert, der von jeweils der Hälfte der Bevölkerung unter- beziehungsweise überschritten wird. In analoger Form geben die Ober- und Untergrenzen der farbigen Blöcke die Einkommensschwellen wieder, zwischen denen die mittleren 50 % der Einkommen in der Bevölkerung liegen. Die dünnen äußeren Linien veranschaulichen schließlich die sogenannten Dezilschwellen, die die jeweils reichsten beziehungsweise ärmsten 10 % der Bevölkerung abgrenzen. Sie beschreiben also die Einkommensspanne, die das Wohlstandsniveau von 80 % der jeweiligen Bevölkerung ohne die jeweils reichsten und ärmsten 10 % umfasst und kennzeichnen so auch das Ausmaß an Einkommensungleichheit.
Angleichung der Einkommen zwischen Ost- und Westdeutschland
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Sozialbericht: Kapitel 5.3.3
Die Einkommen in Ostdeutschland lagen in allen Jahren bei allen Einkommensniveaus unter den vergleichbaren Schwellen in Westdeutschland. Im Zeitverlauf glich sich die Verteilung der Realeinkommen in Ostdeutschland bei allen Einkommensgruppen schrittweise an die Entwicklung der Westeinkommen an. Die unteren Einkommensgruppen (10-Prozent-Schwelle und 25-Prozent-Schwelle) schlossen unmittelbar nach der deutschen Vereinigung zunächst sehr schnell zu den höheren Einkommenspositionen in Westdeutschland auf. Im Zuge der wirtschaftlichen Rezessionsphasen nach dem Jahrtausendwechsel vergrößerten sich die Ost-West-Abstände hier aber bis zu den Jahren 2005 bis 2009 zwischenzeitlich wieder – die ostdeutschen Einkommen lagen in den Jahren 2015 bis 2019 wiederum bei 86 % und in den Jahren 2020 bis 2022 bei über 90 % des Westniveaus. Die mittleren und höheren Einkommen (50-Prozent-Schwelle und 75-Prozent-Schwelle) näherten sich langsamer an die höheren Westeinkommen an: In den Jahren 2015 bis 2019 erzielten sie 86 beziehungsweise 83 % der jeweiligen Westeinkommen, in den Jahren 2020 bis 2022 betrugen die entsprechenden Werte bereits 89 beziehungsweise 87 %. Bei den Topeinkommen (90-Prozent-Schwelle) erhöhte sich die Einkommensrelation von 65 % in den Jahren 1990 bis 1994 kontinuierlich auf 81 % in den Jahren 2015 bis 2019 und wiesen ab 2020 einen weiteren Anstieg auf 84 % auf. Stellt man zudem weiterhin bestehende Kaufkraftvorteile in Ostdeutschland in Rechnung, so verringern sich bei fast allen Einkommensgruppen die Einkommensdiskrepanzen auf weniger als 10 %. Ungeachtet der Coronapandemie und ihrer Folgen haben sich seit 2020 die Einkommensschwellen zwischen Ost und West bei allen Einkommensschichten weiter angeglichen. Die höchsten Einkommensunterschiede zwischen Ost und West bestehen bei den Topeinkommen. Zudem waren Ostdeutsche weiterhin stärker von Niedrigeinkommen und Einkommensarmut betroffen.
In Westdeutschland erhöhten sich die Abstände zwischen unteren und höheren Einkommen über einen langen Zeitraum stufenweise. In Ostdeutschland waren die Einkommen von vornherein weit weniger ungleich verteilt. Die Ungleichheit der Osteinkommen erhöhte sich langfristig aber deutlich und hat sich inzwischen zunehmend dem westdeutschen Niveau angeglichen. Die hier betrachteten Haushaltsnettoeinkommen sind in Ostdeutschland infolge der stärkeren sozialstaatlichen Umverteilung auch weiterhin noch weniger ungleich verteilt. Die Ungleichheit der zugrunde liegenden Haushaltsmarkteinkommen war bereits seit Mitte der 1990er-Jahre höher als in Westdeutschland.
Bei einer regional differenzierteren Betrachtung treten auch innerhalb Westdeutschlands Unterschiede zutage. Dazu wurden die westlichen Bundesländer nach Nord (Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein) und Süd (Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland) unterteilt und die Stadtstaaten (Berlin, Bremen, Hamburg) als eigene Kategorie erfasst. Insbesondere bei den Stadtstaaten waren erhöhte Einkommensrisiken mit gestiegenen Armutsquoten zu beobachten. Die regionale Differenzierung auf der Ebene der Bundesländer zeigt zwar weitere Variationen in der Einkommensverteilung und im Armutsrisiko. Es wird aber deutlich, dass in Ostdeutschland das Einkommensniveau und die Einkommensungleichheit niedriger und das Armutsrisiko der Bevölkerung höher waren als in den meisten westdeutschen Regionen – wobei sich die Armutsrisiken innerhalb der Regionen zwischen Stadt und Land in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils geringfügig unterschieden (siehe
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