Die verfügbaren durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen (gemessen am Median) der privaten Haushalte sind nach den Daten des SOEP in Deutschland nominal von monatlich 905 Euro im Jahr 1992 auf 2.000 Euro im Jahr 2022 gestiegen. Legt man die Preise von 2022 zugrunde, haben sich die Monatseinkommen im selben Zeitraum real (zu konstanten Preisen) von 1.544 auf 2.000 Euro erhöht. Die entsprechenden Vorjahreseinkommen lagen nominal im Jahr 2021 bei 25.518 Euro und real – zu den an das Einkommensjahr angepassten Preisen von 2022 – bei 28.135 Euro. Den nachfolgenden Berechnungen liegen Realeinkommen zu Preisen von 2022 auf Basis der vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Lebenshaltungskosten (nach dem Wägungsschema von 2020) zugrunde.
Während die Nominaleinkommen durchgehend stiegen, zeigen sich bei den Realeinkommen seit Beginn der 1990er-Jahre längere Phasen mit einem eher geringen Einkommenswachstum bei deutlichen konjunkturellen Schwankungen. Nach dem mit der deutschen Vereinigung eingetretenen wirtschaftlichen Boom und den zunächst hohen Einkommenszuwächsen in Ostdeutschland erhöhten sich die Einkommen in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre nur wenig. Zur Jahrtausendwende erfolgte erneut ein Einkommensanstieg, gefolgt von einer längeren Phase wirtschaftlicher Rezession mit zum Teil sogar rückläufigen Einkommensentwicklungen. Real – also unter Berücksichtigung der gestiegenen Preise für die Lebenshaltung (Lebenshaltungskosten) – sind (nach den hier vorliegenden vorläufigen Daten) die Einkommen im Jahr 2022 im Jahresmittel gesunken.
Die Betrachtung von mittleren Einkommenswerten sagt allerdings noch nichts darüber aus, wie gleich oder ungleich die Einkommen in der Bevölkerung verteilt sind. Allgemeine Indikatoren zur Beschreibung der Einkommensungleichheit sind die Anteile am Gesamteinkommen nach Einkommensschichten und deren Verhältnisse, die Verhältnisse von Einkommensschwellen sowie zusammenfassende Ungleichheitsmaße wie der Gini-Koeffizient (siehe Kapitel Interner Link: Kapitel 5.2, Info 5). Hier zeigt sich, dass die ärmsten 20 % der Bevölkerung (das unterste Quintil) bis zum Jahr 2000 über knapp 10 % des monatlichen Gesamteinkommens verfügten. Nach dem Jahr 2000 ging der Einkommensanteil des ärmsten Quintils bis 2021 und 2022 auf 8,5 % stetig zurück. Die reichsten 20 % (das oberste Quintil) hatten demgegenüber bis 2000 etwa 35 % des monatlichen Gesamteinkommens zur Verfügung. Ab Beginn der 2000er-Jahre bis zu den Jahren 2005 bis 2009 stieg der Anteil allmählich auf fast 37 % an. Für das Jahr 2022 lag der Wert weiterhin knapp unter 37 %. Der Abstand zwischen Arm und Reich vergrößerte sich damit im langjährigen Verlauf und stagnierte seit 2010.
Eine ähnliche Entwicklung geht auch aus dem Gini-Koeffizienten, einem zusammenfassenden Ungleichheitsmaß, hervor: Dieser stieg bezogen auf die monatlich verfügbaren Einkommen von einem mittleren Wert von 0,24 in den Jahren 1995 bis 1999 zunächst auf 0,27 in den Jahren 2005 bis 2009 und erreichte mit 0,28 und mehr im Jahr 2021 einen neuen Hochpunkt. Die vorjahresbezogenen Einkommen der privaten Haushalte sind im Allgemeinen etwas ungleicher verteilt als die enger gefassten monatlichen, da sie auch unregelmäßige Einkünfte oder unterjährige Sonderzahlungen wie Boni beinhalten. Die Ungleichheit der verfügbaren Vorjahreseinkommen stieg von einem mittleren Wert von 0,25 in den Jahren 1995 bis 1999 auf 0,28 in den Jahren 2005 bis 2009 und erreichte 2021 mit 0,30 ebenfalls einen neuen Höchstwert. Übereinstimmend zeigen alle Ungleichheitsindizes einen Anstieg gegenüber den zurückliegenden Dekaden bis zu den Jahren 2005 bis 2009, der sich bis zu den Jahren 2015 bis 2019 verhalten fortsetzt. Seit 2020 haben sich die Ungleichheitsziffern leicht erhöht.
Anhand des jahresbezogenen Einkommenskonzepts lassen sich zudem Ungleichheitsziffern für die zugrunde liegenden Markteinkommen (Haushaltsbruttoeinkommen) berechnen. Diese werden in den privaten Haushalten vor Eingriff des Staates erzielt, also ohne Berücksichtigung von direkten Steuern und Sozialtransfers. Hieran wird deutlich, dass die Ungleichheit der in den privaten Haushalten jeweils erwirtschafteten Markteinkommen (mit und ohne gesetzliche Alters-, Hinterbliebenen- und Unfallrenten) noch erheblich stärker gestiegen ist als bei den daraus hervorgehenden Haushaltsnettoeinkommen: Der Gini-Koeffizient der in den privaten Haushalten erzielten Markteinkommen hat sich seit der deutschen Vereinigung bis 2006 stetig erhöht und verharrt seitdem auf hohem Niveau. Diese erhebliche Zunahme an Ungleichheit der überwiegend aus Erwerbstätigkeit erzielten Markteinkommen trug bis 2006 maßgeblich zu einer zunehmend größeren Ungleichheit der daraus abgeleiteten Nettoeinkommen der privaten Haushalte bei.
Die Ungleichheit der haushaltsbezogenen Markt- und Nettoeinkommen wird von den Entwicklungen am Arbeitsmarkt, von soziodemografischen Veränderungen sowie von Maßnahmen im Bereich der sozialstaatlichen Sicherung bestimmt. Die relative Differenz der beiden Ungleichheitskoeffizienten (Ungleichheit des Haushaltsbrutto- und Haushaltsnettoeinkommens) illustriert, inwieweit sozialstaatliche Eingriffe in Form von direkten Steuern und Transfers die Ungleichheit reduzieren. Im Zuge der deutschen Vereinigung stieg der Einfluss der sozialstaatlichen Umverteilung in den 1990er-Jahren stark an. Die durch staatliche Maßnahmen erfolgte Reduzierung an Ungleichheit verringerte sich seit 2006 wieder und ist insbesondere seit 2019 weiter gesunken. Sie lag auch nach Einschluss der Rentenleistungen zuletzt unter dem Niveau der mittleren 1990er-Jahre.