Messung der materiellen und sozialen Entbehrung
Während für die Definition der Armutsgefährdungsquote allein die monetären Ressourcen bei der Beschreibung der Lebenslage ausschlaggebend sind, geht es bei der Messung der materiellen und sozialen Entbehrung um eine Bewertung (Selbsteinschätzung) der eigenen Situation in den verschiedenen Lebensbereichen. Die Messung der materiellen und sozialen Entbehrung erfolgt auf der Grundlage von 13 sogenannten Deprivationskriterien.
Info 7Materielle und soziale Entbehrung
Materielle und soziale Entbehrung liegt nach der EU-Definition für EU-SILC dann vor, wenn aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts mindestens fünf der folgenden 13 Kriterien erfüllt sind. Wenn sieben der folgenden 13 Kriterien erfüllt sind, dann liegt erhebliche materielle und soziale Entbehrung vor:
Der Haushalt kann sich finanziell nicht leisten:
Hypotheken, Miete, Rechnungen von Versorgungsbetrieben oder Konsum-/Verbraucherkredite rechtzeitig zu bezahlen,
die Unterkunft angemessen warm zu halten,
jedes Jahr einen einwöchigen Urlaub an einem anderen Ort zu verbringen,
jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder gleichwertiger Proteinzufuhr zu essen,
unerwartet anfallende Ausgaben aus eigenen Mitteln zu bestreiten,
ein Auto zu besitzen (kein Firmen-/Dienstwagen),
abgewohnte Möbel zu ersetzen.
Das Individuum kann sich finanziell nicht leisten:
abgetragene Kleidungsstücke durch neue (nicht Second-Hand-Kleidung) zu ersetzen,
mindestens zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand zu besitzen,
wöchentlich einen geringen Geldbetrag für sich selbst aufzuwenden,
regelmäßige Freizeitaktivitäten (auch wenn diese Geld kosten),
mindestens einmal im Monat mit Freunden/Familie für ein Getränk / eine Mahlzeit zusammenzukommen,
eine Internetverbindung zu haben.
Die sechs Merkmale, die sich auf Personen beziehen (zum Beispiel Ersetzen abgetragener Kleidung), werden nur bei Personen im Alter ab 16 Jahren erfragt. Für Kinder unter 16 Jahren wird die Angabe aus den Informationen der Haushaltsmitglieder ab 16 Jahren abgeleitet. Dabei wird folgende Regel angewendet: Wenn mindestens die Hälfte der Personen über 16 Jahre im Haushalt angaben, sich etwas finanziell nicht leisten zu können (zum Beispiel Ersetzen abgetragener Kleidung), dann wird das auch für die Kinder unter 16 Jahren des Haushalts angenommen. Außerdem wird bei Kindern unter 16 Jahren berücksichtigt, ob diese Kinder in benachteiligten Haushalten leben, das heißt in Haushalten, bei denen mindestens drei der sieben Merkmale zutreffen, die sich auf den Haushalt beziehen (zum Beispiel Unterkunft angemessen warm halten).
Ähnlich wie bei der Messung der monetären Armutsgefährdung wird das ermittelte Ergebnis allen Haushaltsmitgliedern in einem Haushalt zugeordnet und bei der Ergebnisdarstellung als Ergebnis für die Gesamtbevölkerung ausgewiesen.
Materielle und soziale Entbehrung nach ausgewählten Einzelkriterien
Im Jahr 2023 gaben 35,0 % der Bevölkerung an, unerwartet anfallende Ausgaben in Höhe von 1.250 Euro nicht aus eigenen Finanzmitteln bestreiten zu können. Ein Anteil von 22,8 % besaß nicht die finanziellen Mittel, jährlich eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen. Das Ersetzen abgewohnter Möbel konnten sich 16,7 % nicht leisten. Für 13,3 % der Bevölkerung war es aus finanziellen Gründen nicht möglich, jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder gleichwertiger Proteinzufuhr zu essen. Zahlungsrückstände bei Miete, Hypotheken, Konsumentenkrediten oder Rechnungen von Versorgungsbetrieben (zum Beispiel Stromrechnung, Gasrechnung) in den letzten zwölf Monaten gaben 8,4 % der Bevölkerung an. 8,2 % der Bevölkerung gaben an, ihre Wohnung aus finanziellen Gründen nicht angemessen heizen zu können. 14,1 % der Bevölkerung waren finanziell nicht in der Lage, sich eine regelmäßige Freizeitbeschäftigung zu leisten, und 11,5 % hatten keinen geringen Geldbetrag übrig, um ihn wöchentlich für sich selbst auszugeben. Einmal im Monat mit Freunden oder der Familie essen oder trinken zu gehen, konnten sich 9,8 % nicht leisten.