Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend große Herausforderung für Eltern. Denn in der heutigen Zeit möchte die weit überwiegende Mehrheit der jungen Erwachsenen sowohl Kinder haben als auch erwerbstätig sein. Dabei wird im Unterschied zu Zeiten der heutigen Großelterngeneration das Modell "Alleinverdiener und Hausfrau", bei dem die Frau nicht oder nur als Zuverdienerin erwerbstätig ist, bei der jungen Elterngeneration nur selten favorisiert. Die meisten Frauen möchten heute auch als Mütter ihrem Beruf nachgehen und finanziell unabhängig sein. Umgekehrt möchten viele in der jüngeren Vätergeneration sich mehr an der Fürsorge für Kinder beteiligen. Allerdings zeigen viele Studien, dass zwischen den egalitäreren Partner- und Elternschaftsvorstellungen und der realen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit eine große Lücke klafft.
Daher ist es hilfreich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht statisch, sondern in ihrer zeitlichen Dynamik über den Lebensverlauf und Familienphasen zu betrachten, da die Herausforderungen und Chancen sich hier jeweils sehr unterschiedlich darstellen. Es gibt Phasen im Leben, in denen Beruf- und Familienarbeit sehr geballt vorkommen und viele Paare überlastet sind. Diese werden als Rushhour des Lebens bezeichnet. Und es gibt Phasen, in denen mehr Zeit zur Verfügung steht. Neben dieser von Bujard und Panova beschriebenen Definition, die in diesem Kapitel verwendet wird, wird der Begriff "Rushhour des Lebens" unter anderem von Hans Bertram auch für die Phase bei Akademikerinnen und Akademikern genutzt, bei der wichtige Lebensentscheidungen zu Familiengründung und Berufseinstieg in einer kurzen biografischen Phase getroffen werden müssen.
Empirisch lässt sich die Rushhour des Lebens anhand von Zeitverwendungsdaten nachvollziehen, wobei das Alter des jüngsten Kindes sich als entscheidender Faktor gezeigt hat. Wenn Mütter oder Väter mit mindestens einem Kind unter drei Jahren zusammenleben, liegt die durchschnittliche Gesamtarbeitszeit – die Summe aus Erwerbs-, Fürsorge- und Hausarbeit – nach Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) bei 62 bis 65 Stunden pro Woche. Wenn das jüngste Kind vier bis sechs Jahre alt ist, sind es immer noch etwa 60 Stunden. Mit zunehmendem Alter der Kinder nimmt die Gesamtarbeitszeit von Eltern ab und liegt durchschnittlich zwischen 52 und 57 Stunden, wenn das jüngste Kind zwischen 9 und 18 Jahre alt ist. Bemerkenswert ist, dass sich dieses Zeitmuster bei Vätern und Müttern sehr ähnelt: Auch Väter sind zeitweise in der Rushhour des Lebens; allerdings ist bei ihnen der Anteil von Erwerbsarbeit deutlich höher und der von Familienarbeit deutlich niedriger als bei den Müttern.